Wo sollen die Geflüchteten im Kreis unterkommen?
Obwohl die Zahlen ab Mai steigen sollen, findet der Kreis Trier-Saarburg keinen Platz für eine Sammelunterkunft für Geflüchtete. Damit hat er dasselbe Problem wie die Landesregierung. Doch gibt es auch eine Lösung?
Krieg, Natur- und Umweltkatastrophen, Hunger, Wasserknappheit und Armut. Es gibt etliche Gründe, warum Millionen Menschen ihre Heimatländer verlassen und nach einer besseren Zukunft suchen. Viele von ihnen landen in Deutschland und letztlich auch im Kreis Trier-Saarburg (siehe Info). Viele wollen oder müssen dort auch bleiben. Deshalb ist zuletzt der Wohnraum knapp geworden. Obwohl der Kreis Trier-Saarburg dafür fünf Millionen Euro in den Haushalt eingeplant hat, fehlen die Flächen zur Errichtung einer neuen Sammelunterkunft. Das ist die Ausgangslage, mit der sich der rheinland-pfälzische Staatssekretär Janosch Littig (Integrationsministerium/Bündnis 90/Die Grünen) im jüngsten Kreisausschuss konfrontiert sieht.
Hohe Belegung und Grundstücke Landrat Stefan Metzdorf wählt ein Bild, um die Situation zu schildern: „Wenn ein nasser Schwamm vollgesogen mit Wasser ist, kann er nicht mehr aufnehmen.“Wegen des akuten Wohnraummangels sei der Kreis auf die Verbandsgemeinden zugegangen, um dort um Unterstützung zu bitten. Hermeskeil und Konz seien zunächst außen vor. Hermeskeil wegen der Erstaufnahmeeinrichtung (Afa) mit bis zu 1600 Bewohnern und Konz wegen der Sammelunterkunft, in der bei voller Belegung bis zu 284 Menschen sechs Monate lang nach
keine neuen
Zuweisung in den Kreis leben sollen. Die angebotenen Grundstücke der anderen seien jedoch zum Bau einer größeren Unterkunft nicht geeignet, erläutert der Landrat. Es seien keine Flächen mehr verfügbar. „Wie stehen Sie insgesamt zu der Entwicklung?“, fragt er den Staatssekretär.
Eine für die Kommunen befriedigende Antwort liefert Littig nicht. „Die Probleme, die die kommunale Familie im Kleineren hat, haben wir als Land genauso. Auch wir finden keine Liegenschaften mehr“, sagt er. Zuletzt habe das Land die Afa-Kapazitäten mehr als verdoppelt auf 7600 Plätze. Dadurch bleibe die Zahl der auf die verschiedenen Kommunen zu verteilenden Geflüchteten stabil. Auch die Zeiträume, die Geflüchtete in den Afa verbringen, seien länger geworden. Die Kommunen bekämen so mehr Planungssicherheit. „Wir haben eigentlich noch vor, weitere
Kapazitäten zu schaffen“, führt Littig weiter aus. Aber: „Sobald die Politik vor Ort das mitbekommt, formiert sich der Widerstand.“Deshalb prüfe das Land, Kapazitäten durch weitere Thermohallen an anderen Standorten zu schaffen.
Neue Aufnahmeeinrichtung im Norden von Rheinland-Pfalz?
Bernhard Henter (CDU) und andere im Ausschuss betonen, dass es aus ihrer Sicht unfair ist, dass das Land die meisten Afa-Kapazitäten in der Region Trier geschaffen hat. In Trier, Hermeskeil, Bitburg und Bernkastel-Kues sind mehr als die Hälfte derjenigen untergebracht, die neu in Rheinland-Pfalz ankommen. Weitere Landeseinrichtungen gibt es nur noch in Kusel und Speyer. Littig versteht die Argumentation. Er sagt deshalb: „Sollte ich einen neuen Afa-Standort finden, wird der definitiv nicht mehr im Westen sein.“Er habe großes Interesse an einer Afa im Norden des Landes. Damit meint er die Region Westerwald/Koblenz.
Wie schwer es gerade für die Kommunen in der Region Trier ist, Wohnraum zu finden, erläutern die Verantwortlichen aus verschiedenen Verbandsgemeinden: Jürgen Dixius (Saarburg-Kell), Michael Holstein ( Trier-Land) und Stephanie Nickels (Ruwer). Dixius beschreibt das Bevölkerungswachstum durch den luxemburgischen Arbeitsmarkt und den dadurch steigenden Druck auf den Wohnungsmarkt in Grenznähe, der zusätzlich zu dem durch die Geflüchteten entstehe. Die Geflüchteten, die das Land nicht mehr in der
Afa-Statistik führe, hätten die Kommunen aufgenommen. Sie lebten in den Wohnungen, die dort gefunden worden seien. „So hat sich der Topf der verfügbaren Wohnungen absolut gefüllt, und es sind keine mehr verfügbar“, sagt Dixius. Zudem sei die Bauaktivität zurückgegangen wegen der Preissteigerungen im Baugewerbe.
Endgültige Antworten Nickels und Holstein beschreiben die Lage ähnlich. „Wir sind in den Gemeinden an einem Punkt, wo wir nicht mehr weiter können“, sagt Nickels. Holstein weist darauf hin, dass die Mitarbeiter, die nach Wohnraum suchten, ausgebrannt seien. Er beklagt zusätzlich überbordende Regelungen und Gesetze, die das Erschließen neuen Wohnraums noch schwerer machten. „Was empfiehlt uns die Landesregierung, wenn ich keinen Wohnraum mehr finden?“, fragt er. Metzdorf spitzt die Frage noch einmal zu: „Was ist, wenn wir uns abmelden, weil es nicht mehr geht?“
Littig hat darauf keine Antwort. „So wie sich ein Landkreis nicht abmelden kann, kann ich auch das Land nicht abmelden“, sagt er. Die staatlichen Ebenen sollten zusammenarbeiten. Die Mitarbeiter des Landes hätten auf einer anderen Ebene exakt die gleichen Probleme wie die der Kommunen. Und er trage die Probleme des Landes und der Kommunen weiter an den Bund. „Ich habe auch keinen Spaß daran, 2000 Menschen in Speyer oder 1600 Menschen in Hermeskeil
fehlen
zusammenzupferchen“, sagt er. Und dann wiederholt er, womit die Debatte angefangen hat. „Wir brauchen Gemeinschaftsunterkünfte – es wird nicht anders gehen.“Das betone er seit acht Monaten in jedem Schreiben an die Kommunen.