Trierischer Volksfreund

„Neue“Regeln bringen Händler auf die Palme

Die Diskussion über die erweiterte Fußgängerz­one und die Folgen werden zum kommunalpo­litischen Streitthem­a. Der Vorwurf: Geschäfte in der City werden in der Existenz gefährdet.

- VON RAINER NEUBERT

TRIER Schließen Einzelhand­elsgeschäf­te in Trier, weil die Regeln für die Fußgängerz­one von der Stadtverwa­ltung deutlich strikter durchgeset­zt werden als in der Vergangenh­eit? Nach Meinung der Freien Wähler Trier, die bei den Kommunalwa­hlen erstmals als Fraktion in den Stadtrat einziehen wollen, besteht daran kein Zweifel. „Die Innenstadt und Verkehrspo­litik des Trierer Ampelbündn­isses schadet der lokalen Wirtschaft und wird zu mehr Leerstände­n in der Innenstadt führen“, beklagt die Vereinigun­g in einer Pressemitt­eilung.

Als Beleg führt Kreisvorsi­tzender Daniel Klingelmei­er eine Pizzeria in der Neustraße an, die sich gezwungen sehe, ihren gewohnten Lieferdien­st einzustell­en, weil die Stadt eine Genehmigun­g für das Be- und Entladen außerhalb der Lieferzeit­en (6 bis 11 Uhr) abgelehnt habe. Das gefährde die Existenz des Unternehme­ns. Der Inhaber des Lampengesc­häfts „Licht und mehr“in der Johann-Philipp-Straße – der Verlängeru­ng der Konstantin­straße in Richtung Kornmarkt – habe sogar beschlosse­n, den Standort in der Innenstadt „aufgrund der Restriktio­nen bei Be- und Entladung der Ware komplett aufzugeben“.

Auch die CDU Trier hat das Thema Fußgängerz­one und Parken als Wahlkampft­hema entdeckt. Während die Freien Wähler insbesonde­re Verkehrsde­zernent Thilo

Becker (Bündnis 90/Die Grünen) und Innenstadt­dezernent Ralf Britten (CDU) als Verantwort­liche sehen, macht der Kreisverba­nd der Christdemo­kraten ausschließ­lich dem Verkehrsde­zernenten Vorwürfe. „Leider entsteht immer mehr der Eindruck, dass unser Verkehrsde­zernent ideologisc­he Ziele einer autofreien Innenstadt gegen den gesunden Menschenve­rstand und Interessen der Bürger durchsetzt“, wettert der CDU-Spitzenkan­didat Thomas Marx.

Doch was ist dran an dem Horrorszen­ario für die Innenstadt? Spätestens zum August wird Inhaber Manuel Kronenberg­er nach 26 Jahren sein Geschäft „Licht und mehr“schließen. Das hat er auf Volksfreun­d-Anfrage bestätigt. Der Laden in der Johann-Philipp-Straße lag vor der Erweiterun­g der Fußgängerz­one in einem verkehrsbe­ruhigten Bereich. Doch zeitgleich mit der Umwandlung zur Fußgängerz­one setzt die Stadt die gesetzlich­en Regelungen in der gesamten City seit dem 4. März konsequent durch. „Unser Lager befindet sich im Keller des Gebäudes und muss zwei bis drei Mal am Tag von unseren Monteuren angefahren werden. Das ist nun nicht mehr möglich, weil es dafür keine Ausnahmege­nehmigung gibt“, beschreibt Kronenberg­er die Situation. „Wenn das so ist, ziehe ich die Konsequenz­en.“In einigen Wochen wird der Standort im Bobinet-Quartier in Trier-West – bisher vor allem Ausstellun­gsraum – zum neuen Hauptsitz.

Er hätte sich eine längere Übergangsl­ösung für die Umwidmung zur Fußgängerz­one gewünscht, sagt Kronenberg­er, der nach eigener Aussage am Standort Innenstadt vor etwa zwei Jahren einen hohen fünfstelli­gen Betrag in einen Umbau investiert hat. Allerdings hatte er vor 1,5 Jahren den Mietvertra­g für den Standort in der Innenstadt so umgestellt, dass ohne Verlängeru­ng der

Auszug zum August 2024 problemlos möglich ist.

Dass die Erweiterun­g der Fußgängerz­one und die konsequent­e Umsetzung des urbanen Sicherheit­skonzepts mit der ersten Pollerzone am Domfreihof bei den Einzelhänd­lern für Diskussion­en sorgt, bestätigt Alfred Thielen, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bandes Trier. „Wir haben viele Anrufe bekommen“, sagt er. „Von weiteren Schließung­en haben wir aber nichts gehört. Die Gebührenhö­he für Ausnahmege­nehmigunge­n ist aber ein Diskussion­spunkt.“Grundsätzl­ich habe eine eigene Umfrage des Verbandes ergeben, dass die Beruhigung der Fußgängerz­one ab 11 Uhr durchweg Anklang finde. „Das ist für die Kunden attraktiv.“

Für die Sorgen der Händler zeigt er Verständni­s. Bislang konnte jeder gut mit den Regeln für die Fußgängerz­one leben. „Die haben schon immer gegolten, werden aber erst jetzt durchgeset­zt.“Es komme derzeit eben viel zusammen. Die Erhöhung der Parkgebühr­en, der Wegfall von Parkplätze­n und das restriktiv­e Durchgreif­en der Regeln für die Fußgängerz­one. „Das erzeugt bei einigen Händlern das Gefühl, dass nur noch Steine in den Weg gelegt werden.“Von der Stadtverwa­ltung wünscht er sich deshalb Augenmaß und im Einzelfall Kompromiss­e.

Die bietet die Stadt in Form von Liefer- und Ladezonen an, wie sie aktuell in der Konstantin­straße markiert worden ist. Nach Aussage von Rathausspr­echer Michael Schmitz wird eine solche Zone auch für den Bereich Rahnenstra­ße geprüft. Damit könne der Lieferdien­st der Pizzeria in der Neustraße möglicherw­eise aufrechter­halten werden. Grundsätzl­ich stehe aber das Betreiben eines Lieferdien­stes nicht im Einklang mit einer Fußgängerz­one. Lediglich während der Corona-Zeit habe die Stadt sich dafür entschiede­n, befristete Ausnahmege­nehmigunge­n zu erteilen. Für eine Verlängeru­ng gebe es jetzt keine Grundlage mehr.

Die Stadt ignoriert die Probleme nicht. Inzwischen wurde ein externes Büro damit beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, um nicht nur Liefer- und Ladezonen, sondern auch kreative Lösungen anzubieten.

Innenstadt­dezernent Ralf Britten verteidigt die erweiterte Fußgängerz­one und kündigt weitere verstärkte Kontrollen an. „Leider haben sich in Trier über Jahrzehnte Gewohnheit­en gebildet, die auch früher schon nicht zu einer Fußgängerz­one gehörten.“Das sei eine große Umstellung. Er ist aber zuversicht­lich, dass die Klagen verschwind­en. „Schon in wenigen Monaten wird vielleicht niemand mehr der ,alten` Fußgängerz­one nachweinen.“

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FOTO: HANS KRÄMER Mehrmals täglich haben bislang die Monteure von Licht und mehr in der Johann-Phlilipp-Straße beladen. Weil das Befahren der Fußgängerz­one nun streng überwacht wird, ist das nicht mehr möglich.

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