Viele Fragezeichen und eine Fristverlängerung
Der Haushalt 2025 birgt enormen Sprengstoff für die Ampel-Koalition. Es fehlen Milliarden Euro. Jetzt kommt Finanzminister Lindner den Ministerien erst einmal entgegen – aber nur bei einem Termin. Wie es weitergeht? Offen.
BERLIN Drei Stunden im Kanzleramt zum Austausch über aktuelle Politik, insbesondere im Bereich der Außenpolitik. So kann man den Koalitionsausschuss am Mittwochabend wohl zusammenfassen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) habe vor allem über die Situation in der Ukraine referiert. Das umstrittene Thema Kindergrundsicherung habe man dagegen nicht in den Mund genommen, hieß es.
Auch über Inneres sei debattiert worden, hier ist der Hauptpunkt der kommende Haushalt, mit dem die Ampel-Koalition auf eine Zerreißprobe zusteuert. Denn mit dem Bundeshaushalt für das kommende Jahr stehen SPD, Grüne und FDP vor einer enormen Herausforderung. Bis zu 25 Milliarden Euro ist die
Lücke groß, die eingespart werden muss. Woher das Geld kommen soll, ist völlig offen.
Dem Vernehmen nach wurde im Koalitionsausschuss am Mittwochabend auch darüber gesprochen, wie die drei Parteien jeweils die Wirtschaft fördern, die Menschen entlasten und die Schwerpunkte beim Haushalt setzen wollen. Konkret wurde es aber wohl kaum, über einzelne Gesetze oder die Etats der Ministerien wird in der Runde ein Bogen gemacht. Deutlich ist aber bereits seit Monaten, dass die Ideen der drei Parteien auseinanderklaffen. SPD und Grüne wollen keine Einschnitte beim Sozialstaat, die FDP wäre dafür offen. Die wiederum will die Schuldenbremse strikt einhalten, was SPD und Grüne nicht verstehen. Nun will man hinter verschlossenen Türen die Konzepte der Parteien übereinander legen, um sich auf Gemeinsamkeiten verständigen zu können, hieß es nach dem Treffen.
Was sich bereits abzeichnet, ist ein geplanter Mittelaufwuchs bei der Bundeswehr, weswegen sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) weniger Sorgen machen dürfte. Blickt man aber beispielsweise auf Ressorts wie das von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), könnte es schon anders aussehen. Einsparungen gelten in ihrem Zuständigkeitsbereich als wahrscheinlich. Und so geht es im politischen Berlin derzeit viel um Zahlen – und damit um eine mögliche Bruchstelle der Koalition. Eine der großen Fragen ist, ob es SPD und Grünen mithilfe des Kanzlers gelingen wird, Lindner von dem abermaligen Aussetzen der Schuldenbremse überzeugen zu können. Doch selbst bei Grünen und Sozialdemokraten ist man sich da nicht sicher.
Eine Einigung gab es bereits am Mittwochmorgen: So wird den Ministerien ein längerer Zeitraum gewährt, um ihre (Spar)-Haushaltspläne bei Bundesfinanzminister Lindner vorzulegen. Dafür gibt es jetzt bis zum 2. Mai Zeit, ursprünglich war der 19. April dafür vorgesehen. Auf die sonst übliche Aufstellung von Eckpunkten für den Etat 2025 hatte Lindner bereits verzichtet, weil die Positionen in der Regierung sehr weit auseinander liegen.
Am 3. Juli, so der Ampel-Plan, soll der Haushalt im Kabinett vorliegen, in der zweiten Septemberwoche beraten und final Ende November verabschiedet werden. Ob es wirklich so kommt, dazu gibt es in der Ampel unterschiedliche Einschätzungen, vor und hinter den Kulissen.
Die Aufstellung gilt deshalb als extrem herausfordernd, weil in den aktuellen Planungen bereits eine Lücke in zweistelliger Milliardenhöhe klafft – die Rede ist von 15 bis 25 Milliarden Euro. Auch eine Entlastung durch höhere Einnahmen ist kaum zu erwarten, weil sich die anhaltend schwache Wirtschaftslage inzwischen auch da bemerkbar macht. Außerdem kämpft die Regierung weiter mit den Folgen des Verfassungsgerichtsurteils von Ende 2023, mit dem 60 Milliarden Euro aus dem Klimafonds KTF gestrichen wurden
Das Finanzministerium hatte die Ressorts daher aufgerufen, Vorschläge für Einsparungen zu machen. Diesmal gebe es keine zusätzlichen Finanzmittel zu verteilen, hatte Lindner damals betont und zugleich klargemacht: „Sollten die Anmeldungen nicht den ressortspezifischen Obergrenzen entsprechen, können diese nicht akzeptiert werden.“
Der FDP-Vorsitzende geht davon aus, dass für die Aufstellung des Haushalts am Ende wieder Spitzenrunden mit Kanzler Olaf
Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) nötig werden. „Das wird eine Aufgabe sein, die in der Regierungsspitze unter Federführung des Finanzministeriums vorgenommen werden wird“, sagte er am Donnerstag. Lindner betonte zugleich, er sehe noch Potenzial für Prioritätensetzung. Doch Tatsache ist, dass der Streit um die Finanzierung und Ausgestaltung der Kindergrundsicherung weiter schwelt, eine Befriedung nicht in Sicht ist und das Grummeln weiter anschwillt.