Seid selbstbewusst, Frauen, ihr könnt alles!
Zum Frauentag am 8. März: Zwei Trierer Chefinnen sprechen über Chancengleichheit, Karrieren und besondere Talente.
Sie arbeiten täglich mit vielen Frauen zusammen: Für Cornelia Lamberty, Inhaberin der Trierer Agentur Moccamedia, und Lisa Brommenschenkel, Mit-Geschäftsführerin der Trierer Brommenschenkel GmbH, ist schon viel erreicht. Aber beide Unternehmerinnen denken weiter - die eine äußert einen Appell und die andere einen Wunsch für die Zukunft.
Der Internationale Frauentag ist in zwei Bundesländern ein Feiertag. Welche Bedeutung hat er im Land? Erreicht er die Menschen?
Cornelia Lamberty Ehrlich gesagt, wusste ich nicht, dass es einen solchen Feiertag gibt. Ich glaube, dass die wenigsten das wissen oder den Internationalen Frauentag kennen. Er ist nicht stark im Bewusstsein der Menschen, und ich glaube nicht, dass es etwas ändern oder bewirken würde. Aber es ist natürlich ein Symbol und es ist gut, dass es ihn gibt. Lisa Brommenschenkel Das hängt vom jeweiligen Umfeld ab und es gibt sicher gesellschaftliche Bereiche, in denen er keine Bedeutung hat. Ich denke es ist grundsätzlich gut, dass es einen solchen Tag gibt. Menschen, die sich der Verhältnisse nicht bewusst sind, werden vielleicht dadurch sensibilisiert.
Wo hat sich in der Förderung von Mädchen und Frauen in den letzten Jahren am meisten getan?
Lamberty Es ist ein Riesenfortschritt, dass Frauen und Mädchen selbstverständlich die beste Ausbildung genießen, dass sie studieren und hoch qualifizierte Berufe ergreifen, dass sie manchmal talentierter sind als Männer und deswegen noch selbstbewusster sein könnten, als sie es oft sind. Damit meine ich die sogenannten Soft Skills. Sie sind kommunikativer, verbindend und bessere Teamplayer. Das gilt es natürlich, weiter zu fördern. Brommenschenkel Das ist für mich eindeutig bei der Bildung. Mädchen machen Abitur, junge Frauen studieren, ihr Anteil in den verschiedenen Studiengängen oder auch akademischen Berufen ist sehr hoch. Ich gehöre einer Generation an, in der das vollkommen selbstverständlich geworden ist.
Nicht jede Frau muss Chefin werden, aber in vielen Gremien sind Frauen unterrepräsentiert. Chefs dominieren große Modehäuser und Sterneküchen. Wo sehen Sie Nachholbedarf?
Lamberty Den sehe ich bei den Frauen selbst. Wer sich selbst nicht traut, kann nicht die Politik oder die Gesellschaft dafür verantwortlich machen. Natürlich muss nicht jede
Frau Chefin werden. Aber die Gründerin eines großen Modehauses hat sich getraut, etwas zu machen, was andere noch nicht gemacht haben. Das fehlt Frauen manchmal und deswegen kommen sie auch oft nicht in diese Rollen. Das ist sehr schade. Anders verhält es sich natürlich in Gremien oder in großen Dax-Konzernen. Dort herrschen vielleicht noch eher männer-dominierte Strukturen und es ist schwieriger, sich durchzusetzen. Aber ich bin keine Freundin einer Quote. Ich bin sicher, dass eine Frau, die ihre Stärken kennt und mutig ist, es immer schaffen kann. Brommenschenkel Das Geschlecht sollte für die Besetzung einer Position überhaupt keine Rolle spielen. Es soll sich die Person durchsetzen, die besonders gut geeignet ist und Freude daran hat. Von diesem Idealzustand sind die einzelnen Branchen sicher noch unterschiedlich weit entfernt. Das Fairste wäre, wenn körperliche Merkmale soweit möglich
vollkommen unwichtig wären. Der Anspruch sollte sein, dass alle gleichberechtigt sind – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder auch Sexualität.
