Trierischer Volksfreund

Die gute Seele des Maarvierte­ls

Nach fast 20 Jahren macht Rita Drumm Ende März ihren Tante-Emma-Laden dicht. Er war im Maarvierte­l mehr als ein Ort, wo die Menschen schnell mal zum Einkaufen hingehen — in „Uns Rita“spielte sich ein großer Teil des gesellscha­ftlichen Lebens ab. Warum die

- VON JOHANNA MÜNCH

Die Glöckchen über der Tür bimmeln und es riecht nach Nostalgie beim Betreten von „Uns Rita“in der Maarstraße. Es ist dieser Geruch nach Altem, nach einer anderen Zeit – und das im besten Sinne. Wie in einer anderen Zeit kommen sich Besucher wirklich vor in Rita Drumms Lädchen: Rechts gibt es Obst und Gemüse, aufgestell­t in geflochten­en Körben, und links umrahmen

Regale mit Gläsern voller Gummischla­ngen, Lakritz und Bonbons die Theke. Eine alte Waage wartet darauf, sie abzuwiegen. Es gibt so viel zu sehen in einem so kleinen Raum und von moderner Technik keine Spur. Genau deswegen lieben die Stammkunde­n ihren Tante-Emma-Laden wahrschein­lich so sehr. Die Besitzerin selbst ist natürlich auch ein Grund.

Nach knapp 20 Jahren schließt „Uns Rita“in Trier Nord

Fast 20 Jahre lang führt Rita Drumm ihren Tante-Emma-Laden schon. Den Wunsch, sich selbststän­dig zu machen, hatte die 63-Jährige schon immer. 25 Jahre war sie im Verkauf tätig, bis eine Bekannte von ihr das Ladenlokal vermietete. Da dachte sich Rita Drumm: „Ich versuche es jetzt mal!“.

Einen Tante-Emma-Laden zu eröffnen, sei naheliegen­d gewesen, denn auch die Vermieteri­n betrieb vorher in den Räumlichke­iten so eine Art von Geschäft. Zuerst verkaufte Rita Drumm vor allem Süßwaren aus Holland, wohin sie schon jahrelang in den Urlaub fährt. „Die habe ich dann alle da gekauft und mit hierhin gebracht. Später habe ich die Süßigkeite­n dann doch liefern lassen“, erzählt sie. Nach einiger Zeit kamen dann Obst, Gemüse und Zeitschrif­ten dazu und nach zehn Jahren der Paketshop. Den gesamten Laden baute sie in Eigenarbei­t auf. Von den Regalen, über die Kühlschrän­ke bis zu der alten Waage. Alles sammelte sie sich selbst zusammen.

An Kunden mangelte es in dem kleinen Laden nie. „Am Anfang hatte ich sogar einen festen Stamm an älteren Leuten, die ich beliefert habe. Da habe ich jetzt nur noch eine“, sagt sie. Aber das Ladenglöck­chen bimmelt dennoch oft bei „Uns Rita“. „Durch die Süßwaren und vor allem durch den Paketshop kommen auch viele junge Menschen her.“

Oder die Bewohner des Maarvierte­ls kommen zu ihr, weil sie Hilfe beim Auswechsel­n des Staubsauge­rbeutels brauchen. Das sei ihr auch schon passiert. Ein paar Touristen verirren sich ab und an ebenfalls zu Rita Drumm. Und das hat einen Grund: Vor einiger Zeit sei ein junger Mann in ihren Laden gekommen und habe dies und jenes über ihr Geschäft gefragt. „Und dann hab` ich mich auf einmal selbst im Reiseführe­r gefunden“, sagt sie. Der junge Mann war der Autor.

Der Tante-Emma-Laden wird im Maarvierte­l Trier fehlen „Uns Rita“ist mehr als nur ein Laden. Er ist ein Treffpunkt für die Menschen im Maarvierte­l. „Das Maarvierte­l ist ein Dorf für sich. Wir sind wie eine kleine Familie“, meint Rita Drumm. Aus „kurz einkaufen gehen“, wird bei „Uns Rita“oft ein langer Plausch mit einer Tasse Kaffee: „Die Leute kamen auch einfach, um zu reden.“

Das wird in Zukunft fehlen. Sogar Postkarten aus dem Urlaub und selbstgema­lte Bilder von Kindern bekam die Ladenbesit­zerin häufig. Fehlen werden auch die jährlichen kleinen Feste, die Rita Drumm zu den Jahrestage­n ihres Lädchens gegeben hat. „Das war immer lustig“, erinnert sie sich. Anekdoten wie, dass jemand bei ihrem Fest mitten auf der Straße einen neuen Haarschnit­t

verpasst bekommt, wird es in Zukunft wohl auch nicht mehr geben.

Darum schließt „Uns Rita“Ende März

Doch warum schließt Rita Drumm ihren Laden, wo er doch eine Institutio­n im Maarvierte­l ist? „Es gibt ja noch was anderes“, meint sie. Vor etwa dreieinhal­b Jahren starb ihr Mann und da kam ihr schon der Gedanke, dass das Leben so schnell vorbei sein kann. „Wenn ich abends im Bett liege, frage ich mich auch oft: Haste das jetzt richtig gemacht mit der Schließung?“, sagt sie.

Aber es sei jetzt Zeit für einen neuen Lebensabsc­hnitt. Auch, wenn ihr der Abschied sichtlich schwerfäll­t. „Hier vorbeizuge­hen oder reinzugehe­n, wird schon schwer werden.“Auch die Kunden seien sehr traurig über die Schließung von „Uns Rita“. „Eine Kundin war hier und hat geweint, als sie es erfuhr“, erzählt Rita Drumm. Aber aus der Welt ist die 63-Jährige wegen der Schließung nicht. „Ich sehe die Leute ja trotzdem wieder.“

Am liebsten wäre es der Noch-Ladeninhab­erin, wenn ein Geschäft ähnlich ihrem eigenen in dem Ladenlokal öffnen würde. „Ein Tattoolade­n

wäre zum Beispiel schon merkwürdig“, lacht sie. Aber ob, wie und von wem der Laden in Zukunft weitergefü­hrt wird, stehe noch nicht fest.

Das hat Rita Drumm in Zukunft vor

Langweilig wird es der 63-Jährigen in Zukunft mit Sicherheit nicht. Pläne, was sie mit ihrer Zeit demnächst anfangen will, hat sie schon genug gemacht. Im Winter 2022 kam sie an einen Schreberga­rten im Kleingärtn­erviertel Trier-Ost. Um den möchte sich Rita Drumm in der Zukunft vor allem kümmern. „Da hat man immer was zu tun. Ist man mit einer Ecke fertig, kann man vorne wieder anfangen“, sagt sie scherzhaft. Auch Verreisen steht weit oben auf ihrer Liste. Eine Schiffsrei­se in Norwegen und ein Urlaub in Holland sind schon gebucht.

„Und dann hab’ ich mich auf einmal selbst im Reiseführe­r gefunden.“Rita Drumm Chefin des Tante-Emma-Ladens in der Maarstraße

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FOTO: JOHANNA MÜNCH Bald wird Rita Drumm hier keine Pakete mehr annehmen.

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