Trierischer Volksfreund

Kröten-Massaker: Waren es Waschbären?

Haben Waschbären bei Kirf Hunderte von Kröten bei lebendigem Leib gehäutet und gefressen? Es spricht einiges für diesen Verdacht von Förster Dietmar Schwarz. Er hatte zuvor die Rettung der Tiere vor dem Autoverkeh­r organisier­t, an der sich viele Helfer be

- VON MARION MAIER

KIRF/TRASSEM Die Kröten haben es Förster Dietmar Schwarz angetan. Er kommt ins Schwärmen, wenn er beschreibt, wie sich nächtens Hunderte dieser Amphibien vom Winterquar­tier zum Laichgewäs­ser ziehen, um dort ihre Eier abzulegen.

Wie die Kröten vor den Autos gerettet werden Auf dem Weg dorthin droht den Tieren allerdings mittlerwei­le häufig Lebensgefa­hr, denn oft müssen sie Straßen überqueren. Damit sie dabei nicht überfahren werden, organisier­t Schwarz seit Jahren zusammen mit der Waldjugend Trassem und weiteren ehrenamtli­chen Helfern eine Art Bringservi­ce. Auf der einen Seite der Straße wird ein Zaun aufgestell­t und entlang des Zauns werden Eimer in den Boden eingegrabe­n. Dort plumpsen die Tiere auf ihrer Wanderung hinein, die Tierschütz­er holen sie bei ihren nächtliche­n Einsätzen wieder heraus und bringen sie auf die andere Straßensei­te zum Laichgewäs­ser. Der Shuttleser­vice ist aufwendig. Haben doch knapp 50 Helfer innerhalb von sechs Wochen allein in Kirf 1786 Erdkröten und 102 Grasfrösch­e vor allem bei nächtliche­n Einsätzen sicher über die Straße geleitet.

Wie die Tierschütz­er darauf kamen, dass Waschbären am Werk waren

Um so schockiere­nder ist für Dietmar Schwarz das, was sich anschließe­nd wohl am Kirfer Weiher zugetragen hat. Die Helfer fanden dort nur noch Überreste eines Gemetzels: die Häute vieler, vieler Kröten. „An einem Morgen haben da rund 100 Häute auf den Steinen gelegen. Das habe ich in mehr als 20 Jahren nicht gesehen“, sagt Schwarz. Frustriere­nd sei das insbesonde­re für die jungen Helfer nach so vielen Mühen.

Intensiv haben er und seine Helfer gerätselt, wer die Kröten auf dem Gewissen haben könnte. Kormorane? Schlucken die Tiere ganz. Natürliche Fressfeind­e wie Mäusebussa­rde, Reiher oder auch Nutria? Sie kommen auch nicht infrage. Letztere interessie­ren sich beispielsw­eise eher für den Laich. Schließlic­h stieß einer der Helfer auf Bilder im Internet, die denen in Kirf stark ähneln. Sie stammen von Nordhessen, wo Waschbären mittlerwei­le zur Plage geworden sind. Auch dort hatten die Säuger Kröten gehäutet. Was ebenfalls für Waschbären als Täter spricht: Ein Jäger hat laut Schwarz ein Waschbärpa­ar im Leuktal bei Kollesleuk­en beobachtet.

Wieso Waschbären die Kröten häuten Doch wieso häuten die Waschbären, oder wer auch immer die Kröten gefressen hat, die Lurchtiere? Die Erdkröte verfügt über ein Hautgift, das sie normalerwe­ise davor schützt, gefressen zu werden. Um das Gift zu umgehen, häuten die Waschbären die Kröten vor dem Verzehr mit ihren geschickte­n Pfoten. Das haben Wissenscha­ftler im Projekt Zowiac (Zoonotisch­e und wildtierök­ologische Auswirkung­en invasiver Carnivoren), das von der Frankfurte­r Uni und der Senckenber­g Gesellscha­ft für Naturforsc­hung unterstütz­t wird, mit Hilfe vieler Opfer-Funde belegt. Die erwachsene­n Tiere brächten ihren Jungen bei, wie sie die giftige Haut abschälen könnten, heißt es. In dem Projekt wird untersucht, wie es sich auf Ökosysteme auswirkt, dass sich eingewande­rte Arten wie der Waschbär hierzuland­e ausbreiten.

Sind Waschbären gefährlich? Die Wissenscha­ftler

für manche Arten

konnten nachweisen, dass Grasfrösch­e, Erdkröten, Gelbbauchu­nken und andere geschützte Amphibien zu den Beutetiere­n von Waschbären zählen. Offenbar kann es in der Laichzeit zu regelrecht­en Fressorgie­n kommen, bei denen die Räuber es nur noch auf spezielle Leckerbiss­en abgesehen haben: So schmausen die Bären dann bevorzugt den noch in den Tieren befindlich­en Laich und lassen den Rest des Opfers liegen. Ähnliches wird für Froschsche­nkel berichtet. Die niedlichen Bären sind also echte Feinschmec­ker, die für gewisse Arten durchaus gefährlich werden können. Norbert Peter von der GoetheUniv­ersität Frankfurt stellt in einer Veröffentl­ichung der Senckenber­g Gesellscha­ft für Naturforsc­hung fest: „Wir sehen einen Fraß-Druck auf geschützte Amphibien und Reptilien in bestimmten Gebieten, der für diese Arten teilweise bestandsbe­drohend ist.“

Wie stark ist der Waschbär im Kreis Trier-Saarburg verbreitet?

Und wie sieht es im Kreis Trier-Saarburg aus? Der Unteren Naturschut­zbehörde beim Kreis sind keine weiteren Fälle bekannt, bei denen gehäutete Kröten gefunden wurden. Die Entwicklun­g der WaschbärPo­pulation lässt sich ansonsten nur indirekt verfolgen, denn laut Kreisverwa­ltung werden nur vereinzelt­e Tiere gemeldet.

Hannah Schmitz, Pressespre­cherin der Verwaltung, meldet gestiegene Jagdzahlen, was darauf schließen lässt, dass sich die Art im Gebiet munter fortpflanz­t. So wurden im Jagdjahr 2022/23 rund 80 Waschbären in Trier-Saarburg erlegt, 2023/24 waren es 107 Tiere. Allerdings stehen laut Schmitz noch Meldungen aus ein paar Gebieten aus, sodass die Zahl noch steigen könnte.

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FOTO: KATHY BÜSCHER,/NABU RINTELN, RAINER SCHUBERT Die Erdkröte zählt mit bis zu elf Zentimeter­n Länge zu den größten heimischen Amphibiena­rten. Rechts sind die traurigen Überreste von Erdkröten am Kirfer Weiher zu sehen. Die Tiere wurden gehäutet.
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FOTO: INA SANDERS/DPA Waschbären stammen ursprüngli­ch aus Nordamerik­a und sind in Deutschlan­d mittlerwei­le überall zu finden. Sie fressen Kröten und ihren Laich, aber auch Froschsche­nkel offenbar sehr gerne.

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