Trierischer Volksfreund

Ich habe Jesus gesehen

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Also nicht ich, aber ein Kind. Es kommt nach Hause und erzählt voller Spannung seiner Mutter: „Ich habe den Jesus gesehen.“Die Mutter fragt skeptisch nach: „Jesus? Wo denn?“Schließlic­h ist das ja eine durchaus ungewöhnli­che Nachricht. Denn Ostern hin oder her, fest steht: Jesus ist seit knapp 2.000 Jahren nicht mehr gesichtet worden. Jedenfalls gibt es dazu keine gesicherte­n Informatio­nen. „Im Schwimmbad, da bin ich ihm begegnet“, erklärt das Kind. „Ach so“, sagt die Mutter, „Du hast also die Katja im Schwimmbad gesehen.“Sie ist beruhigt.

Diese Geschichte erzählt mir eine Kollegin, als wir uns über Bräuche und Aktivitäte­n der Kinder zu Ostern unterhalte­n. Die einen gehen rappeln, andere machen Musik im Gottesdien­st oder spielen in einem Stück über die Jesusgesch­ichte mit. Und das ist die Erklärung für den überrasche­nden

Produktion dieser Seite: Alexander Schumitz

Satz: „Ich habe Jesus gesehen.“Es war „nur“die Katja, die seit Jahren den Jesus im Anspiel im Gottesdien­st gibt.

Ostern ist das Fest der Auferstehu­ng Jesu. Die biblischen Geschichte­n berichten, dass Jesus drei Tage nach seinem Tod nicht mehr im Grab liegt. Er habe den Tod überwunden, erzählen sie auf ganz unterschie­dliche Weise. Was es genau mit der Auferstehu­ng auf sich hat, das hat schon die Jüngerinne­n und Jünger bewegt. „Ich habe den Herrn gesehen“, sagt Maria aus Magdala den anderen Jüngern im Johannesev­angelium. Sie hat das Grab leer vorgefunde­n und ist dem auferstand­enen Jesus begegnet. Dennoch hielten ihn die einen für ein Gespenst, die anderen zweifelten.

Kein Wunder. Auferstehu­ng ist naturwisse­nschaftlic­h nicht zu beweisen. Glaubensge­schichten wollen erzählt werden. Ihr Wahrheitsg­ehalt vollzieht sich im Weitergebe­n, Aktualisie­ren und Deuten. Angereiche­rt mit der Hoffnung, dass Leben und Liebe stärker sind als Tod und Hass. Wo das geschieht, da kann man Jesus bis heute erfahren, also auf eine bestimmte Weise „sehen“. Wenn Menschen eine unbändige Lebenslust haben, trotz mancher Rückschläg­e. Oder wenn ich einen Blick in die wunderbar neu aufsprieße­nde Natur werfe. Die lässt mich die Welt mit hoffnungsv­ollen Augen sehen.

Dr. Jörg Weber, Superinten­dent des Evangelisc­hen Kirchenkre­ises Trier

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