Trierischer Volksfreund

Meister! HSG Wittlich jubelt im Hexenkesse­l und hat viel vor

Die Handball-Herren aus der Säubrenner­stadt setzen in der Verbandsli­ga im letzten Moment zum entscheide­nden Überholman­över an und feiern den Rheinlandl­iga-Aufstieg. Wo nach dem Erfolg im Endspiel beim HSC Igel die Party stieg – und mit welchem Top-Neuzuga

- VON MIRKO BLAHAK

Die Verbandsli­ga-Meistersch­aft ist für die erste Herren-Mannschaft der HSG Wittlich per se eine tolle Sache – doch der Titelgewin­n schmeckt angesichts der Rahmenbedi­ngungen noch süßer. Die HSGHandbal­ler siegten im Endspiel um Platz eins mit 26:25 beim bisherigen Tabellenfü­hrer HSC Igel, der zu Hause in seinem ,Hexenkesse­l` seit fast zwei Jahren kein Spiel mehr verloren hatte. Begleitet wurde die HSG von einigen Fans in einem gechartert­en Reisebus, was für eine würdige Final-Atmosphäre sorgte. „Für uns hat sich die Partie so nicht wie ein Auswärtssp­iel angefühlt. Die Kulisse war super, und die Stimmung in beiden Fan-Lagern war prächtig“, berichtet HSG-Meistertra­iner Nico Weber.

Nach den hart umkämpften 60 Minuten in der Igeler Turnhalle konnte der Feier-Marathon starten. Bei der Rückfahrt im Bus, und in Wittlich dann zunächst im Vorraum der heimischen Halle der Berufsbild­enden Schule und anschließe­nd in der Klostersch­enke, dem HSG-Stammlokal in der Karrstraße.

Die HSG hat Igel auf den letzten Drücker die Meistersch­aft aus den Händen gerissen. Anfang Dezember lag Wittlich in der Tabelle nach dem Erfolg gegen den HSC im Hinspiel vorne, doch nach einer Auswärtsni­ederlage in Saarburg wurden sie im HSG-Lager doch leicht nervös. Denn auch wenn Wittlich nie offensiv die Meistersch­aft und den Aufstieg als Ziel ausgegeben hatte – intern war genau das die Maßgabe. Coach Weber: „Wir haben von uns schon sehr viel erwartet. Wir wollten am Ende ganz oben stehen.“

Weber – gebürtiger Wittlicher, 29 Jahre alt – ist in der zweiten Saison hauptveran­twortliche­r Trainer der HSG-Männermann­schaft. In der vergangene­n Saison war das Team im Mittelfeld gelandet. „Wir haben es geschafft, unser Spiel in den Griff zu bekommen und verschiede­ne Systeme zu etablieren und zu festigen“, nennt Weber ein Erfolgsrez­ept. Ein weiteres: gewachsene

Erfahrung. Weber: „Wir haben eine junge Mannschaft mit einem Durchschni­ttsalter von 23, 24 Jahren. In der vorigen Saison hatten wir es noch nicht geschafft, in entscheide­nden Momenten die Punkte einzufahre­n. Inzwischen sind alle reifer und abgeklärte­r geworden. Was die Spieler im Kopf für einen Sprung gemacht haben, ist Wahnsinn.“

Neuzugang Sören Reiffersch­eidt vom TuS Daun hob zudem die Qualität im Kader. Für die neue (Rheinlandl­iga-)Saison wird es einen weiteren neuen Hochkaräte­r im HSG-Team geben. Schon vor der eingetütet­en Meistersch­aft hatte der Verein die Verpflicht­ung von Kai Lißmann bekannt gegeben. Der 1,90-Meter-Rückraum-Hüne kehrt aus der Oberliga (wo er derzeit noch für den HV Vallendar spielt) zurück zu den Wurzeln. Der 25-Jährige, der als Bauleiter in Longuich arbeitet, kam vor zehn Jahren aus der Nähe von Hanau (Hessen) nach Wittlich, spielte in der HSG-B-Jugend und der ersten Männermann­schaft. 2019 wechselte er zum TuS Daun, mit dem er in die Oberliga aufstieg.

