Trierischer Volksfreund

Psychische Probleme: Das können Sie tun

Nachgefrag­t: Fachleute beantworte­ten Fragen von Betroffene­n und Angehörige­n zum Thema Depression am Volksfreun­d-Telefon.

- VON KATJA BERNARDY

Hier eine Auswahl an Fragen und Antworten:

Wie kann ich einem Freund, der psychische Probleme hat, helfen?

MARTINA FISCHER, Psychologi­sche Psychother­apeutin, Vorstandsv­orsitzende des Eifeler Verhaltens­therapie - Institut e.V. und Leitende Psychologi­n des MEDIAN Rehazentru­ms Daun: Indem Sie für ihn da sind. Versuchen Sie nicht, Therapeut zu sein. Freund zu sein, heißt, den Betroffene­n zu ermutigen, profession­elle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und überforder­n Sie sich selbst nicht. Sprechen Sie offen an, was Sie als Freund in dieser schweren Lebenssitu­ation leisten können und was auch nicht. Binden Sie den Betroffene­n in soziale Aktivitäte­n ein. Vielleicht können Sie sich gemeinsam bewegen, wandern, joggen, Tennis spielen oder gemeinsam etwas unternehme­n. Soziale Einbindung und Bewegung sind wichtige Faktoren, um Depression­en zu bewältigen. Auf der Internetse­ite der Deutschen Depression­shilfe finden Sie auch Tipps für Angehörige: www. deutsche-depression­shilfe.de

Was kann ich tun, wenn ich nicht in der Lage bin, meinen Blutdruck zu messen, ohne dass dieser unter meiner Erwartungs­angst permanent auf einen sehr hohen

Wert ansteigt. Darüber hinaus bin ich ständig sehr angespannt und besorgt, dass meinen Familienmi­tgliedern etwas Schlimmes zustoßen könnte?

DR. OLIVER HAMM, Chefarzt der Abteilung für Psychiatri­e, Psychother­apie und Psychosoma­tik am Klinikum Mutterhaus in Trier, Facharzt für Neurologie sowie für Psychiatri­e und Psychother­apie: Unter dem Vorbehalt einer gründliche­n psychiatri­schen Diagnostik liegt hier möglicherw­eise eine generalisi­erte Angststöru­ng vor. Kognitive Verzerrung­en, ein hohes Sicherheit­sbedürfnis und Gefühle von Hilflosigk­eit und Kontrollve­rlust, einhergehe­nd mit vegetative­n Symptomen prägen dieses Krankheits­bild. Eine generalisi­erte Angststöru­ng kann mit einer störungsor­ientierten kognitiven Verhaltens­therapie und auch psychophar­makologisc­hen Optionen nachhaltig behandelt werden.

Ein Angehörige­r ist episodenha­ft sehr resigniert und zieht sich dann sozial zurück. Auch kommunizie­rt er in diesen Phasen nur spärlich und liegt bis in den Nachmittag hinein im Bett. Er möchte sich nicht untersuche­n lassen. Wie kann ich damit umgehen?

HAMM Ohne Zweifel bedarf es in diesem Fall einer differenzi­erten, sowohl allgemeinm­edizinisch­en als auch psychiatri­schen Diagnostik. Vor dem Hintergrun­d entspreche­nder Erkrankung­en in der Familienge­schichte ist vor allem an eine schwere depressive Episode mit typischem morgendlic­hen Schwerpunk­t einer Antriebsst­örung zu denken. Nicht selten verhindern Schamgefüh­le, die Angst vor Stigmatisi­erung oder fehlendes Krankheits­verständni­s die Vorstellun­g bei einem Arzt. Trotz berechtigt­er Sorge der Angehörige­n ist eine Untersuchu­ng gegen den Willen des Patienten nur unter bestimmten

Gefährdung­saspekten möglich. Der betreuende Hausarzt oder der sozialpsyc­hiatrische Dienst des Gesundheit­samtes könnten durch einen Besuch vor Ort eine erste Einschätzu­ng vornehmen und entspreche­nd beraten.

Ich bin depressiv verstimmt, habe an nichts Freude und zu nichts Lust. Ich habe Schlafstör­ungen und grübele dann viel. Der Hausarzt hat mir ein schlafanst­oßendes Antidepres­sivum verschrieb­en. Ich bin unsicher, ob ich es nehmen soll. BEATE SCHOSSAU, Psychologi­sche Psychother­apeutin und Leiterin des

Fachpsycho­logischen Zentrums am Brüderkran­kenhaus in Trier: Ein solches Antidepres­sivum kann hilfreich sein, um den Schlaf zu verbessern und somit die Alltagsbew­ältigung zu erleichter­n. Die Inhalte der Gedanken beim Grübeln lassen sich vermutlich damit nicht beeinfluss­en. Sie können überlegen, welche Form der Unterstütz­ung zur Bewältigun­g der auslösende­n Belastungs­situation erforderli­ch ist. Ansprechpa­rtner zur Einschätzu­ng der Depressivi­tät und Klärung, ob eine Psychother­apie hilfreich sein könnte, wäre zunächst der Hausarzt.

Seit mein Mann tot ist, bin ich schon länger sehr antriebslo­s und habe Angst vor neuen Situatione­n. Der Hausarzt hat mir eine ambulante Psychother­apie empfohlen, da er eine Depression annimmt. Ich habe gehört, dass es lange Wartezeite­n gibt. Wie kann ich einen Therapiepl­atz bekommen und was kann ich selbst tun, um die Wartezeit zu überbrücke­n?

SCHOSSAU Tatsächlic­h ist die Nachfrage nach ambulanter Psychother­apie sehr hoch und Wartezeite­n sind oftmals extrem lang. Empfehlens­wert ist ein konsequent­es Nachfragen bei Therapeute­n, auf deren Warteliste man bereits steht. Leider muss man oft bei mehreren Psychother­apeuten anfragen, bis irgendwo ein Platz gefunden werden kann. Zwischenze­itlich könnten Sie versuchen, den Fokus auf kleine alltäglich­e Aktivitäte­n zu legen, die Ihnen guttun. Zum Beispiel: Treffen mit Freunden, sportliche Aktivitäte­n oder kleine Unternehmu­ngen. Sich selbst etwas Gutes tun, kann helfen, Antriebslo­sigkeit leichter zu überwinden.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Wer depressiv ist, sollte ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.

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