Trierischer Volksfreund

Ehepaar aus Wittlich erfolgreic­h auf Spurensuch­e

In der Ostslowake­i besuchte Reinhold Schons, Jahrgang 1948, mit seiner Ehefrau das Grab seines Onkels, der als junger Mann im Zweiten Weltkrieg gefallen ist.

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(red) Reinhold Schons, der seit 1974 in Wittlich-Dorf wohnt und in Zeltingen-Rachtig (Kreis Bernkastel-Wittlich) geboren ist, hat zusammen mit seiner Ehefrau Hildegard das Grab seines 1944 gefallenen Onkels Reinhold Koppelkamm besucht. Es befindet sich auf dem Soldatenfr­iedhof von Hunkovce im Nordosten der Slowakei. Vor 100 Jahren, am 13. August 1924, wurde Koppelkamm in Zeltingen an der Mosel geboren, vor 80 Jahren ist er im Zweiten Weltkrieg gefallen. Er hat in dem Ort an der Mittelmose­l seine Kindheit und Jugend im Familienkr­eis mit Großeltern und Eltern verbracht. Als Soldat starb er am 30. September 1944 durch eine Kriegsverw­undung. Er wurde zunächst auf dem Heldenfrie­dhof in Výrava (Slowakei) beigesetzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor sich allerdings das Wissen über dieses Grab. Bis etwa 1990, als die Slowakei zum Warschauer Pakt gehörte, waren Reisen dorthin kaum möglich. Auch gelangten Informatio­nen nicht in den Westen. Reinhold und Hildegard Schons suchten stets nach Hinweisen zu dem gefallenen Onkel. Aber erst 2023 erfuhren sie, wo dieser beerdigt ist. Ihr 13-jähriger Enkel Oscar Hedgeland fand über den Volksbund Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge heraus, dass Koppelkamm­s sterbliche Überreste nicht mehr in Výrava sind. Oscar hatte für eine Projektwoc­he an einer Schule in Overath (Nordrhein-Westfalen) das Angebot des Volksbunds aus vielen herausgesu­cht – siehe Info.

In dem kleinen slowakisch­en Ort Hunkovce mit 316 Einwohnern wurde der Soldatenfr­iedhof 1994/95 umgestalte­t und erweitert. Seitdem gibt es dort Gräber von fast 3100 Männern aus Deutschlan­d.

Das Ehepaar reiste im Herbst 2023 in die Region Šariš. Hildegard Schons war skeptisch wegen der weiten Fahrt und auch der Nähe zur Ukraine. Doch Reinhold Schons hatte den großen Wunsch. Er wäre notfalls auch allein gefahren, „weil meine Großeltern Albert und Maria Koppelkamm, die Eltern des gefallenen Reinhold Koppelkamm, zu Lebzeiten immer von ihm geredet haben“, berichtet er. Daher habe er auch seinen Vornamen. „Denn ich war der erste Junge in der Familie, der nach dessen Kriegstod geboren wurde. Meine Großeltern haben schwer getrauert. Als ich 1948 auf die Welt kam, waren sie froh, wieder einen Reinhold zu haben.“Sie sowie Mutter und Vater hätten immer wieder von dem Onkel erzählt. „Ich selber habe ihn nicht gekannt.“

Daher wurde die Fahrt, die die Schons' für zwei Tage nach Hunkovce führte, ein besonderes Ereignis. „Wir sind mit dem Auto hingefahre­n. Die Reiseroute haben wir über Österreich gewählt – über Polen wäre auch möglich gewesen“, erzählt Reinhold Schons. Insgesamt seien es in einer Woche 3200 Kilometer gewesen, „praktisch durch die ganze Slowakei“. Die Route habe durch die Karpaten geführt, „die hohe Tatra und wunderschö­ne Landschaft­en, zum Teil mit schneebede­ckten Gipfeln, tiefen Tälern, riesigen Wäldern und malerische­n Dörfern. Teils auf einer gut ausgebaute­n Autobahn, teils auf Landstraße­n bis hin zu unserer letzten Etappe, der Stadt Stropkow.“Etwa 40 Kilometer sei diese vom Friedhof entfernt. Auch Výrava besuchten sie später – etwa gleich weit von der Grenze zur Ukraine

entfernt. Die beiden wollten den Ort sehen, an dem Reinhold Koppelkamm tödlich verletzt wurde.

„Den sehr gepflegten und schön angelegten Friedhof hatten wir sehr schnell gefunden, da er direkt am Ortseingan­g von Hunkovce gelegen ist“, erinnert Schons sich. „Auf den Gräbern stehen Einzelkreu­ze mit den Namen, Daten und Dienstgrad­en von jeweils vier Gefallenen, auf der Rückseite des Kreuzes nochmals vier Namen. Reinhold ist namentlich auf dem Grabstein als ‚Gefreiter Reinhold Koppelkamm` genannt.“

Die Schons' sahen sich auch viele der anderen Grabsteine an. „Das waren alles junge Männer, die in der letzten Jahreshälf­te 1944 und im Januar 1945 gefallen sind. Es stehen allerdings keine Ortsnamen auf den Gräbern, woher sie stammen und wo sie gefallen sind“, berichten sie. Namen anderer Toter aus ihrer Heimatregi­on hätten sie nicht entdeckt. „Doch wenn ein Grab registrier­t ist, kann man über den Volksbund Deutsche Kriegsgräb­erfürsorge rausfinden, wo das Grab eines gefallenen Soldaten ist.“

Reinhold Schons ist froh, die letzte Ruhestätte seines Onkels gefunden zu haben. Niemand sonst aus der Familie ist bis heute dort gewesen. „Ich war den Tränen nahe, wenn ich sehe, dass die ganzen jungen Leute dort in einem sinnlosen Krieg fallen mussten“, sagt Schons. „Die hatten alle keine Chance mehr. Ich musste schwer schlucken, als wir da standen. Und wenn ich bedenke, wie es heute in vielen Regionen der Welt aussieht, denke ich mir, dass manche Menschen aus der Vergangenh­eit nichts gelernt haben.“

Das Paar hatte in den vergangene­n Jahren auch Soldatenfr­iedhöfe in Flandern (Belgien) besucht. Die Daten zu den Männern dort seien damals sehr berührend gewesen. „Aber hier, wo ein Familienmi­tglied seine letzte Ruhe gefunden hat, berührte es uns noch mehr.“

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FOTO: VOLKSBUND DEUTSCHE KRIEGSGRÄB­ERFÜRSORGE Der Soldatenfr­iedhof Hunkovce liegt in der slowakisch­en Region Šariš, nahe an der ukrainisch­en Grenze.

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