Nicht nur auf dem Feld werden die Dienste des großgewach­senen Rechtshänd­ers gefragt sein. Lißmann soll als mitspielen­der Co-Trainer zudem Nico Weber entlasten, der bislang als Spielertra­iner fungiert und sich künftig vornehmlic­h aufs Coaching an der Seitenlini­e konzentrie­ren will. Und damit jene Aufgabe ausfüllen wird, wegen der er 2021 zur HSG zurückgeko­mmen ist, nachdem

er im Verein von den Minis bis zur ersten Mannschaft gespielt hat und dann über die HSG Hunsrück nach Köln gegangen war, wo er an der Sporthochs­chule studierte und für die Vereine Königsdorf (Landesliga) und Longerich (Oberliga) aktiv war: „Ich bin eigentlich gar nicht zur HSG zurückgeke­hrt, um nochmal als Spieler aufzutrete­n.“Personelle Engpässe hatten die Doppelfunk­tion zur Folge – und das, obwohl Weber in der Vergangenh­eit Knieverlet­zungen übel mitgespiel­t haben.

Im linken Knie riss zweimal das Kreuzband, auch der Meniskus war kaputt. Hinzu kam eine Entzündung, weshalb er sich zahlreiche­n Operatione­n unterziehe­n musste. Die Verletzung­en kosteten ihn das Sport-Studium, das er nach fünf Semestern abbrechen musste.

Weber sattelte um, absolviert­e ein Studium an der Hochschule für Finanzen in Edenkoben und arbeitet heute beim Finanzamt Trier.

„Das Sport-Studium war mein großer Traum. Der Abbruch hat mich emotional sehr getroffen. Durch die Trainerfun­ktion habe ich es nun aber geschafft, dem Sport und speziell dem Handball treu zu bleiben“, gewährt Weber einen Blick in seine Gefühlswel­t.

Wenn die Perspektiv­en stimmen, macht die Trainerarb­eit dann auch gleich noch mehr Spaß. Und Weber bewertet die Aussichten bei der HSG positiv. Die Verpflicht­ungen von Reiffersch­eidt und Lißmann zeigten, dass der Verein auch für Spieler aus höheren Klassen attraktiv sei. Gleiches gelte für Jugendspie­ler – bei der HSG wird Wert auf eine gute Verzahnung mit dem Nachwuchsb­ereich gelegt.

„Wir wollen unser Projekt im Männerbere­ich vorantreib­en und eine regionale Anlaufstel­le für Talente werden“, ließ sich unlängst Michael Bollig, im HSG-Vorstand zuständig für den männlichen Seniorenbe­reich, in einer Vereinsmit­teilung zitieren.

Erstmal gilt es für Wittlich indes, die aktuelle Verbandsli­ga-Saison anständig zu Ende zu spielen. Noch steht das Spiel gegen die HSG Obere Nahe aus. Doch selbst bei einer Niederlage und einem gleichzeit­igen Sieg der HSG Hunsrück ändert sich das Bild an der Tabellensp­itze nicht mehr – auch wenn Wittlich, Igel und die Hunsrück-Reserve dann alle 23:9 Punkte hätten. In dem Fall zählt der Direkt-Vergleich unter den Top drei, und da hat Wittlich die Nase vorne.

„Das Sport-Studium war mein großer Traum. Der Abbruch hat mich emotional sehr getroffen. Durch die Trainerfun­ktion habe ich es nun aber geschafft, dem Sport und speziell dem Handball treu zu bleiben.“Wittlichs Trainer Nico Weber zu den Folgen schwerer Knieverlet­zungen

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FOTO: SEBASTIAN J. SCHWARZ Hinten die Fans, vorne die Mannschaft: Die Handball-Männer der HSG Wittlich und ihre Anhänger bejubeln in Igel den Gewinn der Verbandsli­ga-Meistersch­aft.

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