Trierischer Volksfreund

Rekonstruk­tion einer Entführung

„Wir sind dann wohl die Angehörige­n“arbeitet die Erlebnisse der Reemtsma-Familie auf.

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SAARBRÜCKE­N( ry) Alsam26. April 1996 der Hamburger Mäzen, Philologe und Sozialfors­cher Jan Philipp Reemtsma, Sohn des Zigaretten­fabrikante­n Philipp Fürchtegot­t Reemtsma, nach 33 Tagen in Geiselhaft freigelass­en wurde, schlug der Fall hohe Wellen. Das Lösegeld betrug umgerechne­t insgesamt 30 Millionen D-Mark; ca. 14 Millionen sind bis heute nicht wiedergefu­nden worden. Die Entführer wurden jedoch schließlic­h geschnappt: Ihr Anführer Thomas Drach wurde, ebenso wie seine drei Komplizen, zu einer langen Haftstrafe verurteilt, im Jahr 2013 entlassen und im Januar 2024 wegen anderer Vergehen erneut zu einer Freiheitss­trafe von 15 Jahren mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung verurteilt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräf­tig.

Seine Erlebnisse verarbeite­te Reemtsma in dem Buch „Im Keller“. Sein Sohn Johann lieferte mit seinem Roman die gleichnami­ge Vorlage zum Spielfilm „Wir sind dann wohl die Angehörige­n“: Der 13-jährige JohannSche­erer(Claude Heinrich) liegt schlafend in seinem Bett, als seine Mutter Ann Kathrin (AdinaVette­r) ihn mit den Worten weckt: „Johann, wir müssen jetzt gemeinsam ein Abenteuer bestehen.“Ein zurückgela­ssener Erpresserb­rief mit Lösegeldfo­rderung und eine scharfeHan­dgranate lassen keinen Zweifel: Johanns

Vater Jan Philipp Reemtsma (Philipp Hauß) ist am Abend des 25. März 1996 entführt worden. Der Schockzust­and seines Sohns und seiner Frau äußert sich nicht unmittelba­r. Sie nehmen tapfer hin, dass ihr Zuhause sich in eine Einsatzzen­trale verwandelt. Johann darf nicht mehr zur Schule oder zu seinen geliebten Bandproben gehen. Er verspricht seiner Mutter, stark zu sein, aber die Ungewisshe­it ist schwer auszuhalte­n. In der andauernde­n Ausnahmesi­tuation

entsteht ein neuer, absurder Alltag. AusdemUmkr­eis der Familiekom­menein Anwalt und ein guter Freund dazu, um Ann Kathrin und Johann zur Seite zu stehen. Außer diesen wenigen Eingeweiht­en soll niemand von der Entführung erfahren: Ann Kathrin und Johann werden von der Presse und auch von ihren Freunden abgeschirm­t. Alle hoffen auf ein gutes Ende der Geiselnahm­e.

Die Entführung Jan Philipp Reemtsmas im März 1996 bietet zwar Thriller-Stoff, wird von RegisseurH­ans-Christian Schmid jedoch aus der Perspektiv­e des Sohns Johann als einfühlsam­es Familiendr­ama erzählt. Das Drehbuch schrieb Hans-Christian Schmid zusammenmi­tMichaelGu­tmann, der bereits anDrehbüch­ern zu früheren Filmen Schmids wie „Nach fünf im Urwald“(1995) oder „Crazy“(2000) mitgewirkt hat.

Wir sind dannwohl die Angehörige­n, 20.15 Uhr, Arte

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FOTO: NDR Erleichter­t über ein Lebenszeic­hen vomVater: Johann (Claude Heinrich) und seine Mutter Ann Kathrin (Adina Vetter) lesen einen ersten Brief des Entführten.

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