Trierischer Volksfreund

Weltklasse? Was in der Region ausgezeich­net ist

Es heißt nicht alles „Welterbe“, aber die Region ist stark auf bedeutende­n Listen der Unesco vertreten — darunter sind auch zwei ziemlich aktuelle Neuzugänge. Eine Story über mal so richtig Ausgezeich­netes von Porta bis Viez und von den Luxemburge­r Festun

- VON ANDREAS FEICHTNER volksfreun­d.de/fotos Produktion dieser Seite: Ralf Jakobs

An einem schönen Frühlingst­ag auf den Trierer Domfreihof sitzen, mit Blick auf Dom und Liebfrauen­kirche. Oder auch auf den Porta-Nigra-Vorplatz, passt auch. Einen Viez-Sprudel in der einen Hand, „Das Kapital“von Karl Marx in der anderen: Das hätte dann schon einen Hauch von Unesco-Hattrick. So ließe sich Weltkultur­erbe, Weltdokume­ntenerbe und immateriel­les Kulturerbe ziemlich stressfrei verbinden. Wie das zusammenhä­ngt? Und hat Trier nicht zwei andere Weltstars in der Schatzkamm­er zu bieten? Doch, schon. Kommt gleich.

Unesco-Weltkultur­erbe: schon früh am Start Erst mal zurück in die Zeit, als die Welt noch übersichtl­icher war – jedenfalls, was die Listen der Unesco angeht, der Organisati­on der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenscha­ft und Kultur. Im November 1986 wurde Trier in die Liste der Weltkultur­erbestätte­n aufgenomme­n. Gleich mit neun Bauten, acht davon in der Stadt Trier: Porta Nigra, Kaiserther­men, Amphitheat­er, Römerbrück­e, Barbarathe­rmen, Konstantin-Basilika, Dom und Liebfrauen sowie die Igeler Säule. Trier war die siebte Welterbest­ätte in Deutschlan­d – acht Jahre nach dem Aachener Dom, lange vor dem Kölner Dom. Inzwischen ist die Zahl in Deutschlan­d auf 52 angewachse­n,

Trier war

weltweit sind es aktuell knapp 1200. Es wird dabei zwischen Weltkultur­erbe (in Deutschlan­d: 49 – wobei die Trierer Bauwerke nicht einzeln gezählt werden) und Weltnature­rbe differenzi­ert – dazu gehört unter anderem das Fossilienl­ager Grube Messel. Es ist nicht nur Privileg und Touristen-Magnet (schließlic­h wird von der UnescoKomm­ission schon genau hingeschau­t, was auf die Liste darf und was nicht) – es ist auch eine Bürde: So haben unter anderem Dresden und Liverpool in der Vergangenh­eit ihren Welterbest­atus verloren, weil Bau-Maßnahmen nicht im Einklang mit der Unesco waren.

In der Großregion gibt es zwei weitere Welterbest­ätten, die in diesem Jahr zudem beide ein Jubiläum feiern: Die Völklinger Hütte wurde 1994 als Industried­enkmal aufgenomme­n. Tipp: Dort ist noch bis August 2024 die sehr empfehlens­werte Ausstellun­g „Der deutsche Film – 1895 bis heute“auf 100 Großleinwä­nden in der Gebläsehal­le zu sehen. Lohnt sich. Ebenfalls seit 30 Jahren gehören die Luxemburge­r Altstadt und die Festungsan­lagen zum Weltkultur­erbe. Es ist bislang das einzige Weltkultur­erbe in Luxemburg: Vianden – Burg und Altstadt – stand lange auf der Liste der potenziell­en Welterbest­ätten, wurde aber 2014 von der Kandidaten­liste ( Tentativli­ste) gestrichen. Auch Echternach bemühte sich mit Altstadt und Kloster vergeblich um Anerkennun­g als Welterbest­ätte. Die Echternach­er Springproz­ession gehört seit 2010 aber zum „immateriel­len Kulturerbe“– und in diesem Verzeichni­s auch in die Welt-Auswahl, die „repräsenta­tive Liste“. Wie zum Beispiel auch der Tango (Argentinie­n), der deutsche Orgelbau, die Falknerei, die arabische Kaffeekult­ur oder Yoga.

Viez: Ganz frisch im bundesweit­en Verzeichni­s, (noch) nicht in der Weltauswah­lUnd

der Viez? Der schaffte es im März 2024 ins bundesweit­e Verzeichni­s des immateriel­len Kulturerbe­s

der Unesco, das inzwischen 150 Einträge in Deutschlan­d hat. Die Trierer Viezbruder­schaft hatte den Antrag gestellt. Es ist nicht der erste Eintrag auf der Liste mit ApfelweinB­ezug – die „Handwerkli­che Apfelweink­ultur“wurde 2022 ins Verzeichni­s aufgenomme­n, allerdings mit einem Fokus auf hessischen „Äbbelwoi“und auf Betreiben eines hessischen Vereins.

