Schrottautos, Buckelpisten und Abenteuer: Zwei Jungs aus Bitburg beim Pothole Rodeo
Beim Pothole Rodeo geht es um eine besondere Art des Motorsports: Kern der Herausforderung ist es, mit alten, schrottreifen Autos auf schlechten Wegen lange Strecken zurückzulegen. Schlaglöcher („Potholes“) gehören ausdrücklich dazu. Zwei Jungs aus Bitbur
„Normal ist das nicht!“steht ganz oben auf dem Flyer des diesjährigen Pothole Rodeo-Wettbewerbs. Im August werden zwischen 100 und 200 Teilnehmer in sechs Tagen mit schrottreifen Autos das Baltikum durchqueren – immer auf den möglichst holprigsten und unbequemsten Straßen. Was für viele Leser vielleicht ungemütlich klingt, ist für Andre Schmitz und Robin Niederprüm aus Bitburg ein Traum.
Altes Notarzteinsatzfahrzeug fahrtüchtig gemacht für Pothole Rodeo
Aber wie kamen die zwei dazu, bei so etwas mitzumachen? „An Autos herumschrauben ist seit Langem ein Hobby von mir“, sagt Andre.
„Vor ein paar Jahren habe ich einem Händler in Bitburg ein altes Notarzteinsatzfahrzeug mit defektem Motor abgekauft und es mit Robin dazu fertiggemacht, vernünftig auf Reisen zu gehen.“Vor zwei Jahren sei den beiden dann die Idee gekommen, beim Pothole Rodeo in Deutschland teilzunehmen. Voriges Jahr haben sie dann gleich auch bei der Austragung in Österreich mitgemacht.
Seitdem sind sie von dieser speziellen Sportart komplett begeistert. „Das Coole am Pothole Rodeo ist, dass es nicht darum geht, wer am schnellsten ankommt“, erklärt Robin. „Im Gegenteil: Der Weg ist das Ziel.“Beim Pothole Rodeo gibt es nämlich keine fest vorgegebenen Strecken.
An jedem Renntag gibt es lediglich einen Start- und einen Endpunkt sowie einige freiwillige Aufgaben, die die Teilnehmer jeden Tag mit auf den Weg bekommen. „Das sind dann Sachen, die man zum Spaß machen kann. Pflicht ist das aber nicht“, erklärt Andre. Eine Challenge sei bei einer vergangenen Austragung beispielsweise das „Kuhschmusen“gewesen. Worum es dabei ging, ist selbsterklärend.
Mit Schrottautos und Zusammenhalt ins AbenteuerWer
beim Pothole Rodeo, was übersetzt „Schlagloch Rodeo“bedeutet, glatten Asphalt und hohe Geschwindigkeiten vermutet, sucht vergeblich. „Da man ja das Abenteuer sucht, fährt man immer auf den möglichst holprigsten und unzugänglichsten Strecken“, meint Robin. „Für Sightseeing sind wir eben nicht die Typen. Solche Touren, bei denen jeder Tag anders ist, sind eher unser Ding.“
Und noch eine Sache ist essenziell: „Beim Pothole Rodeo gibt es eine eingeschworene Gemeinschaft“, erklärt Andre. „Es ist unter den Teilnehmern üblich, dass man sich hilft und sich unterstützt, wo man kann.“Da das Ganze keinen Wettkampfcharakter hat, helfe man sich gerne gegenseitig bei Defekten oder anderen Problemen aus. So entstehen laut Andre und Robin echte Freundschaften. Bei den Wettbewerben nehmen sowohl Auto- als auch Motorradfahrer teil.
Eifeler Teilnehmer am Pothole Rodeo sammeln Spenden für krankes Mädchen
Mit dem freundschaftlichen Charakter des Pothole Rodeo hängt ein weiterer Aspekt zusammen, der im Vordergrund steht. „Beim Pothole Rodeo ist es üblich, dass Spenden für gute Zwecke gesammelt werden“, sagt Andre. „Dieses Jahr wollen auch wir im Zusammenhang mit unserer Tour ins Baltikum Spenden für ein Mädchen aus der Eifel sammeln.“Das Mädchen ist laut Andre 16 Jahre alt und leidet an der Nervenkrankheit Infantile Cerebralparese (ICP) sowie an Epilepsie. Bei einer Spendenaktion des Vereins Lichtblick aus Bitburg, für die Andre und Robin Aufmerksamkeit schaffen wollen, wird Geld für einen Mollii Suit gesammelt.
Dieser Anzug könnte dem Mädchen helfen, besser mit seiner Krankheit leben zu können. Der Veranstalter des Pothole Rodeo, der „BackRoadClub“, unterstützt seit diesem Jahr ebenfalls das Projekt „Leben in Frieden“. Dieses hilft Jugendlichen in der Ukraine bei der Traumabewältigung.
Die Regeln beim Pothole RodeoWie
bei jedem anderen Wettbewerb gibt es auch beim Pothole Rodeo Regeln. Diese werden vom BackRoadClub festgelegt. Um am Pothole Rodeo teilzunehmen, muss mindestens eine von drei Anforderungen erfüllt werden, wie Andre erläutert: „Das Fahrzeug darf entweder nicht mehr als 50 PS haben, muss mehr als 500.000 Kilometer gefahren sein oder darf nicht mehr als 500 Euro kosten. Seit diesem Jahr erfüllt unser Fahrzeug gleich zwei der drei Kategorien,
nämlich die letzten beiden.“
Dieses Jahr geht es beim Pothole Rodeo quer durchs Baltikum
Dann kann es ja losgehen. Ihre diesjährige Reise wird Andre und Robin im August ins Baltikum führen. Für die Reise haben die beiden ihr Fahrzeug mit einigen Hilfsmitteln versehen.
Im Kofferraum des alten Volkswagens haben sie eine ausziehbare Schublade sowie einen Tisch montiert, auf dem sie während ihrer Reise essen können. Ein Hingucker: Die alte Steuerkassette des früheren Notarzt-Fahrzeuges haben Andre und Robin dringelassen.
Auf der Rückbank befindet sich ein kleiner Kühlschrank für Lebensmittel. Und auf dem Dach haben die beiden ein Zelt montiert, das sie zum Schlafen blitzschnell aufbauen können. „Das wird dieses Jahr besonders wichtig sein“,
sagt Andre. „Auf den letzten beiden Touren haben wir immer auf dem Campingplatz übernachtet, aber diesmal wollen wir das erste Mal wild campen.“
Dazu bieten sich im Baltikum, wo das Wildcampen erlaubt ist, beste Bedingungen. Ansonsten ist aber noch nicht so viel über die Route im Sommer bekannt, wie Robin erklärt: „Um die Spannung hochzuhalten, werden die Details immer erst kurz vor Beginn des Rennens bekannt gegeben. Wir wissen nur, dass es im Norden Polens losgeht. Dann durchqueren wir innerhalb von sechs Tagen Litauen, Lettland und Estland. Dabei werden pro Tag 350 bis 400 Kilometer zurückgelegt.“
Neben den Rennen in Deutschland, Österreich und im Baltikum gibt es weitere beliebte PotholeRouten. So führt die Route „Celtic“durch Großbritannien und Irland,
eine andere quer durch den Balkan. Mit der Anreise ins Baltikum werden Andre und Robin im Sommer insgesamt über 5000 Kilometer mit ihrem alten Notarzteinsatzfahrzeug zurücklegen. Die beiden sind sich sicher: „Das wird unsere unvergesslichste Tour bisher.“