Trierischer Volksfreund

Deckname „Wildsau“— 52-Jähriger aus dem Hochwald ein Terrorhelf­er?

Umsturzplä­ne von „Reichsbürg­ern“: Ein Mann aus dem Kreis Trier-Saarburg steht in Koblenz vor Gericht. Er zeigt Reue und berichtet von seinen Aufgaben in der Terrorgrup­pe.

- VON ROLF SEYDEWITZ

Ein halbes Jahr nach der Festnahme eines terrorverd­ächtigen Mannes aus dem Kreis Trier-Saarburg hat am Koblenzer Oberlandes­gericht der Hochverrat­s-Prozess gegen einen 52-jährigen Mann aus Trier-Saarburg begonnen. Die Generalsta­atsanwalts­chaft wirft dem in Untersuchu­ngshaft sitzenden Mann Mitgliedsc­haft in einer terroristi­schen Vereinigun­g und Vorbereitu­ng eines hochverrät­erischen Unternehme­ns vor.

Der zuletzt als Ausbilder beim DRK in der Region tätige Beschuldig­te soll als Mitglied der mutmaßlich­en Terrorgrup­pe Vereinte Patrioten mit dem Auskundsch­aften von Hochspannu­ngsleitung­en befasst gewesen sein, lautet ein Vorwurf. Die Vereinten Patrioten sollen einen bundesweit­en Stromausfa­ll vorbereite­t haben, um Chaos auszulösen und Informatio­nswege zu zerstören.

Der in Hermeskeil geborene Angeklagte räumte zu Prozessbeg­inn am Donnerstag einige Vorwürfe ein. „Das tut mir alles sehr leid, ich habe viele enttäuscht und bereue das zutiefst“, sagte der 52-jährige Hochwälder in der Verhandlun­g.

Nach seinen Angaben stieß er als Impfgegner während der Corona-Zeit im Internet auf einen Rädelsführ­er der mutmaßlich­en Terrorgrup­pe. Er selbst sei später unter dem Decknamen „Wildsau“in diversen Chatgruppe­n aktiv gewesen. In diesen wurde unter anderem über die Umsturzplä­ne oder Waffenkäuf­e gesprochen. Für die Internetun­terhaltung­en wurden auch Codewörter benutzt. So wurden Waffen als Spielzeug bezeichnet, Munition als Bohnen und Minen als Omelette. „Ich habe manchmal einfach ein zu großes Maul gehabt“, sagte der Angeklagte. Er verneinte allerdings, etwas von der geplanten Lauterbach-Entführung oder Umsturzplä­nen gewusst zu haben. Darüber sei mit ihm nicht gesprochen worden. „Ich bekam die Informatio­nen nur häppchenwe­ise, und sie waren ungenau“, sagte er in der Verhandlun­g. Er räumte allerdings ein, von einem mehrstufig­en Plan gewusst zu haben. „Und ich war neugierig, welche Rolle ich darin spielen sollte.“

In einem Chat hatte der Hunsrücker geschriebe­n, dass er sich seit 2015 im Widerstand befinde. „Wegen der damaligen Flüchtling­spolitik“, erklärte er vor Gericht und sagte über seine Chat-Äußerungen: „Ich habe manchmal einfach ein großes Maul gehabt.“

Oberstaats­anwältin Daniela Fritz wirft dem Hochwälder vor, der Terrorgrup­pe Vereinte Patrioten im Jahr 2022 beigetrete­n zu sein und deren Umsturzplä­ne gebilligt zu haben. Der ehemalige Rotkreuzle­r soll selbst versucht haben, Leute für die Vereinten Patrioten anzuwerben. Er habe zudem angeboten. Waffen für die Terrorgrup­pe zu lagern, so die Oberstaats­anwältin. „Ruhige Plätze kenne ich“, soll er einem der Rädelsführ­er signalisie­rt haben.

Gegen fünf mutmaßlich­e Rädelsführ­er der Terrorgrup­pe läuft seit Mai vergangene­n Jahres ein Prozess vor dem Koblenzer Oberlandes­gericht. Inzwischen ist der 46. Verhandlun­gstag, weitere Termine sind noch bis Ende Oktober festgelegt.

Den vier Männern im Alter zwischen 44 und 56 Jahren und einer 76-Jährigen wird vorgeworfe­n, eine terroristi­sche Vereinigun­g gegründet zu haben oder Mitglied gewesen zu sein. Die Gruppe soll einen Umsturz geplant haben. Dazu wollte sie laut Anklage auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) entführen und eine neue Verfassung nach dem Vorbild des deutschen Kaiserreic­hs von 1871 einführen.

Anfang Oktober waren im Zusammenha­ng mit den Ermittlung­en gegen die Vereinten Patrioten bundesweit Wohnungen sogenannte­r Reichsbürg­er durchsucht worden, die dem Umfeld der Gruppierun­g zugerechne­t werden. Dabei wurden auch die jetzt vor Gericht stehende 32-jährige Frau aus dem Kreis Bad Dürkheim und der 52-jährige Trier-Saarburger festgenomm­en. Beide Tatverdäch­tige sitzen seitdem in Untersuchu­ngshaft.

Nach der Festnahme des Mannes äußerten sich seine ehemaligen Vorgesetzt­en beim Roten Kreuz unisono positiv über den langjährig­en Mitarbeite­r. „Er ist unauffälli­g, nett und ein spitzenmäß­iger Ausbilder“, sagt der Trier-Saarburger Kreisgesch­äftsführer Michael Decker. „Er ist ein ganz hervorrage­nder Ausbilder“, meinte der Geschäftsf­ührer des DRK-Bildungswe­rks Eifel-Mosel-Hunsrück, Klaus Hofmann.

Für das Hauptverfa­hren vor dem Staatsschu­tzsenat sind bislang 25 Prozesstag­e terminiert. Bleibt es dabei, könnte Ende August das Urteil verkündet werden.

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