Malen als Ganzkörpereinsatz
Malen live, große Gefühle und aufwühlende Musik erwarten das Publikum bei der Performance von Janus Hochgesand in den Trierer Viehmarktthermen. Als Zusammenspiel von Klang, Erzählung und bildkünstlerischer Aktion fasst der Künstler dort beim Mosel Musikfe
TRIER Eine Metamorphose wie sie schöner nicht sein könnte: Die Entstehung eines zeitgenössischen Gemäldes aus dem Geist der Literatur und der Musik können Besucherinnen und Besucher live erleben, wenn Janus Hochgesand in seiner Performance die alte Geschichte von „Amor und Psyche“malerisch ausdeutet. Dabei ist das Publikum für den Künstler durchaus nicht nur Zaungast. „Von den Zuschauerinnen und Zuschauern geht für mich Energie aus“, sagt der Künstler. „Erst durch ihre Gegenwart entsteht für mich so etwas wie Magie“.
Seit Jahren ist der Hamburger Maler, Bildhauer und Installationskünstler auch als Performer unterwegs. Seine Live-Malerei ist eine Art Mischung aus öffentlichem Action-Painting und lebendiger, spartenübergreifender Installation. „Wenn ich in meinem Bild bin“hat der Amerikaner Jackson Pollock sein Schaffen charakterisiert. Auch Hochgesand ist derart in seinem Bild. Der 41jährige arbeitet mit vollem Körpereinsatz. Wenn er malt,
Produktion dieser Seite: Alexander Schumitz wird der Körper zur ganzheitlichen Geste. Der Bildträger liegt auf dem Boden. Die Füße werden ebenso zu Malinstrumenten wie der Besen, mit dem er die Farbe bearbeitet. „HighIntensity-Painting nennt das der Künstler.
Die Farbe ist es, die Hochgesand immer wieder herausfordert und deren Bedingungen er auslotet.
„Ich will wissen, was man mit Farbe machen kann“, sagt der Maler. „Ich will ihre Möglichkeiten austesten und ihr einen Körper geben“. Eine Idee, die bereits Künstler wie KunstRebell Yves Klein vor Jahrzehnten umtrieb. „Gewiss habe das Konzept kunstgeschichtliche Vorläufer räumt Hochgesand ein. Fest steht für ihn allerdings: „Man muss es weiterdenken. Allein schon deshalb, weil sich seitdem die Pigmente und Farben nicht zuletzt in ihrer chemischen Struktur verändert haben“.
Auch inhaltlich geht es dem Maler um zeitgenössische Überschreibung, wenn er sich – wie in Trier – gemeinsam mit der Geigerin Danae Papamatthäou-Matschke, dem Pianisten Kotaro Fukuma und der Schauspielerin Lisa Wolfert, mit dem bald zweitausend Jahre alten Mythos von „Amor und Psyche“auseinandersetzt. Im zweiten Jahrhundert nach Christus hat der antike Schriftsteller Apuleius in seinen „Metamorphosen“die Geschichte vom unsterblich verliebten Liebesgott und der schönen Königstochter erzählt. Viele Male wurde sie seitdem zum Thema und Motiv von Dichtern, Musikern und Malern.
Auch für Hochgesand bleibt die antike Erzählung aktuell. Im Zusammenspiel und im Wechsel von Musik, Sprache und Malerei tut sich in seiner Performance ein energetisches Kraftfeld auf, in das er – wie er sagt – abtaucht und dessen emotionale und geistige Energien er wie ein Seismograph in Farbe und Geste als abstraktes expressives Gemälde veräußert.
Als Ich-Erzählerin berichtet Lisa Wolfert in einer szenischen Lesung nach einer eigenen Fassung die Liebesgeschichte. Die Sprache ist für den Maler dabei Klang und der Rhythmus, der nicht zuletzt das Malgeschehen bestimmt. Mit César Francks berühmter Sonate für Violine und Klavier in A-Dur op.120 hat das Trio eine Komposition voller Spannung und widerstreitender Gefühle ausgewählt. Der französische Komponist hatte sich seinerzeit übrigens selbst in einem „Poème symphonique“der Erzählung vom Liebesgott gewidmet, der seine schöne Prinzessin nächtens under cover aufsucht.
Apropos Schönheit: Wie Apuleius berichtet, war Psyche so unvorstellbar schön, dass sogar Venus vor Neid erblasste. Was bedeutet Schönheit heute für Hochgesand? „Jeder hat das Bedürfnis nach Schönheit“, sagt der Künstler. „Schönheit kann in allem sein, auch im Unscheinbarsten. Die ganze Welt ist voll Schönheit“.
„Amor und Psyche“, 8. September, 18 Uhr, Viehmarktthermen Trier, www.moselmusikfestival.de