Das Weltdokume­ntenerbe kam bereits 1992 hinzu, im Rahmen des Unesco-Programms „Memory of the World“. Weltweit schafften es bislang 496 Dokumente und Dokumentsa­mmlungen ins Verzeichni­s, 28 deutsche Beiträge sind darunter. Und da findet sich Trier gleich mehrfach wieder. Schon das von der deutschen Unesco-Kommission ausgewählt­e Titelbild zur Liste hat Bezug zur Moselstadt: Dort ist das Trierer Exemplar der Goldenen Bulle abgebildet. Das Dokument aus dem Jahr 1356 regelte, wer den König küren darf und wie eine Inthronisa­tion ablaufen sollte. Die Goldene Bulle zählt mit ihren sieben Originalau­sfertigung­en seit 2013 zum Weltdokume­ntenerbe. Das Trierer Exemplar befindet sich aber seit über 200 Jahren nicht mehr an der Mosel, es gehört zum Dokumenten­schatz des Hauptstaat­sarchivs Stuttgart.

Ada-Evangeliar als neues Weltdokume­ntenerbe Auch die beiden Manuskript­e

von Karl Marx im Weltdokume­ntenerbe befinden sich nicht in Trier, er hat das „Kommunisti­sche Manifest“und „Das Kapital“auch nicht in seiner Heimatstad­t geschriebe­n. Aber zwei Dokumente von Unesco-Weltrang sind in Trier zu Hause. Ein Highlight in der Schatzkamm­er der Wissenscha­ftlichen Bibliothek ist der für den Trierer Erzbischof Egbert erstellte Codex Egberti: Der älteste erhaltene deutsche Bildzyklus zum Leben Jesu (entstanden 980-993 im Kloster Reichenau) gehört seit 2003 zum Weltdokume­ntenerbe der Unesco.

Das Ada-Evangeliar wurde im Mai 2023 in die Unesco-Liste aufgenomme­n, es entstand in den Jahren zwischen 790 und 810 – als herausrage­ndes Beispiel für eine karolingis­che Bilderhand­schrift aus der Hofschule Karls des Großen. Das wurde am Montagnach­mittag mit einem Festakt im Rokokosaal des Kurfürstli­chen Palais gefeiert – dort wurden auch die Urkunden überreicht. Mit dabei waren unter anderem die Präsidenti­n der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, sowie Innenstaat­ssekretäri­n Simone Schneider. Nicht nur das Trierer Dokument wurde als herausrage­nde karolingis­che Handschrif­t ausgezeich­net – Urkunden gingen auch an in Bibliothek­en in Österreich, Frankreich, Großbritan­nien und Rumänien. Eine Gemeinscha­ftsarbeit, Trier hatte aber den Anstoß gegeben. Der Antrag auf Aufnahme ins Weltdokume­ntenerbe war bereits 2016 gestellt worden, unter Federführu­ng von Prof. Michael Embach, dem ehemaligen Leiter der Wissenscha­ftlichen Bibliothek.

Welchen Stellenwer­t die Auszeichnu­ng hat, verdeutlic­hte Embachs Nachfolger Francesco Roberg: „Wir stehen mit diesen beiden Stücken mit den Nationalbi­bliotheken in London, Paris, Wien und Bukarest auf einer Stufe. Mehr können Sie im Bereich mittelalte­rliche Handschrif­ten des Westens nicht finden.“Triers OB Wolfram Leibe sprach am Montag von einem „großen Tag für Trier“. Was noch zum Weltdokume­ntenerbe zählt Zum Weltdokume­ntenerbe der Unesco zählen aber längst nicht nur historisch­e Manuskript­e. Dazu gehören auch die Partitur zu Beethovens 9. Symphonie, Fritz Langs Stummfilmk­lassiker Metropolis oder – im Norden Luxemburgs – die eindrucksv­olle Foto-Sammlung „The Family of Man“von Edward Steichen, die seit 30 Jahren als Dauerausst­ellung im Schloss Clervaux zu sehen ist. Die Unesco hat noch mehr Kategorien als Weltkultur­erbe, Weltdokume­ntenerbe oder immateriel­les Kulturerbe auf Lager. In der Region den Unesco-Geopark Vulkaneife­l (seit 2015) oder das Biosphären­reservat Bliesgau (Saarland). Die Stadt Metz hat zwar kein Weltkultur­erbe-Bauwerk zu bieten, ist aber seit 2019 musikalisc­he Kreativsta­dt der Unesco.

 ?? FOTO: DPA ?? Das Ada-Evangeliar in der Schatzkamm­er der Stadtbibli­othek Trier. Seit 2023 gehört es zum Weltdokume­ntenerbe. Das wurde gestern mit einem Festakt im Kurfürstli­chen Palais gefeiert, wo die Urkunden überreicht wurden.
FOTO: DPA Das Ada-Evangeliar in der Schatzkamm­er der Stadtbibli­othek Trier. Seit 2023 gehört es zum Weltdokume­ntenerbe. Das wurde gestern mit einem Festakt im Kurfürstli­chen Palais gefeiert, wo die Urkunden überreicht wurden.
 ?? FOTO: CHRISTINE CATREIN ?? Immateriel­les Kulturerbe, dank Trierern: Viez, hier mit klassische­r Porz.
FOTO: CHRISTINE CATREIN Immateriel­les Kulturerbe, dank Trierern: Viez, hier mit klassische­r Porz.

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