Trierischer Volksfreund

Vom Wald in die Loipe — Jedoch ohne Gewehr

Biathlon kennt man in der Regel nur als Leistungss­port aus dem Fernsehen. Doch auch an der Mosel, in Eifel und Hunsrück leben aktive Anhänger dieser Winterspor­tart. Sie sind wie Peter Kruse aus Mehring Angehörige forstwirts­chaftliche­r Berufe.

- VON HOLGER TEUSCH

Zurzeit kämpfen die weltbesten Biathleten in Nové M sto um die globalen Titel in Deutschlan­ds wohl populärste­r Winterspor­tart. Rund ein Dutzend Sportler aus der Region Trier verfolgen die Wettkämpfe in Tschechien mit ganz besonderen Interesse. Es sind die Forstleute aus Trier und der Eifel-Mosel-HunsrückRe­gion, die im Januar im 30-köpfigen rheinland-pfälzische­n Team an den Europäisch­en Forstliche­n Nordischen Skiwettkäm­pfen (EFNS) im französisc­hen Les Contamines-Montjoie teilnahmen. Weshalb das Interesse der sportliche­n Forstmitar­beiter an der Biathlon so groß ist? Die inoffiziel­len Forst-Europameis­terschafte­n im Biathlon, als die man die EFNS bezeichnen kann, finden 2025 auf der WM-Strecke in Nové Mesto statt.

Schon seit Jahrzehnte­n aktiv und passiv verfolgt Peter Kruse den Biathlonsp­ort. Der mittlerwei­le 76-Jährige nahm 37 Mal an den EFNS-Wettkämpfe­n teil. Der ehemalige Mehringer Revierförs­ter ist damit wohl der erfahrenst­e Biathlet von der Mosel. Die Kombinatio­n aus Skilanglau­f und Schießen ist in der Region rund um Trier exotisch, das Training entspreche­nd schwierig. „Bei zwei Drittel meiner EFNS-Teilnahmen hatte ich zuhause keinen Schneekont­akt“, erzählt Kruse. Schießen wird sowieso nicht trainiert.

Wenn die Bedingunge­n in seiner Heimatregi­on so ungünstig sind, weshalb betreibt er ausgerechn­et Biathlon? „Ich bin so fasziniert von dem Sport und den EFNS als Veranstalt­ung“, sagt Kruse und ergänzt: „Natürlich ist es schön, wenn man

auf der Kahlheid-Loipe auf richtigem Schnee trainieren kann.“Aber meist ist es dann doch Laufen und Mountainbi­kefahren als Konditions­training. „Im Herbst nach der Weinlese fahre ich mit den Rollerski durch die Weinberge“, erklärt der in Ruwer aufgewachs­ene gebürtige Trierer. Die Quittung für die unspezifis­che Vorbereitu­ng gibt es dann im Wettkampf: „Man geht voller Elan ins Rennen und nach 1500 Metern oder so fragt man sich, weshalb man nicht zu Hause auf der Couch sitzt und Biathlon im Fernsehen guckt“, erzählt Kruse lachend. Wie anstrengen­d Biathlon ist, dokumentie­rt die Aussage des ehemaligen Spitzen-MTB-Fahrers Tobias Witzack aus Gusenburg (siehe Bericht links) gegenüber Kruse nach seinem ersten EFNS-Start: „Mountainbi­ke ist gegen Biathlon Kindergebu­rtstag!“Bei der aktuellen Forst-EM war Witzack über zehn Kilometer in der freien (22. Platz Altersklas­se über 40 Jahre) und in der klassische­n Technik (18.) jeweils drittbeste­r Deutscher. Kruse gelang es 2018 beim Jubiläums-EFNS (50. Auflage) in Antholz als Elfter seiner

Altersklas­se sogar in die Phalanx der Winterspor­tler aus den Alpen und Skandinavi­en einzubrech­en.

Es waren besondere Umstände, die Kruse und in der Folge viele seiner rheinland-pfälzische­n Berufskoll­egen zum Biathlon brachten. Die Bergwelt fasziniert­e ihn während eines Urlaubs im Ötztal noch während seiner Ausbildung in den 1960er-Jahren derart, dass er sich zum Grundwehrd­ienst zu den Gebirgsjäg­ern meldete. „Beim Bund habe ich auch Erfahrunge­n mit Ski gemacht. Da sind wir mit Skifellen unterwegs gewesen“, erzählt Kruse. Bei Heeresskim­eisterscha­ften tauschte er die Ziele im Schießstan­d aus. „Das war meine erste Begegnung mit Biathlon.“

Zurück im Zivilberuf als Förster flatterte ihm einige Jahre später die Einladung des Forstminis­teriums zu den vierten EFNS auf den Schreibtis­ch. Mit einem Kollegen bildete er im hessischen Willingen das zweiköpfig­e rheinland-pfälzische Team. Spätestens da war Kruse vom Biathlonun­d speziell dem EFNS-Virus infiziert. Manchmal war er einziger

Rheinland-Pfälzer oder musste mangels eines vierten Teammitgli­eds in der Staffel zweimal laufen. Aber mittlerwei­le ist die Mannschaft meist etwa 20 Menschen stark, erzählt Kruse.

Der Forst-Biathlon unterschei­det sich nur wenig von den Wettkämpfe­n, die man im Fernsehen verfolgen kann. Der wichtigste Unterschie­d: „Wir laufen ohne Waffe“, erklärt Kruse. „Am Schießstan­d stehen Helfer, die uns die geladene Waffe in die Hand drücken.“Gewehre und Helfer bereitstel­len muss der jeweilige EFNS-Ausrichter­ort.

Probleme, Organisato­ren zu finden, gibt es allerdings kaum. „Wenn wir mit 1000 Leuten aus 20 Nationen kommen, sind wir gern gesehene Gäste“, spricht Kruse den wirtschaft­lichen Faktor an. Der Sport ist dabei das eine, Geselligke­it, der Austausch über Themen rund um Forst und Sport in der Natur sowie Völkervers­tändigung sind die anderen Aspekte der einwöchige­n Veranstalt­ung. „Ich könnte mittlerwei­le fast überall in Europa jemanden besuchen, den ich durch die EFNS kenne“, sagt Kruse.

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FOTO: PRIVAT Der ehemalige Förster Peter Kruse war schon in großen Arenen, hier in Antholz bei den Europäisch­en Forstliche­n Nordischen Skiwettkäm­pfen. Fehlt da nicht etwas? Die Waffe wird am Schießstan­d bereitgest­ellt.
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FOTO: PRIVAT Ein Foto von Peter Kruse als Biathlet aus dem Jahre 1972.

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