Weltklasse? Was in der Region ausgezeichnet ist
Es heißt nicht alles „Welterbe“, aber die Region ist stark auf bedeutenden Listen der Unesco vertreten — darunter sind auch zwei ziemlich aktuelle Neuzugänge. Eine Story über mal so richtig Ausgezeichnetes von Porta bis Viez und von den Luxemburger Festun
An einem schönen Frühlingstag auf den Trierer Domfreihof sitzen, mit Blick auf Dom und Liebfrauenkirche. Oder auch auf den Porta-Nigra-Vorplatz, passt auch. Einen Viez-Sprudel in der einen Hand, „Das Kapital“von Karl Marx in der anderen: Das hätte dann schon einen Hauch von Unesco-Hattrick. So ließe sich Weltkulturerbe, Weltdokumentenerbe und immaterielles Kulturerbe ziemlich stressfrei verbinden. Wie das zusammenhängt? Und hat Trier nicht zwei andere Weltstars in der Schatzkammer zu bieten? Doch, schon. Kommt gleich.
Unesco-Weltkulturerbe: schon früh am Start Erst mal zurück in die Zeit, als die Welt noch übersichtlicher war – jedenfalls, was die Listen der Unesco angeht, der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Im November 1986 wurde Trier in die Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen. Gleich mit neun Bauten, acht davon in der Stadt Trier: Porta Nigra, Kaiserthermen, Amphitheater, Römerbrücke, Barbarathermen, Konstantin-Basilika, Dom und Liebfrauen sowie die Igeler Säule. Trier war die siebte Welterbestätte in Deutschland – acht Jahre nach dem Aachener Dom, lange vor dem Kölner Dom. Inzwischen ist die Zahl in Deutschland auf 52 angewachsen,
Trier war
weltweit sind es aktuell knapp 1200. Es wird dabei zwischen Weltkulturerbe (in Deutschland: 49 – wobei die Trierer Bauwerke nicht einzeln gezählt werden) und Weltnaturerbe differenziert – dazu gehört unter anderem das Fossilienlager Grube Messel. Es ist nicht nur Privileg und Touristen-Magnet (schließlich wird von der UnescoKommission schon genau hingeschaut, was auf die Liste darf und was nicht) – es ist auch eine Bürde: So haben unter anderem Dresden und Liverpool in der Vergangenheit ihren Welterbestatus verloren, weil Bau-Maßnahmen nicht im Einklang mit der Unesco waren.
In der Großregion gibt es zwei weitere Welterbestätten, die in diesem Jahr zudem beide ein Jubiläum feiern: Die Völklinger Hütte wurde 1994 als Industriedenkmal aufgenommen. Tipp: Dort ist noch bis August 2024 die sehr empfehlenswerte Ausstellung „Der deutsche Film – 1895 bis heute“auf 100 Großleinwänden in der Gebläsehalle zu sehen. Lohnt sich. Ebenfalls seit 30 Jahren gehören die Luxemburger Altstadt und die Festungsanlagen zum Weltkulturerbe. Es ist bislang das einzige Weltkulturerbe in Luxemburg: Vianden – Burg und Altstadt – stand lange auf der Liste der potenziellen Welterbestätten, wurde aber 2014 von der Kandidatenliste ( Tentativliste) gestrichen. Auch Echternach bemühte sich mit Altstadt und Kloster vergeblich um Anerkennung als Welterbestätte. Die Echternacher Springprozession gehört seit 2010 aber zum „immateriellen Kulturerbe“– und in diesem Verzeichnis auch in die Welt-Auswahl, die „repräsentative Liste“. Wie zum Beispiel auch der Tango (Argentinien), der deutsche Orgelbau, die Falknerei, die arabische Kaffeekultur oder Yoga.
Viez: Ganz frisch im bundesweiten Verzeichnis, (noch) nicht in der WeltauswahlUnd
der Viez? Der schaffte es im März 2024 ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes
der Unesco, das inzwischen 150 Einträge in Deutschland hat. Die Trierer Viezbruderschaft hatte den Antrag gestellt. Es ist nicht der erste Eintrag auf der Liste mit ApfelweinBezug – die „Handwerkliche Apfelweinkultur“wurde 2022 ins Verzeichnis aufgenommen, allerdings mit einem Fokus auf hessischen „Äbbelwoi“und auf Betreiben eines hessischen Vereins.