Frauen stecken oft wegen der Kindererziehung und der Pflege Angehöriger zurück, sind von Altersarmut bedroht. Wie wichtig ist finanzielle Eigenständigkeit? Lamberty Die ist natürlich sehr wichtig und hier sind die Unternehmen in der Bringschuld. Es ist wichtig, dass Frauen die Möglichkeit bekommen, allem gerecht werden zu können und diese Arbeit
nicht nur auf sie projiziert wird. Wir brauchen Kita-Plätze, damit sie ihren Job machen können und nicht pausieren und den Anschluss verpassen – das geht ganz schnell. Jede Frau muss natürlich selbst entscheiden, was sie möchte, aber es ist wichtig, dass sie unterstützt werden und auch Männer, eine Familienzeit nehmen können. Brommenschenkel Ich möchte lieber von Unabhängigkeit sprechen. Sie ist für jeden wichtig. Ich beobachte aus meiner Bubble heraus wieder einen Generationen-Effekt. Ich gehe davon aus, dass es in Zukunft automatisch eine größere
Gleichberechtigung geben wird, weil sich Elternpaare diese Aufgaben zunehmend untereinander aufteilen. Das bedeutet, mehr Zeit für den Job und mehr finanzielle Unabhängigkeit. Die allermeisten Führungspositionen in unserem Unternehmen sind mit Frauen besetzt. Jeden Tag erlebe ich selbstbestimmte und starke Frauen und sehe eine sehr große Veränderung.
Ich habe gelesen, junge Frauen neigten dazu, sich selbst zu vergessen und arbeiteten wegen der Kinder Teilzeit. Beobachten Sie Unterschiede unter den Generationen?
Lamberty Das lässt sich nicht generell sagen, aber es gibt natürlich diesen Typus auch unter jungen Frauen. Das gilt es natürlich zu respektieren. Aber wenn sie es anders möchten, sollten wir ihnen immer diese Chance bieten. Alles andere, wäre auch aus wirtschaftlicher Sicht zu schade. Wir brauchen die Frauen, sie sind hervorragend qualifizierte Fachkräfte. Sie können viel dazu beitragen, dass Deutschland wieder ein richtig guter Standort wird. Es ist mein Appell, dass Frauen mit Selbstbewusstsein an ihrer Karriere arbeiten und ihre Fähigkeiten einsetzen. Sie sollten sich auf keinen Fall selbst vergessen. Brommenschenkel Familie und Beruf in Einklang zu bringen, beschäftigt uns jeden Tag und die Unternehmen sind aufgefordert, dafür gute Lösungen zu finden. Die Selbstverständlichkeit, dass die Frau die Kindererziehung übernimmt, war aus meiner Sicht eher früher vorherrschend. Ich beobachte, dass es heute zunehmend egal ist, wer Zuhause bleibt und die Erziehung übernimmt. Das ist eine ganz persönliche und individuelle Entscheidung. Jeder Mensch soll seinen eigenen Weg wählen können.
Denken wir an die Situation von Frauen und zum Beispiel von Homosexuellen in anderen Ländern, in Afghanistan oder dem Iran … Halten wir die Freiheit des Einzelnen und speziell der Frauen in einer Demokratie für zu selbstverständlich?
Lamberty Wir fühlen uns in unserer heilen Welt sicher und sind nicht gewohnt, irgendetwas zu erkämpfen oder unsere Meinung sichtbar zu machen. Aber es ist notwendig und sinnvoll, es zu tun, weil es nicht selbstverständlich ist. Viele Frauen in Afghanistan oder dem Iran würden etwas dafür geben, wenn sie nur im Ansatz unsere Möglichkeiten hätten.
Brommenschenkel Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir Meinungsfreiheit haben und grundsätzlich, von Einzelfällen abgesehen, ein sehr hohes Maß an Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit leben können. Im Ländervergleich ist das ein großes Privileg. Aber ich tue mich schwer damit, Kulturen zu vergleichen, weil wir alles aus unserer Sozialisation heraus betrachten und meinen, dass unsere Ansichten immer die richtigen sind. Kulturen können von externen Impulsen profitieren, sollten aber die Chance haben, sich authentisch in die Richtung zu entwickeln, die für sie passt. Es kommt immer auf den Kontext an. Jeder soll lieben, wen er möchte und das Geschlecht annehmen, das er möchte. Ich wünsche mir, eine Gesellschaft, in der das keine Rolle spielt, und die durch Respekt und Toleranz und nicht Extreme geprägt ist.