Trierischer Volksfreund

Arabische Staaten wollen weitere Konfrontat­ion verhindern

- VON THOMAS SEIBERT Produktion dieser Seite: Martin Wittenmeie­r Lucas Hochstein

Israels Regierung will nach dem iranischen Angriff ein regionales Bündnis gegen Teheran schmieden, doch die arabischen Staaten sind skeptisch. Sie wollen vor allem einen neuen Krieg verhindern und sich nicht in die Konfrontat­ion zwischen Israel und dem Iran hineinzieh­en lassen. Dazu wollen sie Druck auf den Iran machen, aber auch Israel von einer übertriebe­n harten Reaktion auf den iranischen Angriff abhalten.

Arabische Staaten leiden wirtschaft­lich seit Ausbruch des Gazaim Oktober unter dem Konflikt in der Region: Die Touristen bleiben weg, was Staaten wie Jordanien und Ägypten hart trifft. Wichtige Handelsrou­ten wie die Schifffahr­tswege durch das Rote Meer und den Persischen Golf sind unsicher geworden. Diese Probleme sind aber noch nichts gegen die Katastroph­e, die ein Krieg zwischen dem Iran und Israel für alle Nahost-Länder bedeuten würde. Deshalb arbeiten die Araber nach dem iranischen Angriff auf Israel daran, die Spannungen abzubauen.

Israels Verteidigu­ngsministe­r Yoav Gallant sagte, es gebe die Chance für eine „strategisc­he Allianz gegen die iranische Bedrohung“. Arabische Länder hätten Israel bei der Abwehr des iranischen Angriffs geholfen, erklärte Amos Yadlin, ein ehemaliger Direktor des israelisch­en Militärgeh­eimdienste­s. Die Araber wüssten, dass die Region gegen den Iran zusammenst­ehen müsse – „sonst sind sie als nächste an der Reihe“, schrieb Yadlin auf X, früher Twitter.

Jordanien schickte Kampflugze­uge, die zusammen mit Jets aus Israel, den USA, Frankreich und Großbritan­nien die iranischen Raketen und Drohnen auf ihrem Weg nach Israel abfingen. Während des iranischen Angriffs in der Nacht zum Sonntag seien Drohnen abgeschoss­en

worden, die den jordanisch­en Luftraum durchquert hätten, erklärte die Regierung von Jordanien, das seit 1994 einen Friedensve­rtrag mit Israel hat. Jordanien will seine Haltung aber nicht als Parteinahm­e für Israel verstanden wissen. Wenn israelisch­e Drohnen über Jordanien auftauchen sollten, würden auch diese abgeschoss­en, erklärte Ministerpr­äsident

Ayman Safadi.

Neben Jordanien habe es noch andere arabische Partner bei der Abwehr des iranischen Angriffs gegeben, zitierte die Nachrichte­nagentur AP israelisch­e Regierungs­vertreter. Welche Staaten das gewesen sein sollen, wurde aber nicht mitgeteilt. Auch die US-Regierung wollte dazu nichts sagen.

Jordanien ist bisher der einzige arabische Staat, der seine Beteiligun­g bestätigt hat. Die arabische Führungsma­cht Saudi-Arabien rief die Konfliktpa­rteien zur „maximaler Zurückhalt­ung“auf, „um der Region und ihren Völkern die Gefahr eines Krieges zu ersparen“. Andere Staaten äußerten sich ähnlich. Arabische Spitzenpol­itiker sprachen nach dem iranischen Angriff darüber, wie die „Risiken der Eskalation“zu stoppen seien, wie saudische Staatsmedi­en nach einem Telefonat von Thronfolge­r Mohammed bin Salman mit dem irakischen Ministerpr­äsidenten Mohammed al-Sudani meldeten. Saudische und andere arabische Politiker telefonier­ten zudem mit iranischen Regierungs­vertretern.

Den arabischen Staaten gehe es weniger darum, Bündnisse mit Israel und den USA neu zu beleben, sagt Julien Barnes-Dacey, Leiter des Nahost-Programms bei der europäisch­en Denkfabrik ECFR. „Es geht eher darum, eine Eskalation in der ganzen Region mit vernichten­den Folgen für alle zu verhindern“, sagte Barnes-Dacey unserer Zeitung.

Arabische Regierunge­n dürften nach der iranisch-israelisch­en Eskalation froh sein, dass sie ihre Beziehunge­n zum Iran in den vergangene­n Jahren verbessert und sich nicht auf ein enges Bündnis mit Israel festgelegt haben, meint Paul Salem, Leiter des Nahost-Instituts MEI in Washington. Katar und Kuwait haben es den USA laut Medienberi­chten verboten, Stützpunkt­e in ihren Ländern für mögliche Gegenangri­ffe auf den Iran zu nutzen.

Israels Plan einer anti-iranischen Front hat deshalb wenig Chancen auf Erfolg. Arabische Staaten werden zwar mit Israel im Gespräch bleiben. Nahost-Experte Barnes-Dacey erwartet aber, dass die Araber auch weiterhin mit Teheran reden werden. Katar und Oman fungierten bereits bisher als Vermittler zwischen dem Iran und dem Westen. Katar versucht zusammen mit Ägypten, Israel und die Hamas zu einer Waffenruhe in Gaza zu bewegen.

 ?? FOTO: JACQUELYN MARTIN/AP ?? Israels Verteidigu­ngsministe­r Yoav Gallant (2. von links) hofft auf eine „strategisc­he Allianz gegen die iranische Bedrohung“.
FOTO: JACQUELYN MARTIN/AP Israels Verteidigu­ngsministe­r Yoav Gallant (2. von links) hofft auf eine „strategisc­he Allianz gegen die iranische Bedrohung“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany