Trierischer Volksfreund

Glücklich verheirate­t: Nonne und Mönch

Sie war früher Nonne, er war 40 Jahre lang Mönch. Beide treffen sich erst im Alter. Eine ungewöhnli­che Liebesgesc­hichte.

- VON MONA WENISCH, DPA Produktion dieser Seite: Alexander Schumitz

„Der ist aber alt.“Das war Beate Heinens erster Gedanke, als sie Bruder Ulrich zum ersten Mal sah, daran erinnert sie sich auch heute noch gut. Die frühere Nonne war damals selbst 65 Jahre alt, der Mönch der Franziskan­erbrüder 53 Jahre. Doch weder das Alter noch religiöse Regeln konnten die beiden von einem gemeinsame­n Leben abhalten: Aus der ehemaligen Nonne und dem Mönch wurde ein Ehepaar.

Die Geschichte der beiden begann mit einem Treffen: Vor 15 Jahren wollte Bruder Ulrich die Künstlerin Beate für ein Dialoggesp­räch im Kloster begeistern und kam bei ihr zu Hause in Wassenach (Landkreis Ahrweiler) vorbei. „Die Absicht war, sie zu gewinnen, nicht für mich persönlich, sondern für diesen Dialognach­mittag und -abend im Kloster“, erinnert sich der heute 68-Jährige.

Beate Heinen hinterließ bleibenden Eindruck – und umgekehrt. Eigentlich habe sie etwas kürzertret­en, sich nicht mehr viel mit Männern abgeben und „an ihrem Heiligensc­hein arbeiten“wollen, sagt sie. Aber nach dem Abend im Kloster habe sie sich mit ihrer Tochter unterhalte­n. „Meine Tochter, die hat mir zugehört und dann hat sie gesagt: ‚Mama, du bist verliebt'.“

Doch noch ist Ulrich Heinen im Kloster, und eine Beziehung nicht denkbar. Es entwickelt sich eine enge Freundscha­ft: Die beiden treffen sich für Ausstellun­gen und Gespräche über Kunst, fahren irgendwann sogar zusammen in den Urlaub. Beate Heinen ist sich früh sicher, dass es mehr als Freundscha­ft ist. „Du warst ja auch frei“, sagt Ulrich Heinen heute zu seiner mittlerwei­le 80 Jahre alten Frau.

Das war allerdings nicht immer so. Beate Heinen war früher Nonne bei den Benediktin­erinnen, eingetrete­n mit gerade mal 18 Jahren, wie sie erzählt. Doch das weltliche und eigenständ­ige Leben ziehen sie nach draußen. Nach rund zehn Jahren tritt sie aus – aus Liebe zur Kunst.

Doch bis Ulrich Heinen denselben Schritt – aus Liebe zu Beate – wagen würde, sollte es nach ihrer ersten Begegnung noch einige Zeit dauern. 1977 war er in die Gemeinscha­ft der Franziskan­erbrüder eingetrete­n. Die Entscheidu­ng zwischen seinem bekannten Leben im Kloster, mit Verantwort­ung für die Gemeinscha­ft, und einem neuen Leben als Ehemann, fiel ihm schwer. „Dieses Ringen, das konnte ich natürlich nicht öffentlich in der Gemeinscha­ft thematisie­ren“, sagt er. „Und dann hat es elf Jahre gedauert, bis ich dann wirklich die Gemeinscha­ft auch verlassen habe.“

Die Reaktionen waren teils hart. „Ich habe ja nicht alles gehört, was die Brüder gedacht und gesagt haben“, sagt Ulrich Heinen. Sie hätten meist mit Enttäuschu­ng und Unverständ­nis reagiert. Sein Bruder habe sogar für ihn gebetet. „Als ob es eine Krankheit wäre“, sagt Beate Heinen.

Doch die Liebe ist größer: Aus Bruder Ulrich wird Ehemann Ulrich. 2020 heiraten die beiden. Die Heirat auf dem Standesamt findet während der Corona-Pandemie statt, im kleinen Kreis. Aber bei der kirchliche­n Trauung drei Jahre später sind beide Familien dabei. Eine kirchliche Trauung sei kein Problem gewesen, da Beate Heinen noch nie verheirate­t gewesen sei und Ulrich Heinen keine Weihe, etwa als Priester, abgelegt habe. „Jetzt bin ich zufrieden, ich bin glücklich“, sagt der 68-Jährige.

Ihre Beziehung zur Religion habe sich verändert, aber nicht verschlech­tert, sagen die ehemalige Nonne und der ehemalige Mönch. „Also für mich ist jetzt eine größere Freiheit noch mal gewachsen“, sagt Ulrich Heinen. „Gott ist nicht der, der sagt: ‚Das geht und das geht nicht.` Sondern er lässt uns immer die Freiheit, zu entscheide­n.“Das helfe ihm auch in seiner jetzigen Arbeit als Kunstthera­peut.

Beate und Ulrich Heinen mussten einige Hürden überwinden, um ihre Liebe leben zu können. Als sie sich trafen, waren beide nicht mehr jung. „Wir wissen ja darum, dass es nur eine begrenzte Zeit ist, die wir miteinande­r haben werden“, sagt Ulrich Heinen. Das störe aber beide nicht. Seine Frau ist sich sicher: „Ohne ihn könnte ich nicht leben.“

Ihre gemeinsame­n Erfahrunge­n verarbeite­ten sie auch in dem Buch „Wenn Nonne und Mönch die Liebe finden“, das sie gemeinsam mit der Autorin Heidi Friedrich geschriebe­n haben. Das Buch enthält zahlreiche Kunstwerke von Beate Heinen.

Auch ihr Haus in Wassenach ist voll mit Bildern, Zeichnunge­n und Kunstwerke­n. Ulrich Heinen hilft seiner Frau beim Aussuchen der Farben oder dem Aufstellen der Staffelei und der Leinwände. Die Kunst ist ein wichtiger Bestandtei­l ihrer Leben. Wenn Beate Heinen wegen eines Schlaganfa­lls vor einigen Jahren nach Worten sucht, ist ihr Mann geduldig und hilft ihr, sie zu finden. Auch den Garten hinter dem Haus pflegen sie noch gemeinsam. Der ehemalige Mönch und die ehemalige Nonne haben ihren weltlichen Alltag gemeinsam gefunden.

Neben dem Leben als Ehemann ist nach seinem Austritt noch etwas in Ulrich Heinens Leben gekommen, mit dem er nach 40 Jahren im Kloster eigentlich nicht mehr gerechnet hat: Die Enkelkinde­r von Beate Heinen, die nun auch seine sind. Zu Hause, vor der Zeit im Kloster, sei er immer der Uli gewesen, später dann immer der Bruder Ulrich, erinnert er sich. „Und dann sind da auf einmal so Attribute wie Opa oder Ehemann“, sagt er. „Das ist was ganz anderes noch mal. Das fühlt sich auch so warm und so nah an.“

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FOTO: THOMAS FREY/DPA Beate und Ulrich Heinen arbeiten gemeinsam im Garten. Der ehemalige Franziskan­ermönch und die ehemalige Benediktin­erin sind seit mehr als drei Jahren verheirate­t.

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