Das Weltdokumentenerbe kam bereits 1992 hinzu, im Rahmen des Unesco-Programms „Memory of the World“. Weltweit schafften es bislang 496 Dokumente und Dokumentsammlungen ins Verzeichnis, 28 deutsche Beiträge sind darunter. Und da findet sich Trier gleich mehrfach wieder. Schon das von der deutschen Unesco-Kommission ausgewählte Titelbild zur Liste hat Bezug zur Moselstadt: Dort ist das Trierer Exemplar der Goldenen Bulle abgebildet. Das Dokument aus dem Jahr 1356 regelte, wer den König küren darf und wie eine Inthronisation ablaufen sollte. Die Goldene Bulle zählt mit ihren sieben Originalausfertigungen seit 2013 zum Weltdokumentenerbe. Das Trierer Exemplar befindet sich aber seit über 200 Jahren nicht mehr an der Mosel, es gehört zum Dokumentenschatz des Hauptstaatsarchivs Stuttgart.
Ada-Evangeliar als neues Weltdokumentenerbe Auch die beiden Manuskripte
von Karl Marx im Weltdokumentenerbe befinden sich nicht in Trier, er hat das „Kommunistische Manifest“und „Das Kapital“auch nicht in seiner Heimatstadt geschrieben. Aber zwei Dokumente von Unesco-Weltrang sind in Trier zu Hause. Ein Highlight in der Schatzkammer der Wissenschaftlichen Bibliothek ist der für den Trierer Erzbischof Egbert erstellte Codex Egberti: Der älteste erhaltene deutsche Bildzyklus zum Leben Jesu (entstanden 980-993 im Kloster Reichenau) gehört seit 2003 zum Weltdokumentenerbe der Unesco.
Das Ada-Evangeliar wurde im Mai 2023 in die Unesco-Liste aufgenommen, es entstand in den Jahren zwischen 790 und 810 – als herausragendes Beispiel für eine karolingische Bilderhandschrift aus der Hofschule Karls des Großen. Das wurde am Montagnachmittag mit einem Festakt im Rokokosaal des Kurfürstlichen Palais gefeiert – dort wurden auch die Urkunden überreicht. Mit dabei waren unter anderem die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, sowie Innenstaatssekretärin Simone Schneider. Nicht nur das Trierer Dokument wurde als herausragende karolingische Handschrift ausgezeichnet – Urkunden gingen auch an in Bibliotheken in Österreich, Frankreich, Großbritannien und Rumänien. Eine Gemeinschaftsarbeit, Trier hatte aber den Anstoß gegeben. Der Antrag auf Aufnahme ins Weltdokumentenerbe war bereits 2016 gestellt worden, unter Federführung von Prof. Michael Embach, dem ehemaligen Leiter der Wissenschaftlichen Bibliothek.
Welchen Stellenwert die Auszeichnung hat, verdeutlichte Embachs Nachfolger Francesco Roberg: „Wir stehen mit diesen beiden Stücken mit den Nationalbibliotheken in London, Paris, Wien und Bukarest auf einer Stufe. Mehr können Sie im Bereich mittelalterliche Handschriften des Westens nicht finden.“Triers OB Wolfram Leibe sprach am Montag von einem „großen Tag für Trier“. Was noch zum Weltdokumentenerbe zählt Zum Weltdokumentenerbe der Unesco zählen aber längst nicht nur historische Manuskripte. Dazu gehören auch die Partitur zu Beethovens 9. Symphonie, Fritz Langs Stummfilmklassiker Metropolis oder – im Norden Luxemburgs – die eindrucksvolle Foto-Sammlung „The Family of Man“von Edward Steichen, die seit 30 Jahren als Dauerausstellung im Schloss Clervaux zu sehen ist. Die Unesco hat noch mehr Kategorien als Weltkulturerbe, Weltdokumentenerbe oder immaterielles Kulturerbe auf Lager. In der Region den Unesco-Geopark Vulkaneifel (seit 2015) oder das Biosphärenreservat Bliesgau (Saarland). Die Stadt Metz hat zwar kein Weltkulturerbe-Bauwerk zu bieten, ist aber seit 2019 musikalische Kreativstadt der Unesco.