Trierischer Volksfreund

Denkrichtu­ng zertrümmer­t – Björn Höckes Pannenshow

-

Zwischen „Reichskanz­ler Höcke“und Thüringer Mett beziehungs­weise Gehacktem hat das Duell des heimlichen AfDChefs Björn Höcke und des CDUManns Mario Voigt dann doch mehrfachen Erkenntnis­gewinn gehabt. Erstens hat der Rechtsextr­eme Höcke sich ganz schön was eingebrock­t, weil er nämlich das Thema der „Remigratio­n“kurzerhand umgedeutet hat in die Rückkehr der Bürger, die aus Deutschlan­d abgewander­t sind. „Upps“, Höckes Pannenshow. Das ist nun ganz und gar nicht die Parteilini­e. Mehr noch: Auf offener Bühne hat Höcke sozusagen eine zentrale Denkrichtu­ng seiner Kumpane der neuen Rechten zertrümmer­t. Das dürfte ihm intern massiv schaden. Beim Thema Migration strauchelt­e er gehörig.

Ohnehin heißt es in der AfD bereits, der Höcke-Stern sinke. Verglüht ist er natürlich noch nicht. Aber jeder, der dem Duell am Donnerstag­abend gefolgt ist, muss gemerkt haben, dass der Rechte inhaltlich wenig zu bieten hat, er sich lieber in völkisch-nationalem bis hin zu pseudophil­osophische­m Gelaber verliert – und dann auch noch mit der einen oder anderen Fake-News operiert. Inwieweit das freilich auch einem Teil der 30 Prozent die Augen öffnet, die laut Umfragen in Thüringen (noch) ihr Kreuz bei Höckes AfD machen wollen, sei einmal dahingeste­llt. Vermutlich wird es so sein, dass keiner der Duellanten es geschafft haben dürfte, dem anderen Sympathisa­nten abzujagen. Oder neue hinzuzugew­innen.

Zweitens, das muss man dem CDU-Spitzenkan­didat Voigt lassen: Er ist auf volles Risiko gegangen mit dem Duell gegen den Rechtsextr­emen – und Voigt ist nicht gescheiter­t. Womit eigentlich die meisten Beobachter nicht gerechnet hatten. Die einhellige Einschätzu­ng ist gewesen, wer Höcke im Fernsehen hofiert, wertet ihn nur auf, wird am

Ende grandios verlieren und die Rechten normalisie­ren. Obwohl Voigt mitunter ähnlich plump argumentie­rt hat, ist das nicht eingetrete­n. In der Union ist das Aufatmen am Tag danach deshalb auch unüberhörb­ar gewesen. Eine neue Debatte über die einstürzen­de Brandmauer der CDU zur AfD hat Voigt nicht verursacht.

Nun kann man natürlich auch sagen, Thüringen halt. Was soll's. Aber so einfach ist es eben nicht. Sollte die AfD dort tatsächlic­h stärkste Kraft werden, strahlt das über das Bundesland hinaus in die gesamte Republik. Mehr noch: Auch internatio­nal wird genau beobachtet, was sich da Rechts in Deutschlan­d zum Unguten entwickelt. Die Lehre aus dem Duell ist daher die: Es ist falsch, sich solchen Debatten mit der AfD zu verweigern. Allein der immer wiederholt­e Vorwurf des Rechtsextr­emismus bewirkt nichts. Es ist hingegen richtig, die Auseinande­rsetzung mit dieser Partei konsequent zu suchen, weil nur dann deutlich wird, was sie tatsächlic­h will und wofür sie steht. Das gelingt freilich nur, wenn man sehr gut vorbereite­t in solche Auseinande­rsetzungen geht. Anders nicht. Denn die AfD ist stark in der Meinungsma­che, vor allem in den Sozialen Netzwerken.

Da sich der bundesweit­e Zuspruch der Wähler zur AfD laut Umfragen erst seit der letzten Bundestags­wahl verdoppelt hat, liegt die Annahme nah, dass ein gehöriger Teil davon auch zurückgeho­lt werden kann. Und das ist jetzt erst recht Aufgabe aller anderen Parteien.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany