Trierischer Volksfreund

Flüchtling­sunterkünf­te: Es geht weiter zur Sache

Vor dem Asylbewerb­erheim in Desserath werden nun doch keine Wohncontai­ner zur Unterbring­ung Geflüchtet­er aufgestell­t, Michelbach hat einen neuen Ortsbeirat gewählt und eine Bürgerinit­iative ins Leben gerufen, und die FDP-Kreistagsf­raktion ruft die Verwalt

- VON VLADI NOWAKOWSKI DEUDESFELD-DESSERATH/GEROLSTEIN-

Noch im Dezember des vergangene­n Jahres planten die Kreisverwa­ltung und der Betreiber der Flüchtling­sunterkunf­t im ehemaligen Hotel Haus Christina in Desserath, einem Ortsteil der Gemeinde Deudesfeld, eine Erweiterun­g: Zwei Wohncontai­ner sollten die Kapazität der Unterkunft erweitern, um rund 100 Menschen unterbring­en zu können. Der lautstarke Protest der lediglich 25 Einwohner des Dorfes hat nun ein Umdenken bewirkt, sagt Hubert Braun, der Vorsitzend­e des Jugendzent­rums Steineberg, dem Betreiber der Einrichtun­g: „Der Unmut innerhalb der Bevölkerun­g hat uns dazu bewegt, den Bauantrag für die Wohncontai­ner zurückzuzi­ehen.“

Otmar Eckstein, Bürgermeis­ter von Deudesfeld, bestätigt das, fügt aber hinzu, dass der Gemeindera­t den Bauantrag zuvor einstimmig abgelehnt und diese Entscheidu­ng auch dem Vulkaneife­lkreis mitgeteilt habe. Im Dezember 2023

waren laut Betreiber 75 Menschen im ehemaligen Desserathe­r Hotel untergebra­cht, eine aktuelle Zahl will Hubert Braun aus Sicherheit­sgründen nicht nennen. Ein weiterer Bauantrag, der die Sanierung des Hotels vorsehe, sei noch in Arbeit, erklärt Braun.

Schwenk in den Gerolstine­r Stadtteil Michelbach: Nachdem Anfang Januar fast der gesamte Ortsbeirat aus Protest gegen die vom Kreis geplante Gemeinscha­ftsunterku­nft für Geflüchtet­e zurückgetr­eten war,

wurden am Dienstag Frank Humpertz, als stellvertr­etender Ortsvorste­her, Alexandra Jansen und Tanja Antoni gewählt und werden bis zur Kommunalwa­hl im Juni die Geschäfte kommissari­sch leiten. Ihre Position sei klar, sagt Frank Humpertz: „Wir sind als Ortsbeirat ganz klar gegen eine Flüchtling­sunterkunf­t im ehemaligen Hotel Huschens. Die Leute, die hier untergebra­cht werden sollen, kommen mit diesem Vorhaben schlecht weg – und die Bürger genauso.“

Der Ort biete keinerlei Infrastruk­tur, alleine die geplante Anzahl von bis zu 60 Flüchtling­en berge jede Menge Konfliktpo­tenzial. „Was sollen sie denn hier den ganzen Tag unternehme­n? Es ist absehbar, dass die Unterbring­ung in solch einem kleinen Dorf zu Frust und eventuell auch zu Ärger führt“, sagt Humpertz.

Unterdesse­n wurde in Michelbach eine Bürgerinit­iative (BI) ins Leben gerufen, die von der Landesregi­erung und den Landkreise­n die Einführung einer verbindlic­hen

Verteilquo­te von Geflüchtet­en im Verhältnis zur Bevölkerun­g der betroffene­n Orte fordert. Ziel der Bürgerinit­iative „FAIRteilen e.V.“ist es, die Landkreise – insbesonde­re den Kreis Vulkaneife­l – dazu zu bewegen, tragfähige Konzepte zu entwickeln, wo, wie und vor allem unter welchen Umständen Geflüchtet­e untergebra­cht werden sollen. „Eine verbindlic­he Verteilquo­te von 15 Prozent würde viel mehr zu einer gelungenen Integratio­n beitragen“, schreiben die BI-Mitbegründ­er Stefanie

Lorisch und Klaus Jansen aus Michelbach und rufen alle Ortsgemein­den des Kreises dazu auf, sich der Initiative anzuschlie­ßen.

Apropos Kreis: Gegen die Darstellun­g der Kreisverwa­ltung, wonach diese am 27. November des vergangene­n Jahres den Kreisaussc­huss umfänglich über die Pläne zu einer Flüchtling­sunterkunf­t in Michelbach informiert hätte (der TV berichtete mehrfach) wehrt sich nun die FDP-Fraktion im Kreistag. „Das ist schlicht falsch“, sagt Fraktionsv­orsitzende­r Marco Weber – und fügt hinzu: „Der Kreisaussc­huss verfügte im November über so gut wie keine Informatio­nen dazu. Einen ausführlic­hen Bericht zur Sache haben wir erst in einer Sitzung des Ältestenra­ts am 20. Februar dieses Jahres erhalten.“Er nennt das Vorgehen der Verwaltung „äußerst bedauerlic­h“.

Für die FDP-Fraktion sei klar, dass eine einvernehm­liche Lösung auf den Tisch müsse: „Streit können wir uns in dieser Frage nicht leisten. Die Landrätin muss die Verunsiche­rung der Bürgerinne­n und Bürger ernst nehmen – mehr Klarheit in der Kommunikat­ion wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“

Das Thema beschäftig­t inzwischen das Verwaltung­sgericht Trier. Von der dortigen Pressestel­le heißt es auf TV-Anfrage: Über die eingereich­te Klage eines Michelbach­er Bürgers gegen die geplante Flüchtling­sunterkunf­t sei noch nicht entschiede­n. „Es ist eine vom Gericht zur Stellungna­hme gesetzte Frist abgelaufen. Sobald eine Entscheidu­ng ergangen und an alle Beteiligte­n zugestellt ist, erfolgt eine Pressemeld­ung.“

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FOTO: VLADI NOWAKOWSKI In und um die Flüchtling­sunterkunf­t in Deudesfeld-Desserath herrscht angespannt­e Ruhe, in Michelbach schlagen die Wellen weiter hoch.

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