Sex, Lügen, Verrat – Trump vor Gericht
Donald Trump schreibt an diesem Montag Geschichte. Als erster Ex-USPräsident muss er sich vor einem Strafgericht verantworten – in einem äußerst pikanten Fall.
Es nützte am Ende alles nichts. Nach dem Scheitern des letzten Versuchs Donald Trumps, den Beginn der Hauptverhandlung zu stoppen, hat er an diesem Montag einen Ortstermin. Pünktlich um neun Uhr morgens muss sich der Angeklagte im „Manhattan Criminal Court“an der 100 Centre Street unweit der City Hall einfinden. Schauplatz des ersten und vielleicht einzigen der vier Strafprozesse gegen den Ex-Präsidenten vor den Präsidentschaftswahlen im November.
Statt Wahlkampf zu machen, wird der designierte Kandidat der Republikaner im Rennen um das Weiße Haus sich hier in 34 Anklagepunkten verteidigen müssen. Sein Erscheinen ist nicht optional, sondern gesetzlich verpflichtend. Wie bei seiner Haftvorführung bei Richter Juan Merchan im März vergangenen Jahres plant Trump, ein Spektakel daraus zu machen.
Damals verfolgten Kamerateams jeden Schritt des Ex-Präsidenten. Wie er von Dutzenden Beamten des „Secret Service“gut geschützt in einem schwarzen SUV vor dem imposanten Gerichtspalast vorfuhr, um dann mit grimmig-ernster Miene und kämpferisch ausgestreckter Faust in dem Gebäude zu
verschwinden.
Drinnen bleiben die Kameras auch dieses Mal aus. Transkripte der Verhandlungstage müssen beim stenografischen Dienst des Gerichts erstanden werden. Glücklich preisen darf sich, wer einen der wenigen Zuschauer-Plätze im Verhandlungsraum ergattern kann. Doch auch ohne Live-Übertragungen aus dem Gericht wird Amerika von diesem
Montag an für Wochen über kaum etwas anderes sprechen als diesen, von Chefankläger Alvin Bragg angestrebten, Prozess.
„Eigentlich ein langweiliger Aktenfall“, sagt die frühere Staatsanwältin Karen Friedman Agnifilo zur rechtlichen Substanz der Anklagen. Es geht um die Fälschung von Geschäftsunterlagen in Verbindung mit der Vertuschung einer anderen
Straftat. Sogenannte Vergehen der Kategorie „E“, die bei einem Schuldspruch durch die Jury mit bis zu maximal vier Jahren Gefängnis geahndet werden können.
In Manhattan sind solche Anklagen Routine. Seit 2013 brachte die Behörde des Chefanklägers fast 600 Fälle vor Gericht. „Das einzig Besondere an diesem Fall ist der Angeklagte, sonst nichts“, meint
Agnifilo gegenüber dem Guardian. Aus Sicht Trumps dagegen handelt es sich um eine politisch motivierte „Hexenjagd“, in der er sich als Opfer sieht.
Nach seiner Wahl ins Weiße Haus 2016 sorgte er selbst dafür, dass das Justizministerium ein Verfahren nach Bundesrecht gegen ihn einstellte. Die Bundesanwälte hatten gegen Trump wegen vertuschter Schweigegeld-Zahlungen in seiner mutmaßlichen
Affäre mit Stephanie Clifford ermittelt.
Auf der Zielgeraden des Wahlkampfs hatte die Pornodarstellerin, die unter dem Namen Stormy Daniels auftritt, für ihr Stillhalten 130 000 Dollar bekommen. Das Geld erhielt sie von seinem Hausanwalt Michael Cohen, der die Zahlung später als „Anwaltskosten“verschleiert zurückerstattet bekam. Diese setzte Trump nicht nur bei seinen Steuern ab, sondern machte damit auch eine unerlaubte Spende zu seinem eigenen Wahlkampf.
Trump ließ seinen „Fixer“über die Klinge springen. Cohen landete für die Straftaten im Gefängnis, die er in Auftrag gegeben hatte. Dass Cohen nun als Kronzeuge für Bragg auftritt, verspricht für sich genommen Drama.
Außerdem bietet der Chefankläger die Pornodarstellerin als Zeugin auf und das Playboy-Modell Karen McDougal, die ebenfalls eine Affäre mit Trump hatte. „Ich freue mich auf den Tag, an dem ich die Wahrheit sagen kann“, sagte Daniels in einem Interview mit ABC, wie sehr sie ihrem Auftritt entgegenfiebert.
Die Verteidigung hält Bragg vor, eine „neuartige“Rechtstheorie zu verfolgen. Der Chefankläger verknüpfte die Anklage nach Recht des Bundesstaats New York mit einem Tatbestand nach Bundesrecht. Dem Vernehmen nach fürchten Trump dennoch keinen Strafprozess mehr als diesen. Nicht weil ihm bei einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe im berüchtigten Gefängnis von Rikers erwartet, sondern wegen der öffentlichen Demütigung.
Vor den Augen von Millionen Amerikanern werden über die kommenden Wochen noch einmal die Sex-Affären, Lügen und Verrat an seinen Gefolgsleuten ausgebreitet, die Trump lieber vergessen machen wollte. Allein schon wegen Ehefrau Melania, die sich an seiner Seite zuletzt rar gemacht hatte.
Angesichts der fortgesetzten Angriffe auf die Prozessbeteiligten verpasste Richter Merchan dem Angeklagten einen Knebel. Und machte deutlich, dass er in seinem Gericht und außerhalb keine Eskapaden Trumps dulden werde. Der erste Test wartet an diesem Montag bei der Auswahl der Jury.
Die Anwälte des Ex-Präsidenten gaben bereits zu erkennen, dass sie das Verfahren in die Länge ziehen wollen. Auch wenn dies Wochen in Anspruch nehmen kann, wird das am Ende nicht eine Einsetzung der Jury und Präsentation der Fakten verhindern. Spätestens dann dürfte der ehemalige Reality-TV-Star froh sein, dass die Kameras im Jahrhundertprozess vor dem Manhattan Criminal Court ausbleiben.
Die Anwälte des Ex-Präsidenten gaben bereits zu erkennen, dass sie das Verfahren in die Länge ziehen wollen.