Wie der sehbeeinträchtigte Eifelläufer Julian Kreten seinen Sport meistert
Julian Kreten sieht von Kindheit an nur Umrisse. Trotzdem ist der 26-Jährige bei vielen Laufveranstaltungen in der Region mit dabei. Der junge Mann erzählt, wie er trotz starker Sehbeeinträchtigung Sport treiben kann.
Wir erreichen Julian Kreten – natürlich – beim Training. „Ich stehe im Wald zwischen Tannen“, erzählt er und gleich darauf, dass die Nadelbäume leider auch schon krank seien. Das nimmt der junge Mann wahr. Aber wirklich sehen, wie die meisten Zeitungsleser, kann Kreten nicht, wie es um den Wald steht. Julian Kreten ist von Kindesbeinen an sehbeeinträchtigt. „Umrisse sehe ich ziemlich gut“, erklärt er. Aber wenn die Kontraste gering sind, wird es für ihn schwierig. Gegenlicht, beispielsweise, wenn die Sonne tief steht, ist ganz schlecht.
Trotzdem ist Julian Kreten bei vielen Laufveranstaltungen in der Region und darüber hinaus mit dabei. Im vergangenen Jahr lief er beim Trierer Stadtlauf Halbmarathon (21,1 Kilometer) in 1:43:39 Stunden und verpasste so nur ganz knapp den Sprung unter die besten 100 Starter. Sich im Hunderte Läufer umfassenden Starterfeld zurechtzufinden – eine Herausforderung, die Kreten auf der ihm bekannten Trierer Strecke aber gut meistert. Außerdem habe er bisher überwiegend gute Erfahrungen mit seinen sehenden Mitläufern gemacht. „Viele Leute sagen mir, wenn ich nach links oder rechts muss oder wenn es über einen Bordstein geht“, erzählt er. Er trägt immer die Armbinde, die auf seine starke Sehbeeinträchtigung hinweist. „In der Laufszene herrscht insgesamt ein gutes Klima“, findet Kreten.
Der sehbeeinträchtigte Eifelläufer Julian Kreten startete beim Marathon in Freiburg
Den Anstoß zum Ausdauersport bekam Kreten an der Landesschule für Blinde und Sehbehinderte in Neuwied. „Wir hatten da eine Lauf-AG“, erzählt er. Ein Lehrer der einzigen Schule dieser Art in Rheinland-Pfalz vermittelte Kreten die erste Laufbegeisterung. In der Eifel schloss er sich den Eifelläufern in Bitburg an. „Julian ist ein Gewinn für unsere
Laufgruppe“, findet Eifelläufer-Urgestein Peter de Winkel. Er habe sich gut integriert. Am vergangenen Wochenende fuhr Kreten mit den Eifelläufern zum Marathon nach Freiburg. Bei großer Wärme schaffte er die Distanz, aber ab Kilometer 29 mehr gehend als laufend. Aber er kämpfte sich durch. „42 Kilometer sind schon heftig“, resümiert Kreten und analysiert: „Ich bin es zu schnell angegangen und habe auch nichts getrunken.“
Fehler, die er nicht mehr machen wird. Um das Getümmel an den Getränkestationen zu vermeiden, werde er in ähnlichen Situationen seinen Trinkrucksack mitnehmen. Beim nächsten Mal werde er auch mehr auf die Ansagen der Zwischenzeiten hören. Wie schnell er den letzten Kilometer gelaufen ist, bekommt Kreten nämlich von der Lauf-App auf dem Handy, das er immer mitführt, durchgesagt. „KI und Alexa sind gut für mich mit der
Sprachein- und -ausgabe“, sagt er. Julian Kreten aus Badem läuft nur in Begleitung oder auf bekanntem Terrain
In Freiburg, auf unbekanntem Terrain, begleitete ihn sein EifelläuferVereinskamerad Christian Linkels bis zum Schluss. „Ich laufe eigentlich immer mit Begleitung oder wo ich mich auskenne“, erklärt Kreten. Auch durch den bekannten Wald nahe seinem Heimatort Badem läuft er nur bei trockenem Wetter. Bei
Nässe fürchtet er die Sturzgefahr. Gerade für die dunkle Jahreszeit hat der junge Mann außerdem zu Hause ein Laufband stehen, damit kein Training ausfallen muss. Die nächsten Wettkämpfe sind nämlich schon geplant: „Die BitcupLäufe, demnächst der in Hermeskeil, dann die 30 Kilometer durch den Kammerwald in Geichlingen und der Trierer Stadtlauf natürlich auf jeden Fall“, zählt Kreten sein Programm auf.