Wie die Waschbären nach Deutschland kamen
In Deutschland gibt es frei lebende Waschbären. Dabei stammen die Tiere eigentlich aus Nordamerika. Wie sie vor 90 Jahren hierhergekommen und heimisch geworden sind, erklärt eine Waschbär-Forscherin.
Eberswalde (dpa) Wenn es nachts in der Mülltonne rumpelt oder im Kompost raschelt, könnte ein Waschbär darin stecken. Der nachtaktive Kleinbär sucht vielleicht sein Abendessen. Die Tiere haben nämlich einen langen Speisezettel. „Waschbären sind absolute Allesfresser“, sagt die Biologin Berit Michler. „Und sie gehören zu den anpassungsfähigsten Säugetieren, die wir auf der Welt haben.“
Das hat ihnen auch geholfen, in Deutschland heimisch zu werden. Eigentlich kommen die Tiere mit der schwarzen Gesichtsmaske und dem geringelten Schwanz aus Nordamerika. Waschbären sind nicht selbst nach Deutschland ausgewandert.
Menschen haben sie hierher gebracht. „Seit der Entdeckung von Amerika war es üblich, Tiere von dort mitzubringen“, sagt Berit Michler. Sie erforscht seit vielen Jahren die Waschbären in Deutschland. „Man wollte damit die heimische Tierwelt bereichern.“
Man wollte noch etwas anderes: den Pelz. Vor etwa hundert Jahren war Pelz nämlich groß in Mode. „Statt die teuren Pelze aus Amerika zu kaufen, hat man die Tiere selber hierher geholt“, sagt die Fachfrau. Sie wurden hier ausgesetzt, um sie dann zu jagen und ihre Pelze etwa zu Mänteln zu verarbeiten.
Vor genau 90 Jahren wurden zwei Waschbär-Paare offiziell am Edersee in Hessen ausgewildert. „Die wurden mit Marschmusik feierlich entlassen“, sagt Berit Michler. „Man dachte damals erst, das hätte nicht geklappt, denn man hat die Jahre nicht wiedergesehen.“Erst viele Jahre später stellte man fest: Die haben sich vermehrt und ausgebreitet. „Damals war das mit der Pelz-Mode wieder vorbei“, sagt Berit Michler.
Mittlerweile leben fast überall in Deutschland Waschbären. Nicht alle stammen von den Pärchen am Edersee ab. Auch andere wurden ausgesetzt, etwa Tiere aus einer Pelztierfarm bei Berlin. „Und wir haben bei einer Umfrage herausgefunden: Es gibt kaum einen Zoo oder Tierpark in Deutschland, wo noch kein Waschbär frei gekommen ist. Das sind richtig gute Kletterer“, sagt Berit Michler. Trotzdem leben nordöstlich von Berlin und in der Gegend um den Edersee viele Waschbären. Dabei gibt es auch Streit um den Waschbären. Eine Sorge ist, dass er andere heimische Tiere frisst oder deren Nahrung wegfuttert. Berit Michler meint: „Als Allesfresser ist er nicht in der Lage, eine Art auszurotten.“Denn er ernähre sich immer von vielen verschiedenen Sachen. „Er nimmt aber immer das, was leicht und in großen Mengen vorhanden ist.“Jäger dürfen Waschbären erlegen. Aber es ist längst zu spät, die Tiere in Deutschland wieder auszurotten. „Wir haben einfach eine Tierart mehr in Deutschland“, sagt Berit Michler.