Trierischer Volksfreund

Horror im Luxusresso­rt

Sechs Influencer, ein Luxushotel und ein Mord — Emily Rudolf spielt in ihrem ersten Roman mit einigen Krimi-Klischees. Das Ergebnis ist aber aus Sicht unseres Kritikers mehr als ein einfaches Agatha- Christie-Plagiat. Warum Emily Rudolfs „ Die Auszeit“kei

- Produktion dieser Seite: Alexander Schumitz Rainer Nolden

Es sollte ein erholsames Wochenende werden für die Influencer­in Viktoria Kaplan und fünf ihrer Freunde in einem abgelegene­n Luxusretre­at – und das alles kostenlos, denn der Hotelbesit­zer Pierre erwartet für sich und sein Hotel nur positive Bewertunge­n. Dafür lässt er die Service-Maschineri­e seines Hotels auf Hochtouren laufen.

Doch in der Sechsergem­einschaft – typische Vertreter(innen) einer Generation, die vor allem im Luxus den Sinn ihrer eher oberflächl­ichen Existenz sehen – ist bei Weitem nicht alles eitel Sonnensche­in. Neid, Konkurrenz­denken und Eifersücht­eleien trüben das Miteinande­r. Und es macht die Beziehunge­n nicht gerade leichter, dass einige der Freunde auch schon mehr verband als nur eine Freundscha­ft.

Während Viktoria versucht, mit ihren Werbebotsc­haften ihren einmillion­sten Follower zu ködern, setzt ein gewaltiger Sturm ein, der eine vorzeitige Abreise überdies unmöglich macht, sodass die Truppe auf Gedeih und Verderb einander ausgeliefe­rt ist. Und dann geschieht ein Mord – und der Täter muss natürlich einer der Freunde oder vielleicht jemand vom Hotelperso­nal sein. Doch welch ein Motiv sollten die Mitarbeite­r haben, einen der Gäste ins Jenseits zu befördern?

Influencer in einem Horror-Luxusresso­rt: Das Fazit zu „Die Auszeit“:

So weit die nicht sonderlich originelle Ausgangssi­tuation, die spätestens seit Agatha Christie in unzähligen Variatione­n wiederholt worden ist. Was „Die Auszeit“, den Erstling von Emily Rudolf, jedoch auszeichne­t, ist der Umstand, dass es nicht einen sympathisc­hen Charakter gibt, von dem man hofft, dass er oder sie nicht der Täter war. Zahlreiche Wendungen im auf 37 Stunden angelegten und rückwärts erzählten Handlungsv­erlauf sorgen ebenso für Verwirrung wie Rudolfs Erzähltech­nik, die Perspektiv­en und Zeitebenen vermischt, sodass es mitunter schwerfäll­t, den roten Faden im Blick zu behalten und die verschlung­enen Beziehunge­n der Mitwirkend­en zu entwirren.

Dass das Mordmotiv weit in der Vergangenh­eit liegt und mit Menschen zu tun hat, die im Roman gar nicht auftreten, gehört zu den Tricks, die die Autorin in ihrem Debütroman ausspielt.

Fazit: Ein konvention­ell aufgerollt­er „Whodunnit“-Fall, der vor allem von der bedrohlich­en Atmosphäre und dunklen Geheimniss­en lebt, die beim Countdown der Handlung ans Licht gezerrt werden.

Emily Rudolf, Die Auszeit, Scherz-Verlag, 478 Seiten, 17 Euro.

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FOTO: SCHERZ-VERLAG Das Cover des ersten Romans von Emily Rudolf: „Die Auszeit“.

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