Gewohnheitsrecht zählt nicht mehr
Dass die Freien Wähler aus vollen Rohren gegen das Bündnis von Grünen, SPD und FDP im Trierer Stadtrat und auch gegen die CDU und deren Dezernenten schießen, war zu erwarten. Mit drastischen Szenarien, vermeintlich einfachen Lösungen und dem Versprechen, die Dinge viel besser machen zu können, lassen sich in diesen Zeiten – leider – viele Wählerstimmen einwerben. Dass aber der CDU-Kreisverband Trier auch gegen die eigene Fraktion im Stadtrat wettert, ist ein ungewöhnlicher Vorgang.
Schließlich hatte die CDU im April 2021, knapp fünf Monate nach der tödlichen Amokfahrt, wie fast alle anderen Fraktionen für das urbane Sicherheitskonzept gestimmt. Lediglich die drei Mitglieder der AfD waren dagegen, die
Menschen in der Fußgängerzone besser zu schützen. Dazu gehören nicht nur die Hochsicherheitspoller, wie sie im Bereich Domfreihof nun in Betrieb sind. Zu mehr Sicherheit gehört auch die konsequentere Umsetzung der gesetzlich festgelegten Regeln für eine Fußgängerzone. Diese untersagen dort grundsätzlich Autoverkehr. Nur Lieferverkehr ist (von 6 bis 11 Uhr) erlaubt. Auch gehbehinderte Menschen dürfen in dieser Zeit einfahren und parken. Danach und generell sind Ausnahmeregelungen in bestimmten Fällen gegen Gebühr möglich.
Bei der entscheidenden Abstimmung über die Erweiterung der Fußgängerzone hatte sich die CDU enthalten. Und tatsächlich ist der Unmut einiger besonders betroffener Händler nachvollziehbar. Denn die strikte Umsetzung mit allen Konsequenzen und dem Verlust etlicher Parkplätze traf sie unvermittelt. Mit ihnen sollte die Verwaltung wie angekündigt das Gespräch suchen und Lösungen finden.
Wenig Chancen werden dabei allerdings jene haben, die sich darauf berufen, dass verbotene Dinge in den vergangenen Jahren ja auch nicht geahndet wurden. Gewohnheitsrecht ist kein gutes Argument.
r.neubert@volksfreund.de