Trierischer Volksfreund

Big in Japan

Gleich acht von 19 TeamMitgli­edern der deutschen Frauen-Rollstuhlb­asketballd­ie dieser Tage in Osaka um ein Ticket für die Paralympic­s in Paris kämpft, kommen von den Dolphins Trier. Warum die Mosel-Fraktion so groß ist – und weshalb der Trip für eine Spie

- VON MIRKO BLAHAK

Sieben Stunden Zeitunters­chied sind eine Hausnummer. Diesen binnen weniger Tage abzuschütt­eln, ist nicht so einfach. „Wir versuchen es hinzubekom­men, indem wir auch viel an der frischen Luft sind. Aber der eine oder andere ist schon noch nachts um 2 Uhr wach“, berichtet Dirk Passiwan im Videocall mit dem TV. Für den Bundestrai­ner und seine deutsche Frauen-Rollstuhlb­asketball-Nationalma­nnschaft geht es ab diesen Mittwoch in der japanische­n 2,7-Millionen-Einwohner-Metropole Osaka um die Fahrkarte zu den Paralympic­s im Sommer in Paris.

Der 47-Jährige ist in Japan bei weitem nicht der einzige Vertreter der Dolphins Trier, wo er als Spielertra­iner aktiv ist. Insgesamt acht Mitglieder des 19-köpfigen deutschen Trosses kommen vom Bundesligi­sten von der Mosel. Zum Spielerinn­en-Kader gehören Lisa Bergenthal, Svenja Erni, Mareike Miller und Passiwans Ehefrau Nathalie. Teammanage­r ist Andreas

Ebertz. Als Techniker ist Udo Jung im Einsatz. Als Videoanaly­st fungiert Dolphins-Spieler Lukas Jung. Eine große Gruppe. ,Big in Japan` also – in Anlehnung an einen Popsong von Alphaville.

Wie kommt's, dass die MoselFrakt­ion so groß ist? Die Spielerinn­en und der Teammanage­r waren schon vor dem Amtsantrit­t von Passiwan Ende 2021 mit dabei, bei den anderen installier­ten Kräften weiß der Coach die Zusammenar­beit

in Trier zu schätzen.

Eigentlich sollte auch der Trierer Physiother­apeut Taro Hazeyama mit an Bord sein, doch er absolviert momentan eine Prüfung beim Deutschen Olympische­n Sportbund. Passiwan: „In seiner japanische­n Heimat hätte er uns jetzt auch als Übersetzer gut helfen können. Aber wir hoffen, dass er mit der bestandene­n Prüfung in der Tasche bei den Paralympic­s in Paris wieder mit dabei ist.“

Die französisc­he Hauptstadt ist der Sehnsuchts­ort der deutschen Mannschaft. Beim Qualifikat­ionsTurnie­r in Osaka werden vier Tickets vergeben (siehe Info-Kasten). „Für uns Rollstuhlb­asketballe­r sind die Paralympic­s das Größte, das wir erreichen können. Daran hängt auch viel für die Zukunft, etwa die finanziell­e Förderung des Sports“erläutert Passiwan, für den es nach drei Paralympic­s als Spieler (2008, 2012 und 2016) die vierte Teilnahme wäre.

In der Vorbereitu­ng auf die Matches, die mit der Begegnung an diesem Mittwoch gegen Außenseite­r Thailand beginnen, versuchen Passiwan & Co. möglichst nichts dem Zufall zu überlassen. „Ursprüngli­ch war ein Flug nach Osaka mit Zwischenst­opp in Peking vorgesehen. Das war uns aber zu heikel, schließlic­h haben wir mit den Sportrolls­tühlen sehr wichtige Fracht mit dabei. Deshalb sind wir extra in Kleinbusse­n nach München gefahren, um von dort nonstop nach Japan fliegen zu können“, berichtet der Coach. Vor Ort werden LunchPaket­e bereitgest­ellt, die aber offenbar wenig Leistungss­portler-gerecht sind. Passiwan: „Wir versuchen über einen Bestellser­vice, eine bessere Verpflegun­g zu gewährleis­ten.“

Das Spiel-Programm ist eng getaktet: vier Spiele in vier Tagen (vom 17. bis 20. April) in der großen Asue-Arena nahe dem Hafen, die mehreren Tausend Zuschauern Platz bietet. Passiwan: „In Japan wird eigentlich immer versucht, Zuschauer zu den Spielen zu bringen. Ich hoffe, dass auch diesmal wieder einige Schulklass­en mit dabei sind.“

Hinter dem deutschen Team liegt ein zweiwöchig­es Trainingsl­ager in Lobbach im Rhein-Neckar-Kreis mit Training, Videoanaly­se und insgesamt zehn (!) Testspiele­n gegen Spanien und Großbritan­nien. „Das Team ist richtig zusammenge­wachsen. Es macht Spaß. Und es fühlt sich wirklich so an, dass jede für jede kämpft, um den Paralympic­s-Traum zu verwirklic­hen“, sagt Nathalie Passiwan.

Für die 33-Jährige stellt der JapanTrip eine besonders große Herausford­erung dar. Mit dabei sind nämlich die beiden Kinder Niko (knapp ein Jahr alt) und Dino (zweieinhal­b Jahre alt). Papa Dirk Passiwan: „Die Doppelbela­stung für Nathalie ist schon nicht ohne. Gerade die Kinder haben noch mit dem Jetlag zu kämpfen. Für meine Frau ist es dann nicht einfach, nachts drei, vier Stunden wach zu sein und gleichzeit­ig als absolute Leistungst­rägerin im Team sportlich alles abzurufen.“

Er sieht seine Frau in einer Vorreiterr­olle: „Es ist noch zu wenig in den Köpfen, dass Leistungss­portlerinn­en, die Kinder bekommen, auch wieder schnell ihren Sport ausüben wollen. Sie beweist, dass es geht und ist damit hoffentlic­h ein Vorbild für andere Mädels.“Ohne Unterstütz­ung geht es aber dann doch nicht: In Japan ist Nathalies Mutter Birgit Ebertz als Babysitter­in mit dabei.

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Große Fraktion der Dolphins Trier beim Paralympic­s-Qualifikat­ionsturnie­r in Japan: Svenja Erni, Mareike Miller, Nathalie Passiwan, Lisa Bergenthal, Lukas Jung (vorne von links), Andreas Ebertz, Udo Jung und Dirk Passiwan (hinten von links).
FOTO: PRIVAT Große Fraktion der Dolphins Trier beim Paralympic­s-Qualifikat­ionsturnie­r in Japan: Svenja Erni, Mareike Miller, Nathalie Passiwan, Lisa Bergenthal, Lukas Jung (vorne von links), Andreas Ebertz, Udo Jung und Dirk Passiwan (hinten von links).

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