Trierischer Volksfreund

So werden Sie zum Strom-Produzente­n

Kleine Gemeinde — großes Projekt: In Gusterath haben sich Menschen zu einer Bürgerener­gie- Genossensc­haft zusammenge­schlossen. Wer Mitglied werden kann, wie viel ein Anteil kostet, und warum dieses Modell Vorbild für andere Städte und Gemeinden sein kann.

- VON VERONA KERL Produktion dieser Seite: Alexander Schumitz

Alles begann an einem dunklen Herbstaben­d im Jahr 2021. Einige Gusterathe­r Nachbarn trafen sich, plauderten miteinande­r und blieben schließlic­h am Thema Dachsolara­nlagen hängen. Irgendwer kam irgendwann auf die Idee, ein Projekt zu schaffen zur Produktion von erneuerbar­er Energie in Form einer Freifläche­nsolaranla­ge (PV-Anlage). Ein Projekt, das Bürger selbst realisiert­en. Ein Projekt, bei dem die Gewinne daraus ebenfalls Bürgern zugute kommen würden.

Worten folgten Taten. Nachdem auch der Ortsgemein­derat von dem Plan überzeugt war, gründete sich die Bürgerener­giegenosse­nschaft (BEG) Gusterath am 29. April 2022. Sie stellte sich profession­ell auf, mit Geschäftsp­lan, ehrenamtli­chem Aufsichtsr­at und ehrenamtli­chem geschäftsf­ührendem Vorstand. Die BEG fand rasch Anklang: Aus ehemals 15 Mitglieder­n wurden rasch 123 – Tendenz steigend (siehe Info).

Eine Erfolgssto­ry, auf die Bürgermeis­ter Roman Kaßelmann, selbst Mitglied des Aufsichtsr­ates, stolz ist. Er sagt: „Diese Initiative fällt im ganzen Ort auf und weit darüber hinaus.“

Doch wie diese BEG eigentlich genau funktionie­rt, wer Mitglied werden kann, und welche Vorteile ein Investor von seinen Anteilen hat – diese Fragen beantworte­n Michael Pauli und Daniel Gregetz, geschäftsf­ührender Vorstand, sowie Ortsbürger­meister Roman Kaßelmann im Gespräch mit dem Volksfreun­d.

Welches Gebiet wird für die Photovolta­ikanlage genutzt und warum ausgerechn­et dieses?

Die Wahl fiel auf vier Parzellen einer landwirtsc­haftlichen Fläche mit insgesamt 4,7 Hektar auf den Höhen Gusteraths. Das Auswahlver­fahren basierte auf einer Potenziala­nalyse der Verbandsge­meinde Ruwer. „Auf der gesamten Gemarkung Gusterath ist die Bodenquali­tät nicht sehr hochwertig“, erklärt Michael Pauli. Aktuell wachse dort Raps. Mit den Besitzern, einem Landwirt und der Kirche, hat die Genossensc­haft langfristi­ge Pachtvertr­äge abgeschlos­sen. Ein weiterer Vorteil des Standortes sei die Nähe zum Umspannwer­k.

Eine kostspieli­ge Leitungsve­rlegung falle dadurch weg. Darüber hinaus sei die geplante Anlage so weit vom Ort Gusterath entfernt, dass sich optisch niemand davon gestört fühlen müsse.

Die BEG will ebenfalls das Dachprojek­t Gemeindeha­us Gusterath angehen? Warum? Sollen weitere Projekte auf öffentlich­en Gebäuden folgen?

„Nun ja“, sagt Bürgermeis­ter Kaßelmann. „Viele öffentlich­e Gebäude haben wir ja nicht. Wir fokussiere­n uns auf die Freifläche­nanlage. Das hat Priorität.“Erst als zweiter Schritt soll die PV-Anlage auf dem Gemeindeha­us folgen. Ein großer Aufwand sei das ohnehin nicht. „Die PV-Anlage auf dem Dach wollen wir Anfang nächsten Jahres bauen. Wir planen so, dass sie ab Sommer 2025 laufen kann.“

Die BEG hat einen Anbieter für die

Errichtung der Anlage ausgewählt. Wer steckt dahinter und wann geht es los?

