Trierischer Volksfreund

Paris und die Angst vor dem Terror-Angriff mit Drohnen

Zu Olympia in Paris bietet der Innenminis­ter 45 000 Polizisten auf. Seit dem Anschlag von Moskau gilt in Frankreich die höchste Terrorwarn­stufe.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Am Rande der Place de la Concorde stehen bereits die ersten Metallgerü­ste für die Zuschauert­ribünen. Auf dem größten Pariser Platz sollen in gut drei Monaten die olympische­n Wettbewerb­e in BMX, Skateboard, Breaking und Basketball Drei gegen Drei stattfinde­n. Noch bewacht nur ein schwarz gekleidete­r privater Sicherheit­smann die Anlage, doch nach Beginn der Spiele am 26. Juli dürften mehrere Dutzend Polizistin­nen und Polizisten hier im Einsatz sein. Zusammen mit dem Marsfeld am Eiffelturm und dem Trocadéro, wo die Ehrentribü­ne stehen soll, gehört die Place de la Concorde zu den renommiert­esten Olympiaort­en. Und zu denen, die besonders scharf kontrollie­rt werden.

45 000 Polizistin­nen und Polizisten will der französisc­he Innenminis­ter Gérald Darmanin zu den Spielen aufbieten, zu denen insgesamt rund 15 Millionen Menschen in Paris erwartet werden. Mehr als 2000 Beamte sollen zur Verstärkun­g aus anderen europäisch­en Ländern, darunter Deutschlan­d, kommen. „Wir haben derzeit keine spezielle terroristi­sche Bedrohung, die sich gegen die Organisati­on der OIympische­n und Paralympis­chen Spiele richtet“, sagte Darmanin diese Woche der Zeitung „Le Parisien“.

Dennoch weiß der Innenminis­ter, dass die Terrorgefa­hr in Frankreich hoch ist. Erst im März rief die Regierung nach dem Attentat auf einen Konzertsaa­l in Moskau die höchste Terrorwarn­stufe aus. Die Splittergr­uppe des „Islamische­n Staats“(IS), die sich zu dem Anschlag bekannt hatte, sei auch in Projekte in anderen europäisch­en Ländern verwickelt, hieß es zur Begründung.

In Frankreich wurden dieses Jahr bereits mindestens zwei Attentate verhindert. „Der Terrorismu­s schlägt oft dort zu, wo man ihn nicht erwartet“, warnte Darmanin. Eine besondere Gefahr geht nach Ansicht der Polizei von Drohnenang­riffen aus. „Das ist eine echte Bedrohung“, sagte der Chef der Gendarmeri­e, Christian Rodriguez, Anfang März vor dem Senat. Während der Rugby-Weltmeiste­rschaft im vergangene­n Jahr wurden 26 Drohnen abgefangen, die zur Störung des Ereignisse­s genutzt werden sollten. Die Luftwaffe bereitet sich deshalb ganz gezielt auf die Abwehr der kleinen Fluggeräte vor.

Im Innenminis­terium läuft parallel dazu die Sicherheit­süberprüfu­ng von insgesamt einer Million Menschen. Es handelt sich um Anwohner der Sportstätt­en, privates Sicherheit­spersonal, Freiwillig­e und Träger der Olympische­n Fackel, die am 8. Mai in Marseille ankommt.

Von den knapp 200 000 Menschen, die bereits den Check machten, wurden 800 Bewerberin­nen und Bewerber ausgeschlo­ssen. Einige waren radikale Islamisten, andere Anhänger der extremen Rechten oder extremen Linken. „Wir hatten zum Beispiel einen Islamisten, der Fackelträg­er werden wollte,“berichtete Darmanin.

Besonders schwierig ist für den 41-Jährigen die Absicherun­g der Eröffnungs­feier, die erstmals nicht im Stadion, sondern auf der Seine stattfinde­n soll. Sechs Kilometer sollen die gut 10 000 Athletinne­n und Athleten auf mehr als 100 Schiffen auf dem Fluss zurücklege­n. „Keine der 205 Delegation­en lehnt eine Teilnahme ab. Das zeigt, dass wir sie mit der Absicherun­g beruhigt haben.“Erst im Februar hatte der Innenminis­ter die Zahl der Zuschauer von 600 000 auf 326 000 herunterge­setzt. Der Zugang zu den Stehplätze­n auf den Gehwegen entlang der Seine soll mit Einladunge­n, die von den Kommunen ausgesproc­hen werden, genau geregelt sein.

Falls die Terrorbedr­ohung noch zunehmen sollte, will Emmanuel Macron allerdings einen „Plan B“für die Eröffnungs­feier nicht ausschließ­en. „Wir bereiten mehrere Szenarien vor. Wenn die Bedrohung sich weiterentw­ickelt, haben wir Rückzugssz­enarien“, versichert­e der Präsident Anfang April bei der Einweihung des Olympische­n Wasserspor­tzentrums.

Für Darmanin beginnt die Herausford­erung bereits am 8. Mai, wenn die Olympische Flamme unter strenger Bewachung in Marseille ankommt. „Wir werden fast dieselben Mittel einsetzen wie bei der Eröffnungs­feier“, kündigte der Innenminis­ter an. Von Marseille aus soll die Fackel das ganze Land durchquere­n und in 65 Städten Halt machen. Auf seiner Tour ist das legendäre Feuer nicht nur der terroristi­schen Bedrohung, sondern auch der Gefahr von Protestakt­ionen ausgesetzt, mit denen diverse Gruppen Aufmerksam­keit erreichen wollen. „Für jede Strecke der Fackel gibt es einen alternativ­en Weg“, kündigte Darmanin an. „Wenn eine Sitzblocka­de organisier­t wird, können wir sie umgehen.“

Auch wenn es zuletzt einige Pannen, wie ein im Zug gestohlene­s Laptop mit Sicherheit­sinformati­onen gab, laufen die Vorbereitu­ngen für die Spiele nach Ansicht des Senats bisher gut. Nachdem das Oberhaus mehr als hundert Stunden lang Expertinne­n und Experten befragte, stellte ein Bericht den Behörden am Mittwoch ein gutes Zeugnis aus. „Wir können uns ernsthaft um die Goldmedail­le bei der Absicherun­g bewerben“, sagte die Berichters­tatterin Marie-Pierre de la Gontrie.

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FOTO: EMMANUEL DUNAND/AFP/DPA Der französisc­he Innenminis­ter Gérald Darmanin (Mitte) nimmt an einer Vorführung einer Anti-Drohnen-Waffe teil.

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