Rangnick kommt nur als „Ralf allmächtig“
Österreichischer Nationaltrainer bestätigt Kontakt mit dem FC Bayern München. Aber passt das überhaupt?
(sid) Ralf Rangnick bestellte Tee, dann schenkte er dem FC Bayern reinen Wein ein. Ein Engagement beim deutschen FußballRekordmeister, meinte der neueste Münchner Wunschkandidat, werde sicher nicht am Geld scheitern. „Für mich geht es um andere Dinge: Kann ich etwas bewegen? Kann ich etwas bewirken? Besteht die Chance, eine Mannschaft zu entwickeln und erfolgreich zu sein? Das treibt mich an.“Im Klartext: Ich komme gerne – aber nur als „Ralf allmächtig“.
In einem am Dienstag geführten und tags darauf veröffentlichten Interview mit dem Portal 90minuten. bestätigte Rangnick die „Kontaktaufnahme“der Bayern – und zeigte klar auf, unter welchen Bedingungen er sich einen Wechsel vom österreichischen Verband vorstellen könnte. Aktuell, betonte der 65-Jährige, liege sein „Fokus“auf der EM im Sommer mit Österreich – und zwar „vollkommen“, denn: „Ich fühle mich hier wohl.“
Rangnick hatte es sich bei einer Tasse Tee in einem Sessel eines Wiener Nobelhotels bequem gemacht. Er sehe „im Moment keinen Grund“, beteuerte er, „mich intensiv und konkret“mit den bayerischen
Avancen zu beschäftigen. Seine Haltung ändern werde er erst „in dem Moment, wo die Bayern sagen würden: Wir wollen Sie“, erzählte er offen. „Dann muss ich mich fragen: Will ich das überhaupt?“
Gar nicht so sehr durch die Blume heißt das: Der erneute Austausch mit den Münchner Bossen am vergangenen Wochenende hat Rangnick noch nicht davon überzeugt, dass diese ihm die erhoffte Machtfülle zugestehen wollen. Dabei sind die Bayern nach dem „Nein“von Xabi
Alonso (Bayer Leverkusen) und der gescheiterten Rückhol-Aktion von Bundestrainer Julian Nagelsmann fast gezwungen, alles auf die Karte Rangnick zu setzen.
Aber passt das überhaupt? „Ich traue es Rangnick zu“, sagte Lothar Matthäus der Sport Bild. Der „Entwickler“könne „mit seinem alten Weggefährten Christoph Freund“, dem Bayern-Sportdirektor, „auch am Campus gute Impulse setzen“. Dafür aber, gab der Rekordnationalspieler zu bedenken, müsse „die
Chemie mit allen Beteiligten passen“. Da ist Skepsis geboten.
Zwar hat Rangnick den Zwist mit dem Münchner Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß längst beigelegt. Dass ihm die Bosse aber das angeblich geforderte letzte Wort bei Spielertransfers zugestehen werden, ist unwahrscheinlich. Rangnick war immer dann am stärksten, wenn er etwas Neues mit höchstmöglicher Entscheidungsgewalt anschieben konnte – wie in Hoffenheim oder Leipzig. In München, wo die Trainer traditionell einzig als Fußballlehrer geholt werden, wäre ein Machtgerangel mit Sportvorstand Max Eberl und Freund unausweichlich.
Andererseits: Bei Bayern träfe Rangnick auf Bekannte aus dem RBKosmos. Neben Eberl und Freund gilt das für Campus-Chef Jochen Sauer, Richard Kitzbichler, der an der Schnittstelle zwischen Profiund Nachwuchsabteilung agiert, und René Maric, dem „Teamleiter Trainerentwicklung & Spielidee“. Dennoch: Rangnicks „Ja“ist kein Selbstläufer. Und so wird weiter spekuliert über Arne Slot (Feyenoord Rotterdam), Julen Lopetegui (ehemals Real Madrid) und Roberto De Zerbi (Brighton & Hove).