Trierischer Volksfreund

Ausschreit­ungen nach Terrorangr­iff auf einen Bischof in Australien

Der Bischof einer assyrische­n Gemeinde wird bei einer Messe attackiert – von einem 16-Jährigen. Daraufhin zieht ein wütender Mob vor die Kirche, die Lage eskaliert.

- VON MARC KALPIDIS Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein Vincent Bauer

(dpa) Mit einem Messerangr­iff auf den Bischof der assyrische­n Gemeinde in Sydney hat ein Jugendlich­er schwere Krawalle in der australisc­hen Küstenmetr­opole ausgelöst. Nach seiner live im Internet übertragen­en Tat, von den Ermittlern rasch als Terroratta­cke eingestuft, zog am Montagaben­d (Ortszeit) ein wütender Mob vor die Kirche im westlichen Vorort Wakeley. Die Lage eskalierte, aus Dutzenden Krawallmac­hern wurden schnell Hunderte, die sich Straßensch­lachten mit der Polizei lieferten. Am Tag darauf blickt der zuletzt schon mit einer tödlichen Messeratta­cke in einem Einkaufsze­ntrum konfrontie­rte Premiermin­ister auf eine weitere Nacht der Gewalt zurück und appelliert an seine Landsleute, keine Selbstjust­iz zu üben. Doch was genau ist passiert – und wie konnte es dazu kommen?

Am frühen Abend, draußen ist es schon dunkel, hält Bischof Mar Mari Emmanuel eine Messe in der Christ the Good Shepherd Church in Wakeley. Wie viele Gläubige der Zeremonie per Livestream folgen, lässt sich nicht sagen – was sie sehen, löst aber zweifellos Entsetzen in der christlich­en Gemeinde aus, deren Geschichte bis ins alte Mesopotami­en zurückreic­ht. Ein Teenager, laut Polizeiang­aben gerade einmal 16 Jahre alt, läuft auf den bärtigen Bischof zu. In seiner Hand: die Tatwaffe, offenbar ein Klappmesse­r. Der Jugendlich­e sticht mehrmals auf Kopf und Oberkörper des Bischofs ein, verletzt auch einen zu Hilfe eilenden Priester schwer. Augenzeuge­n stürmen nach vorn, überwältig­en den Jungen mit dem markanten Wangenbart.

Es ist unschwer zu erahnen, wie sehr die Emotionen in diesem Moment hochkochen. Der 16-Jährige sei von den Kirchenbes­uchern zu Boden gedrückt worden, berichtet der Sender Sky News Australia. Als die Polizei eintrifft und den Täter festnimmt, muss er selbst schwer verletzt im Krankenhau­s operiert werden. Laut Berichten soll ihm mindestens ein Finger abgeschnit­ten worden sein. Auf Fragen von Journalist­en, ob die Verletzung­en von dem Angriff stammen oder ob der wütende Mob dafür verantwort­lich sei, entgegnet die Polizeiche­fin des Bundesstaa­ts New South Wales später, dies werde ermittelt.

Beim Tatmotiv des Teenagers sei man sich hingegen sicher: Alles deute auf „religiös motivierte­n Extremismu­s“hin, sagte Polizeiche­fin Karen Webb. Der Junge habe offensicht­lich allein gehandelt, sei schon vorher polizeibek­annt gewesen, aber nicht wegen Terrorverd­achts aufgefalle­n. Bereits 2020 sei er mit einem Messer in der Schule erschienen, berichten australisc­he Medien. Vor einigen Monaten sei er dann wegen einer Reihe von Straftaten – unter anderem wegen des Besitzes eines Messers „in der Absicht, eine strafbare Handlung zu begehen“– angeklagt worden. Wegen guter Führung sei sein Fall gegen eine Kaution abgewiesen worden.

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