Musikschulen in Not: Konsequenzen für Lehrkräfte und Angebot drohen
Auf die Musikschulen im Land kommen einschneidende Veränderungen zu. Grund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts, wonach viele Arbeitsverträge mit Honorarkräften illegal sind.
Dass freischaffende Lehrkräfte in Deutschland Klavier, Schlagzeug oder Gesang auf Honorarbasis unterrichten, wird es künftig kaum noch geben. Denn nahezu alle diese Musiklehrerinnen und -lehrer sind scheinselbstständig, wie aus einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) hervorgeht, das unter dem Namen „Herrenberg-Urteil“gerade für Aufregung sorgt.
Das noch nicht rechtskräftige Urteil vom Juni 2022 legt Kriterien dar, nach denen Beschäftigte als betrieblich eingebunden und damit abhängig beschäftigt anzusehen sind. Danach haben Honorarkräfte an Musikschulen so wenig eigene Gestaltungsfreiheit, dass sie als unselbstständige Beschäftigte gelten. Für sie sind Sozialabgaben zu leisten. Der Verband der Musikschulen in Deutschland ( VdM) rät seinen
Mitgliedern deshalb dringend davon ab, überhaupt noch Honorarkräfte zu beschäftigen.
Erste Musikschulen wandeln Honorarverträge in Festanstellungen um — auch im Eifelkreis?
Nun gibt es erste Musikschulen, die Konsequenzen aus dem BSG-Urteil ziehen. In St. Augustin bei Bonn und in Leipzig planen die städtischen Einrichtungen, ihre Honorarkräfte fest anzustellen, auch wenn dies für die Kommune teurer wird. Der Eifelkreis Bitburg-Prüm möchte in Zukunft ebenfalls auf Honorarkräfte verzichten und bringt das Thema an diesem Montag, 4. März, in die öffentliche Kreistagssitzung ein. Im Beschlussvorschlag heißt es, die Anstellung bisheriger Honorarkräfte in den Tarifvertrag TVöD sei erforderlich, „um die Beschäftigungsverhältnisse der Honorarkräfte in der Musikschule rechtssicher weiterführen zu können“. Der Kreis rechnet mit 80.000 Euro Mehrausgaben für dieses Jahr. Allerdings macht er auch klar, was passieren würde, wenn man auf die Festanstellung verzichtet: „Schließung der Bildungseinrichtung, da eine Beibehaltung der bisherigen Struktur rechtlich nicht zulässig ist bzw. Kündigung sämtlicher Honorarkräfte, was aber ebenfalls den Bestand der Einrichtung gefährdet.“
In Trier erhalten alle Lehrkräfte mit Honorarvertrag die Kündigung
In Trier hingegen stellt man sich aus Kostengründen offenbar auf eine Schrumpfung der städtischen Musikschule ein. Zahlreiche Lehrkräfte berichten dem Volksfreund, dass ihnen bereits vergangene Woche die Beendigung der Zusammenarbeit angekündigt wurde. „Alle Honorarverträge an der Karl-Berg-Musikschule enden mit Ablauf des Schuljahres 2023/24 und dürfen nicht mehr weitergeführt werden“, schreibt Musikschulleiterin Pia Langer an die Betroffenen. „Das wird wesentliche Konsequenzen für den Lehrbetrieb der Musikschule haben.“
Zu den Folgen gehört, dass ein Teil der etwa 1400 Musikschülerinnen und Musikschüler in Trier ab dem Sommer nicht mehr dort unterrichtet werden kann. Denn 35 der 65 Lehrkräfte sind derzeit auf Honorarbasis beschäftigt. Gut möglich, dass vielen Haushalten zum Sommer eine Kündigung des Musikschulvertrags ins Haus flattert. Denn wenn ein großer Teil des Lehrpersonals nicht mehr da ist, wird die Stadt Trier vielen Schülerinnen und Schülern keinen Unterricht mehr bieten können. „Es ist so traurig, was da passiert“, sagt eine Flötenlehrerin. Wenn die Stadt nicht noch eine Lösung anbiete, wollen sie und ihre KollegInnen für ihre Musikschule kämpfen.