Historischer Prozess gegen früheren US-Präsidenten gestartet
Trump muss sich vor einem Strafgericht wegen als Anwaltskosten verschleierter Schweigegeld-Zahlungen an einen Pornostar im Wahlkampf 2016 verantworten.
Donald Trump holt noch einmal tief Luft, bevor er mit finsterer Miene auf der 15. Etage des Manhattan Criminal Court vor die Kameras tritt. An seiner Seite Verteidiger Todd Blanche, der nicht minder ernst vor sich hinstarrt, während der Angeklagte schwere Vorwürfe gegen die unabhängige Justiz und US-Präsident Joe Biden erhebt.
„Das ist politische Verfolgung“, beschwert sich Trump vor Beginn der Hauptverhandlung in dem Jahrhundertprozess von New York. Diese sei von einem „inkompetenten Mann, der dieses Land führt“eingefädelt worden. „Jeder Rechtsexperte“stimme darin überein, dass dieser Fall „Unsinn“sei. Er hätte niemals zur Anklage gebracht werden dürfen. Sprach es, drehte sich um, ignorierte Reporterfrage und schritt gebeugt Richtung Saal 1530 in dem imposanten Gerichtspalast im Herzen Manhattans.
Im Gerichtssaal hörte die Show auf. Kameras müssen draußen bleiben. Audio wird auch nicht übertragen. Trump kauert in seinem ikonischen blauen Anzug, unter dem er ein weißes Hemd und eine rote Krawatte trägt, auf der Anklagebank. Gegen zehn Uhr eröffnet der Gerichtsdiener den Fall „Das Volk des Staates New York gegen Donald J. Trump“.
Auch Chefankläger Alvin Bragg und sein Team sind im Saal, der sich mit Zuschauern gefüllt hat. Nicht gekommen ist Ehefrau Melania, für die der Prozess besonders unangenehm ist. Schließlich geht es auch um die SexAffären ihres Mannes vor und nach der Geburt ihres Sohnes Barron.
Richter Juan Merchan stellte zum Auftakt der Hauptverhandlung klar, dass er nicht wegen Befangenheit von dem Prozess zurücktreten werde. Dafür gebe es keinen Grund. Dann verkündete er den Fahrplan für den Prozess. Mit Ausnahme des PassoverFeiertags werde das Gericht an vier bis fünf Tagen in der Woche tagen. Das sind schlechte Nachrichten für
Trump, der als Angeklagter während aller Verhandlungstage präsent sein muss.
Während der folgenden Formalien erweckte Trump bei Beobachtern im
Gerichtssaal den Eindruck, einzunicken. Umso aktiver war sein Wahlkampfteam, das parallel zum Auftakt der Verhandlung einen Spendenaufruf verschickte. Sehr zum Verdruss der Verteidiger erlaubte Merchan, dass die Staatsanwaltschaft als Beweis für ihren Fall die Rolle des Boulevardblatts National Enquirer einbringen darf.
Experten sagen, die Fakten seien ziemlich klar gelagert. Als drohte, dass auf dem Höhepunkt des Wahlkampfs Affären mit der Sexdarstellerin Stormy Daniels und dem Playboy-Modell Karen McDougal auffliegen könnte, fädelte er Schweigegeldzahlungen ein. Im Fall Daniels zahlte sein Hausanwalt Michael Cohen 130 000 Dollar, die er später in zwölf Tranchen erstattet bekam. Trump deklarierte sie als Anwaltskosten und setzte sie von der Steuer ab. Bei McDougal half der Herausgeber des National Enquirer, David Pecker, der die Rechte an der
Geschichte des Modells kaufte und diese dann verschwinden ließ.
Rechtlich strittig ist allein die Frage, ob die Chefankläger den Verstoß gegen das Wahlkampfgesetz des Bundes in einem Prozess nach New Yorker Recht bemühen dürfen. Ansonsten kann Trump nur darauf hoffen, mindestens einen Geschworenen zu finden, der ihn nicht in den 34 Anklagepunkten schuldig spricht. Entsprechend lange dürfte die Auswahl der Jury dauern. Mehr als 6000 New Yorker erhielten Aufforderungen, bei Bedarf vor Gericht zu erscheinen.
Das Auswahlverfahren sollte später am Montag beginnen und dürfte mindestens eine Woche dauern, vermutlich länger. Dann ist die Staatsanwaltschaft an der Reihe, ihre Anklage zu beweisen. Vor den Schlussplädoyers hat die Verteidigung das Wort.