Besteuerung wohl rechtens
Die Besteuerung der Überstunden war nach dem alten Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Luxemburg nicht möglich. Erst die Änderung vom Juli 2023 hat dazu geführt. Denn hier hat die luxemburgische Ministerin unterschrieben, dass zwei neue Protokollziffern eingefügt wurden. Erst dadurch wurde ausdrücklich vereinbart, dass auch Teile von Einkünften besteuert werden können. Das war in dem alten DBA nicht der Fall. Diese Vorschrift wurde den Luxemburgern quasi untergejubelt.
Denn nach der Rechtsprechung war es nach der These des Bundesfinanzhofes (BFH) von der sogenannten Einkünfteeinheit nicht möglich, Einkunftsteile wie Überstunden gesondert in Deutschland zu besteuern. Das hat zwar das Bundesministerium der Finanzen so gesehen, wäre aber in einem Rahmen eines Gerichtsverfahrens damit nicht durchgekommen. Wahrscheinlich war das auch der Grund dafür, dass das Finanzamt die Überstunden in der Vergangenheit nicht besteuert hat. Soweit also das Finanzamt darstellt, es hätte sich nichts geändert, ist dies nicht richtig.
Des Weiteren stellt sich die Frage, ob tatsächlich eine rückwirkende Besteuerung der Überstunden überhaupt möglich ist, da dies eben nach dem alten DBA nicht möglich war. Hier stand nicht „Teile von Einkünften“, sondern nur Einkünfte. Die Rechtsprechung des BFH stammt aus dem Jahr 1997.
Soweit nun also die Konsultationsvereinbarung darstellt, dass die neue Rechtslage auf alle alten Fälle angewendet wird, wird dies in jedem Fall gerichtlich zu prüfen sein. Es ist nicht vorstellbar, dass die deutschen Finanzämter damit durchkommen. Denn das neue DBA trat erst zum 1.1.2024 in Kraft. Dennoch ergehen aktuell schon Steuerbescheide für 2022, in denen die Überstunden vom Finanzamt als deutsche Einkünfte angesetzt werden. Mal entsteht eine Steuer, mal nicht – je nach Einzelfall.
Eine Lösung aus dem Dilemma könnte sein, dass auch in Deutschland Überstunden steuerfrei gestellt werden, sowie es die FDP jetzt fordert. Denn Deutschland wird die Überstunden nicht besteuern, wenn dies auch in Deutschland gesetzlich ausgeschlossen ist.
Auf der anderen Seite haben die Luxemburger Unternehmer ab sofort die Möglichkeit, ihre Gehaltsstruktur umzustellen. Überstunden müssen ja nicht ausgezahlt, sondern können abgefeiert werden, was in vielen Branchen üblich ist. Arbeitgeber haben auch die Möglichkeit, Arbeitszeitkonten einzuführen, wonach Überstunden zwar zunächst anfallen, jedoch später wieder abgefeiert werden können.
Auch damit könnte die Besteuerung ab dem Jahr 2024 praktisch umgangen werden.
Stephan Wonnebauer ist Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltvereins Luxemburg und Experte für deutschluxemburgisches Steuerrecht.