Wer zahlt die Polizeikosten bei Risikospielen?
Stadt Bremen stellt der DFL Mehrkosten bei Werder-Spielen teils in Rechnung. Ob sie das darf, prüft nun das höchste deutsche Gericht.
(dpa) Schon seit Jahren streitet die Deutsche Fußball Liga mit der Freien Hansestadt Bremen darüber, wer für den zusätzlichen Polizeiaufwand bei sogenannten Hochrisikospielen in der Bundesliga aufkommen muss. Jetzt soll das höchste deutsche Gericht entscheiden. Mit einer Verfassungsbeschwerde am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe richtet sich die DFL gegen die Bremer Regelung, die die Kosten an die Liga weiterreicht. Wie stehen die Erfolgschancen? Und welche Auswirkungen könnte das Urteil haben? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Um welche Regelung geht es?
Es geht um einen Passus im Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz. Seit 2014 ist dort festgehalten, dass die Stadt bei bestimmten Veranstaltungen Gebühren erheben kann, wenn vorhersehbar zusätzliche Einsatzkräfte der Polizei benötigt werden. Die Regelung bezieht sich auf gewinnorientierte, erfahrungsgemäß gewaltgeneigte Veranstaltungen mit mehr als 5000 Menschen. „Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht“, heißt es. Der Veranstalter muss vor der Veranstaltung über die Gebührenpflicht informiert werden.
Um wie viel Geld geht es?
Den ersten Gebührenbescheid bekam die DFL 2015 – damals zu einer Partie zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV. Rund 400 000 Euro stellte der Stadtstaat Bremen der DFL in Rechnung. Weitere folgten. Insgesamt geht es mittlerweile um Gebühren von mehr als drei Millionen Euro. Davon soll die
DFL bislang rund zwei Millionen Euro gezahlt haben. Auch abseits von Hochrisikospielen kosten die Polizeieinsätze bei Fußballspielen viel Geld. So summierten sich in der Saison 2022/23 in RheinlandPfalz die Kosten bei allen Partien der 1. und 2. Liga, der Regionalliga, der Oberliga, bei Pokalpartien, einer
Relegationsbegegnung und einem Länderspiel auf insgesamt rund 4,6 Millionen Euro.
Was sagt die DFL?
Nach Ansicht des Dachverbands für die 1. und 2. Liga ist die betroffene Regelung verfassungswidrig. Sie argumentiert, es fehle an einer
abgrenzbaren, ihr zurechenbaren Leistung der Stadt Bremen. Die sei aber verfassungsrechtliche Voraussetzung für eine rechtmäßige Gebührenerhebung. Außerdem seien einzelne Störer für den erforderlichen Polizeieinsatz verantwortlich und nicht die Organisatoren. Die Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte
werde nicht von der DFL veranlasst. Die Polizei werde vielmehr im Interesse der Allgemeinheit tätig. Ein etwaiger Mehraufwand zur Verhinderung von Gewalttaten rechtfertige daher keine Gebührenpflicht. Der DFB, der von der 3. Liga abwärts an für den Spielbetrieb zuständig ist, schließt sich der Argumentation an.
Wie stehen die Erfolgschancen?
Das ist schwierig zu sagen. Mehrere Gerichte haben sich mit dem umstrittenen Thema befasst. In den meisten Fällen scheiterte die DFL mit ihrer Klage gegen die Gebührenerhebung. Allein in der ersten Instanz hatte sie Erfolg: 2017 erklärte das Verwaltungsgericht Bremen den Bescheid für rechtswidrig. Die Vorsitzende Richterin begründete das Urteil damals unter anderem mit Mängeln bei der Gebührenfestsetzung. Das Urteil wurde jedoch ein Jahr später in der nächsten Instanz vom Oberverwaltungsgericht Bremen aufgehoben.
Wann fällt das Urteil?
Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.
Welche Auswirkungen könnte das Urteil haben?
Wenn sich das Bremer Modell durchsetzen würde, kämen auf die Proficlubs erhebliche finanzielle Mehrbelastungen zu. Bisher ist unter anderem Nordrhein-Westfalen mit seinen zahlreichen Proficlubs gegen Gebührenbescheide. „In Hessen sind derzeit keine Gebührenbescheide bei Hochrisikospielen beabsichtigt. In Rheinland-Pfalz ist das anders. „Wie sich bereits aus dem Koalitionsvertrag ergibt, ist das Land Rheinland-Pfalz grundsätzlich gewillt, die Schaffung einer Gebührenregelung für Hochrisiko-Veranstaltungen zu unterstützen“, sagt eine Sprecherin. „Dabei macht es jedoch nur Sinn, ein gemeinsames, ländereinheitliches Vorgehen zu verfolgen, um eine einheitliche und faire Regelung zu gewährleisten. Daher bleibt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten.“