Trierischer Volksfreund

Die späte Heimkehr des Dietrich Behrendt

Die Gebeine eines jungen Soldaten, 78 Jahre nach dessen Tod während der letzten Kämpfe des Zweiten Weltkriegs in der Westeifel gefunden, kehren zurück: in seine mecklenbur­gische Heimat. Dieser Wunsch der Familie hätte beinah nicht erfüllt werden können.

- VON FRITZ-PETER LINDEN

PRÜM/WOLDEGK Sein Name war Dietrich Karl Otto Behrendt. Geboren wurde er vor fast genau 99 Jahren: am 10. April 1925 in Woldegk-Grauenhage­n – mitten in der Mecklenbur­gischen Seenlandsc­haft. Er starb, nur 19-jährig, am 28. Februar 1945 in der Eifel, als die amerikanis­chen Streitkräf­te heranrückt­en und rund um Prüm die deutschen Stellungen überrollte­n.

„Er war noch ein halbes Kind“, sagt Karl Behrendt, Neffe des Gefallenen. Autoschlos­ser hatte der Onkel gelernt, sich dann bei der Luftwaffe gemeldet – und war in den letzten Kriegsmona­ten in die Eifel verlegt worden, wie so viele andere. „Zum Schluss sind die an der Front verheizt worden“, sagt Behrendt. „Die waren ja nur noch Kanonenfut­ter.“

Dietrich Behrendts Gebeine wurden per Zufall vor gut einem Jahr in einem Waldstück bei Prüm entdeckt und geborgen. Bald darauf war der Tote, anhand seiner Erkennungs­marke in der Hosentasch­e, identifizi­ert. Seitdem befinden sich seine Überreste im Rechtsmedi­zinischen Institut der Universitä­t Mainz. Demnächst sollen sie in seine Heimat überführt und dort beigesetzt werden – im Grab der Eltern auf dem Friedhof von Grauenhage­n.

Mit der Geschichte seines so lange vermissten Onkels ist Karl Behrendt, wie auch seine Schwester Christiane und die vier Cousins der beiden, durch die Erzählunge­n der Großmutter aufgewachs­en. „Wir kannten ihn ja alle nicht“, sagt der 70-Jährige, der sich gemeinsam mit den anderen fünf um die Überführun­g der Gebeine kümmert, im ersten von mehreren, sehr offenen und freundlich­en Telefonate­n mit unserer Zeitung. „Aber er ist uns allen sehr ans Herz gewachsen. Ich habe auch noch Fotos und die Briefe von meinem Onkel, die er damals von der Front schickte.“

Jahrzehnte­lang habe die Familie nach dem Vermissten gesucht, erfolglos – bis die drei damals noch lebenden Geschwiste­r ihn 1992 für tot erklären ließen. „Und dann“, sagt Karl Behrendt, „wurde er nach 78 Jahren in der Eifel gefunden. Dadurch ist die Geschichte wieder erwacht.“

Seitdem der Tote identifizi­ert und die Familie im Landkreis Mecklenbur­gische Seenplatte informiert wurden, versuchen die Angehörige­n, die Überreste zurückzube­kommen. Darüber seien sich alle einig gewesen, sagt Karl Behrendt. Gemeinsame­s Motto: „Wir holen unseren Onkel nach Hause.“Es komme

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FOTO: US SIGNAL CORPS Nähe Prüm, Anfang 1945: Deutsche Gefangene kauern während eines Angriffs ihrer Landsleute unter einem amerikanis­chen Panzer.
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FOTO: MANFRED KLEIN Karl Behrendt vor Dietrich Behrendts Geburtshau­s in Mecklenbur­g-Vorpommern: „Das sieht noch original so aus wie damals“, sagt er.
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FOTO: US SIGNAL CORPS Amerikanis­cher Soldat mit deutschen Gefangenen in der Nähe von Prüm, Frühjahr 1945.

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