20 Wochen warten auf Bauarbeiter
Kaum zu glauben: Trotz Wirtschaftskrise und gestiegenen Zinsen geht es der Baubranche blendend. Zumindest in der Region Trier. Doch das hat auch seine Schattenseiten. Zur Lage der Konjunktur im Handwerk.
Nach der aktuellen Konjunktur gefragt, fällt den meisten Experten und Unternehmern derzeit eher die Kinnlade nach unten. Ein breites Grinsen ist derzeit beim regionalen Handwerk allerdings auch nicht zu übersehen. Denn die Betriebe an der Mosel, in der Eifel und im Hunsrück zeigen sich in der aktuellen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer zu 85,2 Prozent zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage. Das ist angesichts der Krise am Bau in Deutschland, aber auch im benachbarten Luxemburg, das bereits fast 1300 Jobs in der Baubranche verloren hat, geradezu sensationell. Zudem kommt hinzu, dass dies landesweit in Rheinland-Pfalz aktuell der Spitzenwert ist. Und: Der Wert hat sich seit dem Frühjahr 2023 um 0,6 Prozent gesteigert. „Wir waren selbst ein wenig überrascht, aber die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache“, sagt Matthias Schwalbach, Konjunkturexperte der Handwerkskammer (HWK) Trier.
Allerdings zeigen sich zwischen den einzelnen Gewerken durchaus Höhen und Tiefen. Besonders positiv sieht die Lage im Bauhauptgewerbe aus: „Kein Betrieb aus dem Bauhauptgewerbe hat die aktuelle Geschäftslage als schlecht bewertet“, macht Schwalbach deutlich.
Aber auch im KFZ-Gewerbe sowie in den Handwerken für den gewerblichen Bedarf, zu denen etwa Gebäudereiniger, Land- und Baumaschinenmechaniker oder Metallbauer zählen, geben Zufriedenheitswerte zwischen 88 und 100 Prozent an.
Und selbst aus den Lebensmittelgewerben, die sonst eher zu den kritischen Branchen zählen, weil aufgebende Betriebe und fehlende Fachkräfte das Bild trüben, zeigen sich 71,5 Prozent der Unternehmen mit der aktuellen Lage zufrieden – „eine immense Steigerung von 38 Prozentpunkten gegenüber dem Frühjahr 2023, wo nur 33,4 Prozent der Betriebe zufrieden waren“, sagt der Konjunkturexperte.
Verhaltener, aber immer noch positiv, wird die Lage vom Ausbaugewerbe
mit 82,8 Prozent und zehn Prozent weniger als im Frühjahr 2023, dem Gesundheitsgewerbe mit 71,5 Prozent und Betrieben der personenbezogenen Dienstleistungen wie Friseure mit 70,6 Prozent bewertet.
Dass die Stimmung im regionalen Handwerk so gut ist, bedeutet allerdings für die Kundinnen und Kunden auch einen Wermutstropfen:
Ganze 20 Wochen müssen die nämlich auf Bauarbeiter im Bauhauptgewerbe warten, bis ein Trupp auf der Baustelle anrückt. „Man kann davon ausgehen, dass die Baubranche bis Jahresende alle Hände voll zu tun hat, ihre Aufträge abzuarbeiten“, sagt Matthias Schwalbach.
Branchenübergreifend reichen die Auftragsbestände im Durchschnitt für mehr als 12,7 Wochen. Das Ausbaugewerbe, das Handwerk für den gewerblichen Bedarf und die personenbezogenen Dienstleistungen verzeichnen eine Auslastung zwischen 8,4 und 12,4 Wochen. Alle weiteren Gewerbegruppen melden einen Auftragsbestand von drei bis fünf Wochen.
Das macht sich auch an den Daten zur Auslastung bemerkbar: Über alle Gewerks-Gruppen hinweg haben knapp acht von zehn Betrieben aktuell eine Auslastung von mehr als 70 Prozent. Innerhalb jeder Gewerbegruppe gaben mindestens sechs von zehn Betrieben an, dass sie zu mehr als 70 Prozent ausgelastet sind. Besonders deutlich ist das aktuelle Konjunkturhoch im Bauhauptgewerbe, den Handwerken für den gewerblichen Bedarf und dem KFZ-Gewerbe zu sehen: Hier beträgt die Auslastung jeweils rund 90 Prozent.
Dass die Betriebe im Handwerk der Region Trier durchaus gute Perspektiven sehen, zeigen die Investitionsneigung, die Beschäftigung und vor allem die künftigen Geschäftserwartungen: Etwa 40 Prozent der befragten Handwerksbetriebe haben im Durchschnitt 80.000 Euro in den Betrieb investiert. Allerdings planen für das kommende Quartal nur noch rund zehn Prozent der befragten Betriebe größere Investitionen.
In zwei von drei regionalen Handwerksbetrieben ist die Zahl der Beschäftigten im Vergleich zum Vorquartal gleichgeblieben. Neun Prozent der Betriebe haben zudem zusätzliches Personal eingestellt. In den kommenden Monaten wollen 15 Prozent der Handwerker weiteres Personal einstellen.
Was die zukünftige Geschäftslage angeht, rechnen insgesamt 84,5 Prozent der Betriebe, damit, dass die Geschäfte gleich gut bleiben oder gar zunehmen werden. Dabei sind – wie zu erwarten – Bauhaupt-, die Gesundheits- und Kraftfahrzeuggewerbe, die personenbezogenen Dienstleistungen sowie die Handwerke für den gewerblichen Bedarf besonders optimistisch.
HWK-Chefvolkswirt Matthias Schwalbach sieht das regionale Handwerk demnach als „krisenfest an. Generell hat sich bei allen Gewerben die Lage verbessert, ausgenommen beim Gesundheitsund Ausbaugewerbe. Die Handwerkskonjunktur in der Region ist robust“, sagt er. Die Belastungen und Risiken seien zwar groß. Aber: „Unsere Betriebe haben sich in der Großregion erfolgreich positioniert. Trier liegt im landesweiten Vergleich vorne. Das Handwerk bietet nach wie vor sichere Arbeitsund Ausbildungsplätze.“