Trierischer Volksfreund

Nähe, aber auch Abstand wahren

Mit vier Teilnahmen ist Jörg Trippen-Hilgers einer der erfolgreic­hsten deutschen Paralympic­s-Teilnehmer. Die Wertschätz­ung für die Guides sei viel besser geworden, sagt der stark sehbeeintr­ächtigte 53-Jährige.

- VON HOLGER TEUSCH Produktion dieser Seite: Stefan Strohm

Jörg Trippen-Hilgers kennt beide Seiten: die der Sehenden und die derjenigen mit Sehbeeintr­ächtigung. Während seines Grundwehrd­ienstes erkrankte der heute 53-Jährige an der Leber`schen Opticus-Atrophie. Innerhalb weniger Monate starben die Zellen des Sehnervs beider Augen größtentei­ls ab. Das Leben von Trippen-Hilgers, der als Jugendlich­er in seiner Heimatstad­t Zell gerudert war, sich aber bald den Leichtathl­eten um Wolfgang Baum beim SFG Bernkastel­Kues angeschlos­sen hatte, änderte sich schlagarti­g. Doch er fand zum Sport zurück. Erfolgreic­her denn je: Viermal in Folge von 1996 bis 2008 nahm Trippen-Hilgers in der Leichtathl­etik an den Paralympis­chen Spielen in Atlanta, Sydney, Athen und Peking teil. Die Silbermeda­ille mit der deutschen 4x100-Meterund Weitsprung-Bronze hängen seitdem in seiner Wohnung.

Bei Wettkämpfe­n hat der Läufer aus Zell an der Mosel einen Guide an seiner Seite

Ein Sehrest im einstellig­en Prozentber­eich ist Trippen-Hilgers nach seiner Augenerkra­nkung geblieben. Damit fand und findet er sich erstaunlic­h gut zurecht. Läufe (das bedeutete für den Weitspring­er und Mehrkämpfe­r vor allem Sprints) absolviert­e er oft allein. Bei Wettkämpfe­n hatte Trippen-Hilgers aber auch immer einen Guide an seiner Seite.

Jemanden zu finden sei nicht so einfach, sagt der Sportphysi­otherapeut und Masseur, der in Zell eine eigene Praxis betreibt.

„Jemanden Adäquates zu finden ist das Schwierigs­te“, sagt TrippenHil­gers. Der Guide müsse nicht nur ein entspreche­ndes Leistungsv­ermögen mitbringen, es müsse auch menschlich passen. „Man verbringt ja unglaublic­h viel Zeit miteinande­r“, erzählt er.

Als Handicap-Sportler darf man seinen Helfer auf jeden Fall nicht überforder­n. „Nähe und Abstand müssen in einem gesunden Maß zueinander stehen“, sagt Trippen-Hilgers. „Die Chemie muss stimmen!“

Guides für beeinträch­tigte Läufer müssen sich selbst zurücknehm­en

Als Sportler mit Sehbeeintr­ächtigung dürfe man auch nicht vergessen, dass der Guide sich immer selbst zurücknehm­en müsse. Der Begleiter muss über ein höheres Leistungsv­ermögen verfügen, darf

„Man verbringt ja unglaublic­h viel Zeit miteinande­r.“Jörg Trippen-Hilgers zur außergewöh­nlichen Beziehung zu einem Guide

es aber eigentlich nie ausspielen. Er muss sich anpassen. Das bedeutet nicht nur, dasselbe Tempo zu laufen, sondern möglichst auch mit gleicher Schrittlän­ge.

Gut findet Trippen-Hilgers, dass mittlerwei­le auch die Guides bei Meistersch­aften genauso eine Medaille und eine ähnliche Kader-Förderung bekommen können, wie die Sportler mit Beeinträch­tigung. Denn: „Irgendwann ist man eine Einheit“, sagt er.

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FOTO: HOLGER TEUSCH Jörg Trippen-Hilgers vom SFG Bernkastel-Kues nahm als Leichtathl­et mit Sehbeeintr­ächtigung viermal an Paralympis­chen Spielen teil.

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