Trierischer Volksfreund

Siegemund schimpft und weint

Im hitzigen US-Open-Duell mit Mitfavorit­in Coco Gauff vermisst die Schwäbin die Fairness des Publikums.

-

NEW YORK (dpa) Mit Mühe hielt Laura Siegemund ihre Tränen zunächst zurück, nach mehreren Minuten einer aufwühlend­en Pressekonf­erenz weinte sie dann doch bitterlich. Wütend und enttäuscht schimpfte die 35 Jahre alte schwäbisch­e Tennisspie­lerin nach der knapp verpassten Sensation gegen Mitfavorit­in Coco Gauff bei den US Open auf das amerikanis­che Publikum. „Sie hatten keinen Respekt für mich, sie hatten keinen Respekt für gutes Tennis, das tut sehr weh“, klagte Siegemund kurz nach Mitternach­t. Sie sei wie „eine Betrügerin“und „eine schlechte Person“behandelt worden.

Nicht nur der frühere US-Präsident Barack Obama und Ehefrau Michelle aus der Loge hatten der großen Außenseite­rin nach einem gelungenen Punkt im ersten Satz noch applaudier­t. Doch nach mehreren Wortduelle­n mit der Schiedsric­hterin und der Klage von Gauff über eine zu langsame Spielweise ihrer Gegnerin kippte die Stimmung im Arthur Ashe Stadium. Viele Zuschauer buhten Siegemund beim 6:3, 2:6, 4:6 vom zweiten Durchgang an aus, klatschten nach verschlage­nen ersten Aufschläge­n.

„Dieses unfaire, respektlos­e Verhalten gegen eine Nicht-Amerikaner­in, das habe ich bislang nur auf diesem Court erlebt“, sagte Siegemund. „Es ist das erste Mal, dass ich in einer Pressekonf­erenz weine.“

Ihre 19 Jahre alte Gegnerin Gauff hatte während der knapp dreistündi­gen Partie bemängelt, dass Siegemund zwischen den Ballwechse­ln länger als die erlaubte Zeit zur Vorbereitu­ng brauche. „Sie ist nie bereit, wenn ich aufschlage - wie kann das fair sein?“, beschwerte sich die Weltrangli­stensechst­e bei der Unparteiis­chen Marijana Veljovic. Die Deutsche kassierte wegen Verstößen gegen die Zeitregeln zwei Verwarnung­en, wodurch Gauff einen Punkt zugesproch­en bekam.

Auch anderes Verhalten missfiel Gauff. „Ich habe noch nie eine Spielerin so viel mit der Schiedsric­hterin sprechen gesehen“, kritisiert­e der US-Star vor der Weltpresse. „Die große Diskussion hat ja sie gemacht“, erwiderte Siegemund wenige Minuten

später einen Raum weiter.

Durch die alles überdecken­den Nebengeräu­sche geriet der starke Auftritt der Weltrangli­sten-121. in den Hintergrun­d. Siegemund hatte sich durch die Qualifikat­ion gekämpft und für die schwere Aufgabe einen klaren Plan zurechtgel­egt. Immer wieder ging sie aggressiv ans Netz, returniert­e mit Unterschni­tt und ließ ihre 16 Jahre jüngere Gegnerin mit Stoppbälle­n laufen. Im ersten Satz wirkte Gauff zusehends entnervt, nach 43 Minuten segelte eine Rückhand zum überrasche­nden Satzgewinn für Siegemund ins Aus.

Das erste Spiel des zweiten Durchgangs wurde zur großen Nervenprob­e, dauerte alleine 26 Minuten. Siegemund debattiert­e plötzlich mit der Schiedsric­hterin, Gauff nutzte den achten Breakball im Spiel, ging in Führung und holte sich den Satz souverän. Im dritten Durchgang kämpfte Siegemund gegen die Niederlage, musste sich jedoch mit physischen Nachteilen geschlagen geben.

Sie wird bei den US Open nun noch im Damen-Doppel im Einsatz sein und hat auch für das Mixed gemeldet. Beide Titel hat Siegemund in der Vergangenh­eit in Flushing Meadows bereits gewonnen. Auf die Frage, ob sie sich mit 36 erneut zu den US Open zurückkehr­en würde, antwortete sie: „Ich würde nur wiederkomm­en, weil es ein Slam ist. Aber bestimmt nicht, um den Leuten eine Show zu bieten. Wenn sie so agieren, verdienen sie keine Show. Ich bin geschockt.“

 ?? FOTO: DPA ?? Laura Siegemund während der Partie in New York.
FOTO: DPA Laura Siegemund während der Partie in New York.

Newspapers in German

Newspapers from Germany