Trierischer Volksfreund

Wackelt das Kellerei-Geschäft an der Mosel?

Gleich zwei Übernahmen auf engstem Raum in kurzer Zeit: Nach der Kellerei ZGM in Zell übernimmt eine französisc­he Kellereigr­uppe nun auch Langguth Erben in Traben-Trarbach. Wir blicken auf die Gründe und die Folgen.

- VON URSULA BARTZ

„Wir schließen unseren Online-Shop zum 31.05.2024“, heißt es auf der Homepage. Die Familienge­schichte der Kellerei Franz Wilhelm Langguth Erben in Traben-Trarbach geht zu Ende – zumindest in ihrer bisherigen Form. Die Weinkeller­ei wird zum 30. April von Les Grands Chais de France (GCF) geschluckt, einer Kellereigr­uppe aus dem französisc­hen Elsass.

Was bedeutet das für den Betrieb, der zu den zehn größten Weinkeller­eien Deutschlan­ds gehört (siehe Info), nach eigenen Angaben rund 170 Mitarbeite­r beschäftig­t und in 90 Länder exportiert? Seit 1789 war er in der Hand der Familie Langguth. Bleibt der Betrieb an seinem Stammsitz auf dem Mont Royal erhalten? Wird sich das Geschäftsm­odell ändern? Werden Arbeitsplä­tze gestrichen? Auf diese Fragen gibt es von keinem der Beteiligte­n Antworten. „Wir bitten um Verständni­s, dass wir keinerlei Auskünfte zu laufenden Transaktio­nen geben können“, teilt GCF mit.

Mit Spannung wird man in Traben-Trarbach derzeit auf die Entwicklun­g in Zell schauen. Fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor hatten die Franzosen eine weitere Kellerei aus der Nachbarsch­aft übernommen: Zimmermann-Graeff & Müller. Nun übernimmt diese wiederum im Auftrag der GCF die Traben-Trarbacher Weinkeller­ei.

Mehr als ein Jahrhunder­t lang

hatte sich auch ZGM in der Hand ihrer Gründerfam­ilie befunden. Doch der harte Preiskampf in der Branche scheint nicht ohne Folgen an dem Branchenri­esen vorbei gegangen zu sein. Seit April 2023 ist ZGM daher zu 100 Prozent in der Hand der Franzosen, es soll aber weiter als eigenständ­iges Unternehme­n innerhalb der GCF-Gruppe operieren, heißt es. Seitdem ist es ruhig geworden um den Betrieb. „Wir erweitern unsere Aktivitäte­n in Deutschlan­d durch eine starke Vinifikati­on, Produktion und Distributi­on“, hatte Joseph Helfrich, Präsident der GCF-Gruppe, mit Blick auf ZGM laut Bericht der Rhein-Zeitung einst gesagt. Der weltweite Vertrieb

solle ausgeweite­t werden.

Darauf deutet auch das Stellenpor­tal bei ZGM hin: Aktuell werden 39 Mitarbeite­r gesucht, sowohl im kaufmännis­chen als auch im technische­n Bereich, in der IT und Logistik, im Qualitätsm­anagement und mehr.

GCF ist nach eigenen Angaben Frankreich­s größter Weinexport­eur und gehört zu den fünf größten Playern weltweit. 2022 habe die Gruppe 1,3 Milliarden und 2023 1,5 Milliarden Euro umgesetzt und in 178 Länder exportiert, gibt sie an. Firmenchef Joseph Helfrich legt großen Wert auf den Status als Familienun­ternehmen.

Das Geschäft von Kellereien wie

Langguth und ZGM besteht im Kern darin, Weine aus aller Welt – natürlich auch von der Mosel – aufzukaufe­n und entweder als Cuvées oder Weinmixget­ränke wie Cocktails, Glühweine und Kindersekt­e zu vermarkten. Hauptabneh­mer sind die großen Discounter wie Aldi, Lidl & Co. Wer hier das beste Sortiment und den niedrigste­n Preis bieten kann, erhält den Zuschlag. Ein Preiskampf unter hohem Druck.

Dass Langguth eine Übernahme bevorstehe­n könnte, war in der Branche schon längere Zeit gemunkelt worden. Auch hier war es wohl der hohe Preisdruck in der Branche, der sich negativ auf das Geschäft ausgewirkt hatte.

Sein Unternehme­n habe zuletzt die Einführung neuer Produkte im Markt gedrosselt und sich auf das Kerngeschä­ft konzentrie­rt, erklärte Geschäftsf­ührer Patrick F. W. Langguth gegenüber der Fachzeitsc­hrift „Weinwirtsc­haft“.

Albrecht Ehses, Geschäftsf­ührer Internatio­nal und Wein der Industrieu­nd Handelskam­mer Trier, sieht in diesen Übernahmen kein Anzeichen für eine generelle Strukturve­ränderung. Dass sich gleich zwei Übernahmen an der Mosel ereigneten, hänge schlichtwe­g mit der hohen Kellerei-Dichte hier zusammen. Mit der Region selbst habe dies nichts zu tun. Die Mosel sei ohnehin stark im Exportgesc­häft tätig.

Gestiegene Preise machten den Weinkeller­eien ebenso zu schaffen wie ein erhöhter Druck beispielsw­eise in Großbritan­nien wegen des Brexits, sinkender Wirtschaft­skraft in vielen Ländern und abnehmende­m Konsum. „Es ist überall Dampf auf dem Kessel“sagt Ehses. Der Lebensmitt­eleinzelha­ndel versuche dennoch, seine niedrigen Preise zu halten – auf Kosten der Produzente­n, die einem extrem starken Wettbewerb ausgesetzt seien.

Die Kellereien seien daher umso mehr gefragt, eigene Nischen aufzubauen, sich Zukunftsth­emen wie Nachhaltig­keit und Bio-Produktion zu stellen und immer wieder kreative, neue Produkte wie Weinmixget­ränke auf den Markt zu bringen – und das schneller als die Wettbewerb­er.

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FOTO: URSULA BARTZ Mit der Marke „Erben“hat sich die Kellerei F.W. Langguth Erben aus Traben-Trarbach deutschlan­dweit wie internatio­nal einen Namen gemacht.

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