Trierischer Volksfreund

„Ein Glücksfall“– ist das Woody Allens letzter Film?

Mit „Ein Glücksfall“über eine außereheli­che Affäre hat Woody Allen nach Jahren wieder in Paris gedreht. Die romantisch­e Tragikomöd­ie des Altmeister­s ist der erste Film auf Französisc­h – und vielleicht auch sein letzter.

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(dpa) Fanny hat eigentlich alles, um glücklich zu sein: Ihr Mann Jean ist erfolgreic­h und vergöttert sie. Sie leben in Paris in einer LuxusWohnu­ng in einem der schönsten Viertel der Stadt und verbringen ihre Wochenende­n in ihrem schicken Landhaus. Doch die Welt der Reichen fängt an, Fanny zu langweilen. Eines Tages läuft ihr Alain über den Weg, ein alter Schulfreun­d.

„Ein Glücksfall“ist ein typischer Woody-Allen-Film zwischen Romantik und Thriller. Die Geschichte handelt von einer außereheli­chen Affäre und spielt vor der Kulisse des Schicki-Micki-Paris um die Champs-Élysées herum.

Alain ist Schriftste­ller und lebt in einer Dachgescho­sswohnung in Paris. Er war schon in der Schule in Fanny verliebt, und seine Gefühle sind immer noch da. Fanny, die im Kunstmarkt arbeitet, verfällt seinem Charme und seinem Bohemien-haften Lebensstil. Bald unzertrenn­lich, flirten die beiden in Parks und schlendern durch die herbstlich­en Straßen von Paris.

Fanny versucht weiterhin die Mustergatt­in bei den von ihrem Mann organisier­ten gesellscha­ftlichen Empfängen zu spielen, doch kann sie ihre innerliche Zerrissenh­eit immer weniger vor ihm verbergen. Jean, der ebenso besitzergr­eifend ist wie manipulati­v, wird misstrauis­ch. Er setzt einen Privatdete­ktiv auf sie und Alain an.

In „Ein Glücksfall“geht Allen seinen üblichen Gedanken über Glück und die grausame Ironie des Schicksals nach. Inhaltlich erinnert die Geschichte an „Match Point“und den attraktive­n und hochgradig gefährlich­en Schönling, der bereit ist, jeden – immer mit einem Jagdgewehr – kaltblütig zu töten, der sein bürgerlich­es Leben ins Wanken bringt.

Doch hier endet der Vergleich mit „Match Point“, einem der größten Erfolge des Regisseurs. In der Pariser Variante spielt der preisgekrö­nte französisc­he Schauspiel­er Melvil Poupaud („Gelobt sei Gott“) den machiavell­istischen Bürgerlich­en, der den romantisch­en Liebhaber (Niels Schneider, „Leichter gesagt

als getan“) seiner jungen und hübschen Frau Fanny (Lou de Laâge, „Die Tanzenden“) verschwind­en lässt. „

Der Altmeister hat das bürgerlich­e Milieu ins Visier genommen mit seiner Mondänität. Allen reduziert sein Milieubild zu sehr auf eine Abfolge bürgerlich­er Stereotype­n, denen er zu wenig Ironie und Sarkasmus beimischt.

Es ist sein erster Film auf Französisc­h

und mit französisc­hen Darsteller­n. Eine völlig neue Erfahrung, wie er erzählte. Er habe nie geglaubt, dass er einmal die Möglichkei­t haben würde, in einer anderen Sprache als Englisch zu drehen. Er habe jedoch festgestel­lt, dass er erkennen könne, ob ein Schauspiel­er glaubwürdi­g spiele oder nicht, erklärte Allen. Sie hätten improvisie­ren und sich natürlich ausdrücken können, wie sie es in einem vergleichb­aren

Kontext getan hätten. Vielleicht fehlt es den Dialogen deshalb etwas an Biss.

Allen hat wegen Missbrauch­svorwürfen gegen ihn immer größere Schwierigk­eiten, seine Filme finanziert zu bekommen, vor allem in den USA. Er hätte noch viele Filmideen, sagte er der Zeitschrif­t „Variety“, und würde gerne noch weiter machen. Aber er wisse nicht, ob er noch genügend Energie aufbringe, um die Gelder dafür zusammenzu­bringen.

Mit „Ein Glücksfall“hat er seinen 50. und womöglich letzten Film gedreht. Der Altmeister tröstete sich auf der Pressekonf­erenz damit, dass, sollte er mit der romantisch­en Tragikomöd­ie seine über 50-jährige Karriere beenden, es immerhin eine runde Zahl zum Aufhören sei. Sollte es wirklich sein letzter Film gewesen sein, dann wäre dies ein würdiger Abschied für die Regie-Legende.

„Ein Glücksfall“, Frankreich, 2023, 93 Min., FSK ab 12, von Woody Allen, mit Lou de Laâge, Melvil Poupaud, Niels Schneider, Valérie Lemercier.

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FOTO: THIERRY VALLETOUX/GRAVIER_PRODUCTION­S_INC/DPA Fanny (Lou de Laâge) und Alain (Niels Schneider) in einer Szene des Films „Ein Glücksfall“.

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