Bernd Hölzenbein und die ewige Elfmeter-Frage
Der Weltmeister hielt seinem Verein Eintracht Frankfurt stets die Treue. Nun ist er mit 78 Jahren gestorben.
(dpa) Elfmeter oder nicht? Diese Frage begleitete Bernd Hölzenbein sein Leben lang. Nun ist der Weltmeister von 1974, der von 1967 bis 1981 in 420 Bundesligaspielen das Trikot von Eintracht Frankfurt mit dem Adler auf der Brust trug, am Montag nach langer, schwerer Krankheit im Alter von 78 Jahren gestorben. Dies bestätigte der hessische Fußball-Bundesligist.
„Bernd Hölzenbein war ein überragender Fußballer und ein wundervoller Typ. Auf dem Rasen war er ein Schlitzohr, einer der Lösungen fand, die kein anderer gesehen hat. ‚Holz` konnte Tore aus allen Lagen erzielen, sogar im Sitzen hat er getroffen“, sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf: „Sein Tod reißt eine große Lücke bei der Eintracht und beim Deutschen Fußball-Bund.“
Wer an Hölzenbein denkt, der denkt vor allem an diese Szene im WM-Finale von München gegen die Niederlande, als er in der 24. Minute auf der linken Seite in den Oranje-Strafraum eindringt, der Niederländer Wim Jansen zur Grätsche ansetzt und Hölzenbein zu Fall kommt. Die Folge: Elfmeter für Deutschland, 1:1-Ausgleich durch Paul Breitner und nach dem Siegtor von Gerd Müller der Titel für die WM-Gastgeber. War es ein Strafstoß oder eine Schwalbe? „Egal, wo ich bin, das kommt immer als Erstes“,
berichtete Hölzenbein, den die ständige Konfrontation mit dieser Szene eine Zeit lang sehr genervt hat. „Wenn dieser Elfmeter das Einzige ist, das von mir in Erinnerung geblieben ist, dann ist das schade“, sagte „Holz“einmal.
Den bisher letzten Titelgewinn seiner geliebten Eintracht konnte Hölzenbein noch live verfolgen. Beim Europa-League-Triumph 2022 in Sevilla war das Club-Urgestein mit dabei, wenn auch im Hintergrund. Es war seine letzte große Reise mit der Eintracht. Ein leiser Abschied auf Raten – bedingt durch eine schwere Krankheit. Zu Beginn des Aufschwungs seines Herzensvereins war Hölzenbein noch mittendrin gewesen im Trubel, der 2018 mit dem Triumph im DFB-Pokal einsetzte und sich 2019 mit dem Einzug ins Halbfinale der Europa League fortsetzte. Sehr zur Freude Hölzenbeins, der dem Verein
auch in den schweren Zeiten in der 2. Liga stets die Treue gehalten hatte.
Hölzenbein war in Frankfurt eine Institution – wie sonst nur noch die im März 2022 gestorbene Club-Legende
Jürgen Grabowski, ebenfalls ein Weltmeister von 1974. Mit ihm prägte Hölzenbein, der mit 160 Toren Bundesliga-Rekordschütze der Eintracht ist, eine Erfolgsära am Main. Drei DFB-Pokalsiege 1975, 1976 und 1981 sowie der Uefa-CupSieg 1980 gegen Borussia Mönchengladbach stehen in der Vita des Flügelstürmers. Den Pokal ließ er damals übrigens für eine Nacht verschwinden, weil er sich über seine geplante Auswechslung im FinalRückspiel geärgert hatte.
Mit dem Dauerthema vom WMFinale 1974 ging Hölzenbein irgendwann lockerer um. „Ein Elfmeter war es auf jeden Fall, der Schiedsrichter hat ja gepfiffen.“Immer wenn Deutschland und die Niederlande gegeneinander spielen, wird das Thema im Nachbarland neu aufgewärmt. Einmal hat ein niederländischer TV-Sender Hölzenbein sogar Geld dafür geboten, zu sagen: „Ich habe mich fallen gelassen.“Hölzenbein lehnte ab, weil er sich keiner Schuld bewusst war.
Nach seiner aktiven Laufbahn blieb er der Eintracht als Vize-Präsident und Manager erhalten, erlebte mit der launischen Diva vom Main Höhen und Tiefen. Hölzenbein genoss das magische Dreieck um Uwe Bein, Andreas Möller und Anthony Yeboah, litt mit dem Team bei der verpassten Meisterschaft 1992 in Rostock und geriet im Steuerprozess um Yeboah ernsthaft in Bedrängnis.
Im Profifußball war Hölzenbein zuletzt nicht mehr aktiv, als Eintrachthörte er nach der Saison 2016/17 auf und begründete dies auch mit seinem hohen Alter. In der Corona-Zeit hatte er sich als Risikopatient schnell zurückgezogen.
„Wenn dieser Elfmeter das Einzige ist, das von mir in Erinnerung geblieben ist, dann ist das schade.“Bernd Hölzenbein Weltmeister von 1974