Fleisch ohne Reue
Die Dokumentation „Echtes Fleisch ohne Tier“wirft einen Blick in die Zukunft.
SAARBRÜCKEN( ry) Es sieht aus wie Huhn, es schmeckt so, doch es stammt nicht vom Huhn. In KalifornienkommenFleisch und Fisch jetzt aus dem Bioreaktor. Wissenschaftsjournalist Ingolf Baur hat beides probiert.
52 Kilo Fleisch verzehrte ein Mensch in Deutschland 2022. Nun züchten Unternehmen weltweit aufwendig Muskelzellen, um die Lust auf Fleisch ökologisch und ethisch korrekt zu stillen. Können wir echtes Fleisch bald komplett ohne Tierleid und schlechtes Gewissen genießen?
Nicht nur das Tierwohl, auch der ökologische Fußabdruck der industriellen Tierhaltung verlangt einUmdenken. 15 Prozent der globalenTreibhausgasemissionen, ein gigantischer Land- undWasserverbrauch, Antibiotikaresistenzen: Die massenhafteTierzucht istzum planetaren Problem geworden.
Joshua Tetrick hat mit „Good Meat“als eines der beiden ersten Unternehmen in denUSAeine Zulassung für kultiviertes Fleisch bekommen. In Tanks mit bis zu 3500 Litern vermehrt er Muskelzellen von Hühnern und füttert siemit allem, was ein Hühnerkörper auch zu bieten hat: unterschiedlichste Kohlenhydrate, Proteine, Fette, Vitamine, Mineralstoffe – alles pflanzenbasiert. Heraus kommt ein Brei aus Zellen, der mithilfe eines pflanzlichen Gerüsts zu fasrigem
Fleisch geformt wird. Noch kostet das Kilo viele Hundert Dollar. Lässt sich die Produktion auf einen global relevanten Maßstab skalieren?
Was sind die Alternativen? Alison Van Eenennaam von derUniversity of California versucht, die Fleischproduktion effizienter zu machen. Mit der Genschere CRISPR hat sie das Erbgut eines Rindes so verändert, dass dessen Nachkommen ausschließlich männlich sind. Ein großerVorteil, schließlich wachsen
männliche Tiere schneller, weibliche Kälber haben einen höheren Ressourcenverbrauch, um dieselbeMenge Fleisch zu erzeugen. Sie brauchen mehr Futter, mehrWasser und emittieren mehr Methan, der ökologische Fußabdruck der Viehhaltung würde also kleiner.
Für Pasi Vainikka von „Solar Foods“aus Helsinki sind das alles nur Zwischenschritte aufdemWeg zu einer nachhaltigenNahrung der Zukunft: In gigantischen Fermentern züchtet er eine ganz neue Kategorie
von Lebensmitteln: Bakterien, die mit CO2 undWasserstoff gefüttert werden und zu einem Produkt namens „Solein“angerührtwerden. Ein geschmacksneutraler, proteinreicher Grundstoff, der Eier undMilch in praktisch allen Lebensmitteln ersetzen kann. Die Dokumentation zeigt: Die Zukunft wird anders schmecken.
Echtes Fleisch ohne Tier – Die Zukunft schmeckt anders, 20.15 Uhr,