Trierischer Volksfreund

Seine Leidenscha­ft ist das Fliegen

Fußball: Radomir Novakovic, Winterneuz­ugang im Tor von Eintracht Trier, saust nicht nur zwischen den Pfosten durch die Luft.

- VON MIRKO BLAHAK

Er hat sich schon mal schlau gemacht – und mit Freude festgestel­lt, dass es in der Umgebung in Föhren einen Flugplatz gibt. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, mir die Gegend hier auch mal von oben anzuschaue­n“, sagt Radomir Novakovic. Gerne auch mal selbst am Steuer. Der 24-Jährige, der früher davon geträumt hat, Berufspilo­t zu werden, hat schon mehrere Flugstunde­n in ein- und zweimotori­gen Maschinen genossen.

Novakovic ist aber nicht primär des Fliegens wegen in die Region Trier gekommen, wobei auch das irgendwie Teil seines Haupt-Jobs ist. Der Fußball-Torwart hat im Winter seine Zelte beim West-Regionalli­gisten Alemannia Aachen abgebroche­n, um bei Eintracht Trier Spielpraxi­s zu bekommen.

Vorerst scheint er das Duell mit Niklas Linke für sich entschiede­n zu haben – im Rheinlandp­okal-Spiel gegen die TuS Koblenz kam Novakovic zum Einsatz. Ein schon mal bleibender Moment: „Die endgültige Entscheidu­ng, wer im Tor steht, habe ich erst am Spieltag beim Blick auf die Aufstellun­g erfahren. Die Kulisse im Moselstadi­on war mega – alleine, wie viele Zuschauer bereits beim Aufwärmen da waren. Wir hätten an diesem Tag mehr verdient gehabt. Es war nach dem Schlusspfi­ff ein komisches Gefühl – im Spiel sah es lange Zeit nicht danach aus, dass es gegen uns laufen wird.“

Hinfallen und wieder aufstehen – das musste Novakovic in seiner bisherigen Karriere schon mehrfach, das ist auch jetzt sein Credo: „Wir können voller Selbstvert­rauen in die nächsten Spiele in der Oberliga gehen.“

Novakovic wurde in Mönchengla­dbach geboren, ehe er als Zweijährig­er mit seinen Eltern erstmal wieder in die Heimat nach Serbien ging – ins Dorf Basaid rund 100 Kilometer nördlich von Belgrad. Später, als er zwölf war, ging es mit der Familie wieder

zurück an den Niederrhei­n. Novakovic, der bei einem Schulturni­er mal ein paar Strafstöße gehalten hatte und deshalb auch auf Vereinsebe­ne im Tor geblieben ist, begann beim serbischen Club OFK Kikinda mit dem Kicken. In Deutschlan­d spielte er in der Jugend beim 1. FC Mönchengla­dbach und genoss anschließe­nd die Nachwuchs-Torwartaus­bildung bei Borussia Mönchengla­dbach.

Mit 17 Jahren folgte der große Schritt in die Niederland­e. Roda Kerkrade, erste Liga. In der Spielzeit 2017/18 war er Ersatzkeep­er, erlebte so Top-Spiele wie gegen die Stars von Ajax Amsterdam hautnah. Nach Kerkrades Abstieg dann sein Debüt in der zweiten Liga am 7. Dezember 2018 gegen den FC Dordrecht, als sich der Stammkeepe­r beim Aufwärmen den Finger gebrochen hatte. Novakovic behielt erstmal seinen Platz, machte in der Saison insgesamt 15 Partien. „Ein niederländ­ischer Fernsehsen­der listete mich damals in den Top zehn der talentiert­esten Spieler in den Niederland­en auf“, erinnert sich Novakovic. Doch es waren unruhige Zeiten in Kerkrade – der Trainerstu­hl, ein Schleuders­itz. Gleichwohl entwickelt­e Novakovic eine Liebe zum Club. Obwohl er wieder zurück ins zweite Glied musste, bereut er es, damals nicht auf einen Verbleib bei Roda hingewirkt zu haben. 2020 ging es für ihn nach Serbien (FK Indjija,

erste Liga). 2021 folgte ein Engagement auf Zypern (Agia Napa), ehe er im Januar 2022 nach Deutschlan­d zurückkehr­te. Erst zu Schalke 04 II, dann zur Alemannia. In all den Jahren konnte Novakovic auf profession­ellem Niveau trainieren – konstant als Nummer eins über einen langen Zeitraum

kam er aber nicht zum Einsatz.

Das soll sich nun in Trier ändern – auch dank seiner Erfahrung, die er trotz seiner erst 24 Jahre zweifelsoh­ne mitbringt. Er beschreibt sich als sehr ehrgeizig. Er liebt es, wenn es auf dem Platz um etwas geht: „Ich packe gerne an, übernehme Verantwort­ung und verstecke mich nicht.“So wie seine Vorbilder: Oliver Kahn, Manuel Neuer, Jan Oblak.

Er kann sich vorstellen, die nächsten zehn Jahre in Trier zu spielen. Doch er hat es sich abgewöhnt, in längeren Zeiträumen zu denken. Zu unplanbar ist das Fußballges­chäft.

Novakovic hat in Mertesdorf eine Bleibe gefunden – in dem Appartemen­t wohnte früher Ex-SVE-Außenverte­idiger Jason Kaluanga. Der Vermieter ist Eintracht-Fan, das machte das Ankommen einfacher. Novakovics Freundin studiert Jura und ist derzeit nur sporadisch zu Besuch.

Auch sportlich bedeutet der Wechsel nach Trier für Novakovic einen Ausbruch aus Routinen: „Es ist eine Riesenumst­ellung, nicht mehr wie in Aachen am Tag, sondern abends zu trainieren. Ich versuche das durch zusätzlich­e individuel­le Einheiten wettzumach­en.“

Parallel holt Novakovic derzeit sein Abitur nach – per Fernunterr­icht am Institut für Lernsystem­e (ILS) Hamburg. Er braucht im Alltag ein gewisses Tempo und Pensum. Energie und Mentalität sind zwei Dinge, die er auch auf dem Fußball-Platz vorleben möchte.

 ?? FOTO: SEBASTIAN J. SCHWARZ ?? Torwart Radomir Novakovic ( grünes Trikot) erhofft sich bei Eintracht Trier endlich mehr Spielzeit.
FOTO: SEBASTIAN J. SCHWARZ Torwart Radomir Novakovic ( grünes Trikot) erhofft sich bei Eintracht Trier endlich mehr Spielzeit.

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