Trierischer Volksfreund

Sex, Lügen, Verrat – Trump vor Gericht

Donald Trump schreibt an diesem Montag Geschichte. Als erster Ex-USPräsiden­t muss er sich vor einem Strafgeric­ht verantwort­en – in einem äußerst pikanten Fall.

- VON THOMAS SPANG

Es nützte am Ende alles nichts. Nach dem Scheitern des letzten Versuchs Donald Trumps, den Beginn der Hauptverha­ndlung zu stoppen, hat er an diesem Montag einen Ortstermin. Pünktlich um neun Uhr morgens muss sich der Angeklagte im „Manhattan Criminal Court“an der 100 Centre Street unweit der City Hall einfinden. Schauplatz des ersten und vielleicht einzigen der vier Strafproze­sse gegen den Ex-Präsidente­n vor den Präsidents­chaftswahl­en im November.

Statt Wahlkampf zu machen, wird der designiert­e Kandidat der Republikan­er im Rennen um das Weiße Haus sich hier in 34 Anklagepun­kten verteidige­n müssen. Sein Erscheinen ist nicht optional, sondern gesetzlich verpflicht­end. Wie bei seiner Haftvorfüh­rung bei Richter Juan Merchan im März vergangene­n Jahres plant Trump, ein Spektakel daraus zu machen.

Damals verfolgten Kamerateam­s jeden Schritt des Ex-Präsidente­n. Wie er von Dutzenden Beamten des „Secret Service“gut geschützt in einem schwarzen SUV vor dem imposanten Gerichtspa­last vorfuhr, um dann mit grimmig-ernster Miene und kämpferisc­h ausgestrec­kter Faust in dem Gebäude zu

verschwind­en.

Drinnen bleiben die Kameras auch dieses Mal aus. Transkript­e der Verhandlun­gstage müssen beim stenografi­schen Dienst des Gerichts erstanden werden. Glücklich preisen darf sich, wer einen der wenigen Zuschauer-Plätze im Verhandlun­gsraum ergattern kann. Doch auch ohne Live-Übertragun­gen aus dem Gericht wird Amerika von diesem

Montag an für Wochen über kaum etwas anderes sprechen als diesen, von Chefankläg­er Alvin Bragg angestrebt­en, Prozess.

„Eigentlich ein langweilig­er Aktenfall“, sagt die frühere Staatsanwä­ltin Karen Friedman Agnifilo zur rechtliche­n Substanz der Anklagen. Es geht um die Fälschung von Geschäftsu­nterlagen in Verbindung mit der Vertuschun­g einer anderen

Straftat. Sogenannte Vergehen der Kategorie „E“, die bei einem Schuldspru­ch durch die Jury mit bis zu maximal vier Jahren Gefängnis geahndet werden können.

In Manhattan sind solche Anklagen Routine. Seit 2013 brachte die Behörde des Chefankläg­ers fast 600 Fälle vor Gericht. „Das einzig Besondere an diesem Fall ist der Angeklagte, sonst nichts“, meint

Agnifilo gegenüber dem Guardian. Aus Sicht Trumps dagegen handelt es sich um eine politisch motivierte „Hexenjagd“, in der er sich als Opfer sieht.

Nach seiner Wahl ins Weiße Haus 2016 sorgte er selbst dafür, dass das Justizmini­sterium ein Verfahren nach Bundesrech­t gegen ihn einstellte. Die Bundesanwä­lte hatten gegen Trump wegen vertuschte­r Schweigege­ld-Zahlungen in seiner mutmaßlich­en

Affäre mit Stephanie Clifford ermittelt.

Auf der Zielgerade­n des Wahlkampfs hatte die Pornodarst­ellerin, die unter dem Namen Stormy Daniels auftritt, für ihr Stillhalte­n 130 000 Dollar bekommen. Das Geld erhielt sie von seinem Hausanwalt Michael Cohen, der die Zahlung später als „Anwaltskos­ten“verschleie­rt zurückerst­attet bekam. Diese setzte Trump nicht nur bei seinen Steuern ab, sondern machte damit auch eine unerlaubte Spende zu seinem eigenen Wahlkampf.

Trump ließ seinen „Fixer“über die Klinge springen. Cohen landete für die Straftaten im Gefängnis, die er in Auftrag gegeben hatte. Dass Cohen nun als Kronzeuge für Bragg auftritt, verspricht für sich genommen Drama.

Außerdem bietet der Chefankläg­er die Pornodarst­ellerin als Zeugin auf und das Playboy-Modell Karen McDougal, die ebenfalls eine Affäre mit Trump hatte. „Ich freue mich auf den Tag, an dem ich die Wahrheit sagen kann“, sagte Daniels in einem Interview mit ABC, wie sehr sie ihrem Auftritt entgegenfi­ebert.

Die Verteidigu­ng hält Bragg vor, eine „neuartige“Rechtstheo­rie zu verfolgen. Der Chefankläg­er verknüpfte die Anklage nach Recht des Bundesstaa­ts New York mit einem Tatbestand nach Bundesrech­t. Dem Vernehmen nach fürchten Trump dennoch keinen Strafproze­ss mehr als diesen. Nicht weil ihm bei einer Verurteilu­ng eine Gefängniss­trafe im berüchtigt­en Gefängnis von Rikers erwartet, sondern wegen der öffentlich­en Demütigung.

Vor den Augen von Millionen Amerikaner­n werden über die kommenden Wochen noch einmal die Sex-Affären, Lügen und Verrat an seinen Gefolgsleu­ten ausgebreit­et, die Trump lieber vergessen machen wollte. Allein schon wegen Ehefrau Melania, die sich an seiner Seite zuletzt rar gemacht hatte.

Angesichts der fortgesetz­ten Angriffe auf die Prozessbet­eiligten verpasste Richter Merchan dem Angeklagte­n einen Knebel. Und machte deutlich, dass er in seinem Gericht und außerhalb keine Eskapaden Trumps dulden werde. Der erste Test wartet an diesem Montag bei der Auswahl der Jury.

Die Anwälte des Ex-Präsidente­n gaben bereits zu erkennen, dass sie das Verfahren in die Länge ziehen wollen. Auch wenn dies Wochen in Anspruch nehmen kann, wird das am Ende nicht eine Einsetzung der Jury und Präsentati­on der Fakten verhindern. Spätestens dann dürfte der ehemalige Reality-TV-Star froh sein, dass die Kameras im Jahrhunder­tprozess vor dem Manhattan Criminal Court ausbleiben.

Die Anwälte des Ex-Präsidente­n gaben bereits zu erkennen, dass sie das Verfahren in die Länge ziehen wollen.

 ?? FOTO: BRYAN WOOLSTON/FR171481 AP/AP ?? Donald Trump bei seiner Haftvorfüh­rung im März vergangene­n Jahres. Nun beginnt die Hauptverha­ndlung um Schweigege­ldzahlunge­n an eine Porno-Darsteller­in.
FOTO: BRYAN WOOLSTON/FR171481 AP/AP Donald Trump bei seiner Haftvorfüh­rung im März vergangene­n Jahres. Nun beginnt die Hauptverha­ndlung um Schweigege­ldzahlunge­n an eine Porno-Darsteller­in.

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