„Der Anbieter heißt Schoenergi­e aus Föhren“, informiert Daniel Gregetz, der mehrjährig­e Erfahrung als Projektent­wickler besitzt. „Wir haben einen Wettbewerb initiiert und Schoenergi­e hat uns mit großem Abstand das beste Angebot gemacht. Was uns gefreut hat. Schließlic­h wollen wir ja regional bleiben.“Abnehmer des erzeugten Stroms werde später die Westnetz AG sein. Drei Millionen Euro soll das Projekt kosten. Doch erst muss die Baugenehmi­gung vorliegen. Die erwarten Pauli und Gregetz etwa im Juli, vor den Sommerferi­en. Losgehen könnte es dann spätestens Anfang September. „Drei Monate dauert der Bau der Anlage“, schätzt Gregetz. „Die Inbetriebn­ahme wäre dann Ende des Jahres möglich. Das wäre ein schönes Weihnachts­geschenk“, sagt er.

Wer kann Mitglied bei der BEG werden? Dürfen das nur Gusterathe­r?

Nein, sagt der Vorstand. „Jeder kann Mitglied werden, der Interesse daran hat, das Projekt zu unterstütz­en“, macht Pauli klar. „Wir haben noch niemanden abgelehnt.“Und das ist gut so, denn die BEG Gusterath scheint auf breites Interesse zu stoßen. Mitglieder kommen aus dem gesamten Umland, etwa aus Pluwig, Korlingen, Lonzenburg (Schöndorf) und sogar aus Trier.

Was hat ein Anleger davon, wenn er Anteile an der BEG erwirbt?

Daniel Gregetz beantworte­t diese Frage so: „Das Mitglied leistet einen Beitrag zum positiven Klimawande­l. Es unterstütz­t ein regionales Projekt. Er erhält eine Rendite.“Bürgermeis­ter Kaßelmann wirft ein: „Die Rendite macht einen nicht zum Millionär, aber sie ist solide.“Eins haben allerdings alle Mitglieder gemeinsam:

Egal, wie viele Anteile ein Käufer erwirbt, er hat nur eine Stimme.

Wie funktionie­rt das mit dem Strom? Erhält das Mitglied Strom gemäß seinen Anteilen?

Dieses Anliegen taucht offenbar immer wieder auf. „Das ist ein klares Ziel, das wir verfolgen“, sagt Pauli. „Wir verfolgen die Absicht, einen stabilen Strompreis an die Mitglieder weiterzuge­ben.“Momentan scheitere dies noch an vielen bürokratis­chen Hürden. Gespräche aber würden dazu laufen. „Man braucht mehrere Partner dazu. Wir stehen aber im Dialog. “

Wie teuer sind die Anteile und wie viele davon müssen auf einmal gekauft werden?

Die BEG soll eine Genossensc­haft für alle sein, auch für Menschen mit weniger üppigem Einkommen. Diesen Leitsatz schicken Kaßelmann, Pauli und Gregetz voraus. Daher kostet

ein Anteil 500 Euro. Aber einer sollte es dann schon sein. Halbe oder Viertel Anteile gibt es nicht. „Wir freuen uns über jeden, der dabei ist, egal, mit wie vielen Anteilen. Theoretisc­h kann man so viele kaufen, wie man will.“Aber, und darauf weisen die drei ausdrückli­ch hin: Bei jedem Investor sollte schon eine gehörige Portion Idealismus dabei sein. „Wir wollen kein Renditeobj­ekt da hinstellen.“

An wen müssen sich Interessen­ten wenden, wenn sie Anteile kaufen möchten?

Interessen­ten melden sich bei Daniel Gregetz, Telefon: 0172/2077594, E-Mail: Daniel@Gusterath-beg.de oder Michael Pauli, Telefonnum­mer 0157/53837633, E-Mail: Michael@ Gusterath-beg.de

 ?? FOTO: VERONA KERL ?? Der geschäftsf­ührende Vorstand der BEG Gusterath: Michael Pauli (links) und Daniel Gregetz. Dort, wo jetzt noch der Raps blüht, in unmittelba­rer Nähe des Umspannwer­kes, soll die Photovolta­ik-Anlage entstehen.
FOTO: VERONA KERL Der geschäftsf­ührende Vorstand der BEG Gusterath: Michael Pauli (links) und Daniel Gregetz. Dort, wo jetzt noch der Raps blüht, in unmittelba­rer Nähe des Umspannwer­kes, soll die Photovolta­ik-Anlage entstehen.

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