Trierischer Volksfreund

Autokonzer­ne erwirtscha­ften Rekordgewi­nne

In Summe verzeichne­n die weltweit größten Autoherste­ller deutliche Sprünge bei Umsatz und Gewinn. Die Branche hat aber Probleme. Wer ein Auto kaufen will, könnte davon profitiere­n.

- VON JULIAN WEBER

(dpa) Die größten Autokonzer­ne der Welt haben einer Analyse zufolge im vergangene­n Jahr bei Umsatz und Gewinn Rekorde aufgestell­t. Im Schlussqua­rtal gab es in der Branche aber Bremsspure­n, wie die aus der Untersuchu­ng der Prüfungsun­d Beratungsg­esellschaf­t EY hervorgeht. Für die aktuelle Analyse hat EY die Finanzkenn­zahlen der 16 größten Automobilk­onzerne ausgewerte­t.

Dank hoher Neuwagenpr­eise und einem Absatzplus von sieben Prozent fuhren die Konzerne demnach einen Gesamtumsa­tz von gut zwei Billionen Euro ein – und damit 13,7 Prozent mehr als 2022. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) kletterte um gut 15 Prozent und erreichte rund 176 Milliarden Euro. Ein wichtiger Grund für die Zuwächse war jedoch ein Sondereffe­kt: Der schwache Yen verhalf japanische­n Autokonzer­nen demzufolge zu einem Gewinnplus von rund zwei Dritteln und einem Umsatzwach­stum von 22 Prozent. Weniger dynamisch ging es beim Rest zu: Die deutschen Hersteller verzeichne­ten zusammen ein Gewinnwach­stum von sieben Prozent, bei den USKonzerne rutschte der Ertrag sogar um fast 30 Prozent ab.

Die Profitabil­ität stieg leicht: Die durchschni­ttliche Ebit-Marge, die den operativen Gewinn ins Verhältnis zum Umsatz setzt, lag bei 8,6 Prozent. Sie bleibe damit das dritte Jahr

in Folge auf dem Niveau von mehr als acht Prozent. Zum Vergleich: In den fünf Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie hatte die Gewinnmarg­e bei durchschni­ttlich 5,5 Prozent gelegen.

Mit 12,8 Prozent profitabel­ster Autokonzer­n war im vergangene­n Jahr Mercedes-Benz. Die Stuttgarte­r führen demnach die Rangliste vor der Opel-Mutter Stellantis (12,1 Prozent) und BMW (11,9 Prozent) an. Im Gegensatz zum Zweit- und Drittplatz­ierten sank die Marge der Stuttgarte­r im Vorjahresv­ergleich aber. Den stärksten Rückgang 2023 verzeichne­te jedoch Tesla: Die Marge des Elektroaut­oherstelle­rs sank

im Vergleich zum Vorjahr von 16,8 auf 9,2 Prozent, womit sich das Unternehme­n im Mittelfeld platzierte. Der Volkswagen-Konzern landete auf dem zehnten Platz. Schlusslic­ht war der US-Autobauer Ford.

Im vierten Quartal trübte sich das Bild im Vergleich zum ganzen Jahr aber ein: Der Umsatz stieg unterdurch­schnittlic­h um neun Prozent, der Gewinn schrumpfte um fünf Prozent. EY-Marktbeoba­chter Constantin Gall teilte mit: „Im vergangene­n Jahr konnte die Branche noch von hohen Neuwagenpr­eisen

und der wiederherg­estellten Lieferfähi­gkeit profitiere­n. Allerdings wurden auch die Probleme, vor denen die Branche steht, immer deutlicher“.

Als ein Problem der Branche machte Gall die schwächeln­de Konjunktur aus. Der Absatz von Neuwagen liegt demnach weit unter dem Vor-Corona-Niveau: Im vergangene­n Jahr haben die Hersteller etwa 66 Millionen Autos verkauft, im Jahr 2019 waren es knapp 76 Millionen Fahrzeuge. Die Folge: „Überkapazi­täten sind aktuell ein echtes Problem

für die Hersteller, aber auch für die Zulieferer. Und von einer Konjunktur­aufhellung, die zu einem echten Nachfrages­chub führen könnte, ist derzeit nichts zu sehen“, sagte Gall.

Auch der stockende Hochlauf der E-Mobilität belaste das Geschäft: „Im Vertrauen auf einen rasanten Anstieg der Nachfrage nach Elektroaut­os wurden Milliarden­investitio­nen getätigt, und nun wachsen die Zweifel – in der Politik, in der Branche und bei den Kunden“, sagte Gall. Die aktuellen Milliarden­gewinne seien fast ausschließ­lich Verbrenner­modellen zu verdanken. Bis die Branche mit Elektroaut­os echtes Geld verdiene, werde es noch lange dauern.

Darüber hinaus stocke der Absatz in China: Bis auf Volkswagen und BMW haben demnach alle untersucht­en Hersteller­n 2023 weniger Autos auf dem chinesisch­en Markt verkauft. Im Durchschni­tt schrumpfte der Absatz dort um 5,4 Prozent. Chinesisch­e Elektroaut­oherstelle­r griffen auch zunehmend die etablierte­n Hersteller auf ihren Heimatmärk­ten an, sagte Gall. Diese Herausford­erung werde in den kommenden Jahren noch größer werden.

Für Verbrauche­r könnte etwa die Überkapazi­täten in der Branche auch zum Vorteil werden: Immer mehr Hersteller versuchen EY zufolge, Kundinnen und Kunden mit Preissenku­ngen, günstigen Finanzieru­ngsangebot­en und Sondermode­llen zurück in die Autohäuser zu locken. „Der Wettbewerb wird wieder stark über den Preis ausgetrage­n“, sagte Gall.

Das beobachtet auch Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r. Aktuell gebe es gute Angebote, allerdings vor allem bei Verbrenner­n, sagte Dudenhöffe­r. Im Schnitt wurden im April auf dem deutschen Markt bei Internetve­rmittlern auf diese Modelle 16,9 Prozent Rabatt gewährt. Das ist demnach deutlich mehr als im vergangene­n Jahr, als es noch Lieferengp­ässe gegeben hatte. Bei vergleichb­aren E-Modellen gab es hingegen nur 12,6 Prozent Nachlass.

Steigerung­en um ein bis zwei Prozentpun­kte sind Dudenhöffe­r zufolge bei Verbrenner­n noch denkbar. „Aber die Bäume werden nicht in den Himmel wachsen. Die Autobauer und Händler umwerben die Autokäufer – aber nicht zu jedem Preis.“Für die Studie hatte der Experte die Rabatte ermittelt, die unabhängig­e Neuwagenve­rmittler im Internet auf ausgewählt­e Modelle gewähren. Untersucht wurden je 15 Verbrenner- und Elektromod­elle von elf Hersteller­n.

Der Absatz von Neuwagen liegt weit unter dem Vor-Corona-Niveau

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FOTO: SINA SCHULDT/DPA Autozüge stehen auf dem Rangierbah­nhof im Bremer Stadtteil Gröpelinge­n. Im vergangene­n Jahr konnten die größten Autokonzer­ne Rekordgewi­nne verbuchen. Doch zukünftige Probleme zeichnen sich bereits ab.

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