„Neue“Regeln bringen Händler auf die Palme
Die Diskussion über die erweiterte Fußgängerzone und die Folgen werden zum kommunalpolitischen Streitthema. Der Vorwurf: Geschäfte in der City werden in der Existenz gefährdet.
TRIER Schließen Einzelhandelsgeschäfte in Trier, weil die Regeln für die Fußgängerzone von der Stadtverwaltung deutlich strikter durchgesetzt werden als in der Vergangenheit? Nach Meinung der Freien Wähler Trier, die bei den Kommunalwahlen erstmals als Fraktion in den Stadtrat einziehen wollen, besteht daran kein Zweifel. „Die Innenstadt und Verkehrspolitik des Trierer Ampelbündnisses schadet der lokalen Wirtschaft und wird zu mehr Leerständen in der Innenstadt führen“, beklagt die Vereinigung in einer Pressemitteilung.
Als Beleg führt Kreisvorsitzender Daniel Klingelmeier eine Pizzeria in der Neustraße an, die sich gezwungen sehe, ihren gewohnten Lieferdienst einzustellen, weil die Stadt eine Genehmigung für das Be- und Entladen außerhalb der Lieferzeiten (6 bis 11 Uhr) abgelehnt habe. Das gefährde die Existenz des Unternehmens. Der Inhaber des Lampengeschäfts „Licht und mehr“in der Johann-Philipp-Straße – der Verlängerung der Konstantinstraße in Richtung Kornmarkt – habe sogar beschlossen, den Standort in der Innenstadt „aufgrund der Restriktionen bei Be- und Entladung der Ware komplett aufzugeben“.
Auch die CDU Trier hat das Thema Fußgängerzone und Parken als Wahlkampfthema entdeckt. Während die Freien Wähler insbesondere Verkehrsdezernent Thilo
Becker (Bündnis 90/Die Grünen) und Innenstadtdezernent Ralf Britten (CDU) als Verantwortliche sehen, macht der Kreisverband der Christdemokraten ausschließlich dem Verkehrsdezernenten Vorwürfe. „Leider entsteht immer mehr der Eindruck, dass unser Verkehrsdezernent ideologische Ziele einer autofreien Innenstadt gegen den gesunden Menschenverstand und Interessen der Bürger durchsetzt“, wettert der CDU-Spitzenkandidat Thomas Marx.
Doch was ist dran an dem Horrorszenario für die Innenstadt? Spätestens zum August wird Inhaber Manuel Kronenberger nach 26 Jahren sein Geschäft „Licht und mehr“schließen. Das hat er auf Volksfreund-Anfrage bestätigt. Der Laden in der Johann-Philipp-Straße lag vor der Erweiterung der Fußgängerzone in einem verkehrsberuhigten Bereich. Doch zeitgleich mit der Umwandlung zur Fußgängerzone setzt die Stadt die gesetzlichen Regelungen in der gesamten City seit dem 4. März konsequent durch. „Unser Lager befindet sich im Keller des Gebäudes und muss zwei bis drei Mal am Tag von unseren Monteuren angefahren werden. Das ist nun nicht mehr möglich, weil es dafür keine Ausnahmegenehmigung gibt“, beschreibt Kronenberger die Situation. „Wenn das so ist, ziehe ich die Konsequenzen.“In einigen Wochen wird der Standort im Bobinet-Quartier in Trier-West – bisher vor allem Ausstellungsraum – zum neuen Hauptsitz.
Er hätte sich eine längere Übergangslösung für die Umwidmung zur Fußgängerzone gewünscht, sagt Kronenberger, der nach eigener Aussage am Standort Innenstadt vor etwa zwei Jahren einen hohen fünfstelligen Betrag in einen Umbau investiert hat. Allerdings hatte er vor 1,5 Jahren den Mietvertrag für den Standort in der Innenstadt so umgestellt, dass ohne Verlängerung der
Auszug zum August 2024 problemlos möglich ist.
Dass die Erweiterung der Fußgängerzone und die konsequente Umsetzung des urbanen Sicherheitskonzepts mit der ersten Pollerzone am Domfreihof bei den Einzelhändlern für Diskussionen sorgt, bestätigt Alfred Thielen, Geschäftsführer des Handelsverbandes Trier. „Wir haben viele Anrufe bekommen“, sagt er. „Von weiteren Schließungen haben wir aber nichts gehört. Die Gebührenhöhe für Ausnahmegenehmigungen ist aber ein Diskussionspunkt.“Grundsätzlich habe eine eigene Umfrage des Verbandes ergeben, dass die Beruhigung der Fußgängerzone ab 11 Uhr durchweg Anklang finde. „Das ist für die Kunden attraktiv.“
Für die Sorgen der Händler zeigt er Verständnis. Bislang konnte jeder gut mit den Regeln für die Fußgängerzone leben. „Die haben schon immer gegolten, werden aber erst jetzt durchgesetzt.“Es komme derzeit eben viel zusammen. Die Erhöhung der Parkgebühren, der Wegfall von Parkplätzen und das restriktive Durchgreifen der Regeln für die Fußgängerzone. „Das erzeugt bei einigen Händlern das Gefühl, dass nur noch Steine in den Weg gelegt werden.“Von der Stadtverwaltung wünscht er sich deshalb Augenmaß und im Einzelfall Kompromisse.
Die bietet die Stadt in Form von Liefer- und Ladezonen an, wie sie aktuell in der Konstantinstraße markiert worden ist. Nach Aussage von Rathaussprecher Michael Schmitz wird eine solche Zone auch für den Bereich Rahnenstraße geprüft. Damit könne der Lieferdienst der Pizzeria in der Neustraße möglicherweise aufrechterhalten werden. Grundsätzlich stehe aber das Betreiben eines Lieferdienstes nicht im Einklang mit einer Fußgängerzone. Lediglich während der Corona-Zeit habe die Stadt sich dafür entschieden, befristete Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Für eine Verlängerung gebe es jetzt keine Grundlage mehr.
Die Stadt ignoriert die Probleme nicht. Inzwischen wurde ein externes Büro damit beauftragt, ein Konzept zu erarbeiten, um nicht nur Liefer- und Ladezonen, sondern auch kreative Lösungen anzubieten.
Innenstadtdezernent Ralf Britten verteidigt die erweiterte Fußgängerzone und kündigt weitere verstärkte Kontrollen an. „Leider haben sich in Trier über Jahrzehnte Gewohnheiten gebildet, die auch früher schon nicht zu einer Fußgängerzone gehörten.“Das sei eine große Umstellung. Er ist aber zuversichtlich, dass die Klagen verschwinden. „Schon in wenigen Monaten wird vielleicht niemand mehr der ,alten` Fußgängerzone nachweinen.“