Horror im Luxusressort
Sechs Influencer, ein Luxushotel und ein Mord — Emily Rudolf spielt in ihrem ersten Roman mit einigen Krimi-Klischees. Das Ergebnis ist aber aus Sicht unseres Kritikers mehr als ein einfaches Agatha- Christie-Plagiat. Warum Emily Rudolfs „ Die Auszeit“kei
Es sollte ein erholsames Wochenende werden für die Influencerin Viktoria Kaplan und fünf ihrer Freunde in einem abgelegenen Luxusretreat – und das alles kostenlos, denn der Hotelbesitzer Pierre erwartet für sich und sein Hotel nur positive Bewertungen. Dafür lässt er die Service-Maschinerie seines Hotels auf Hochtouren laufen.
Doch in der Sechsergemeinschaft – typische Vertreter(innen) einer Generation, die vor allem im Luxus den Sinn ihrer eher oberflächlichen Existenz sehen – ist bei Weitem nicht alles eitel Sonnenschein. Neid, Konkurrenzdenken und Eifersüchteleien trüben das Miteinander. Und es macht die Beziehungen nicht gerade leichter, dass einige der Freunde auch schon mehr verband als nur eine Freundschaft.
Während Viktoria versucht, mit ihren Werbebotschaften ihren einmillionsten Follower zu ködern, setzt ein gewaltiger Sturm ein, der eine vorzeitige Abreise überdies unmöglich macht, sodass die Truppe auf Gedeih und Verderb einander ausgeliefert ist. Und dann geschieht ein Mord – und der Täter muss natürlich einer der Freunde oder vielleicht jemand vom Hotelpersonal sein. Doch welch ein Motiv sollten die Mitarbeiter haben, einen der Gäste ins Jenseits zu befördern?
Influencer in einem Horror-Luxusressort: Das Fazit zu „Die Auszeit“:
So weit die nicht sonderlich originelle Ausgangssituation, die spätestens seit Agatha Christie in unzähligen Variationen wiederholt worden ist. Was „Die Auszeit“, den Erstling von Emily Rudolf, jedoch auszeichnet, ist der Umstand, dass es nicht einen sympathischen Charakter gibt, von dem man hofft, dass er oder sie nicht der Täter war. Zahlreiche Wendungen im auf 37 Stunden angelegten und rückwärts erzählten Handlungsverlauf sorgen ebenso für Verwirrung wie Rudolfs Erzähltechnik, die Perspektiven und Zeitebenen vermischt, sodass es mitunter schwerfällt, den roten Faden im Blick zu behalten und die verschlungenen Beziehungen der Mitwirkenden zu entwirren.
Dass das Mordmotiv weit in der Vergangenheit liegt und mit Menschen zu tun hat, die im Roman gar nicht auftreten, gehört zu den Tricks, die die Autorin in ihrem Debütroman ausspielt.
Fazit: Ein konventionell aufgerollter „Whodunnit“-Fall, der vor allem von der bedrohlichen Atmosphäre und dunklen Geheimnissen lebt, die beim Countdown der Handlung ans Licht gezerrt werden.
Emily Rudolf, Die Auszeit, Scherz-Verlag, 478 Seiten, 17 Euro.