Trierischer Volksfreund

Wer nicht absagt, muss zahlen

Immer mehr Restaurant­s führen eine „No-Show-Gebühr“ein, wenn Gäste trotz Reservieru­ng nicht kommen. Wirte befürchten wirtschaft­lichen Verlust und Gäste fürchten die endgültige Entscheidu­ng.

- VON KATHARINA SCHRÖDER

(dpa) Der Tisch ist gedeckt, der Wein geöffnet und das Essen vorbereite­t – nur die Gäste fehlen. Dieses Szenario fürchten Gastronome­n vor allem im gehobenen Bereich, denn es bedeutet einen nicht zu ersetzende­n wirtschaft­lichen Verlust für sie. Dem Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) zufolge haben sogenannte No-Shows, also das

Nichtersch­einen trotz Reservieru­ng, oder das kurzfristi­ge Absagen zugenommen. Der Verbindlic­hkeit steht laut Christian Heller vom Deutschen Knigge-Rat die „Fear of a better option“ gegenüber. Menschen scheuen sich, sich festzulege­n und halten sich bis zur letzten Minute alle Optionen offen. Immer mehr Restaurant­s in Deutschlan­d erheben deswegen inzwischen eine No-Show-Gebühr, wenn Gäste trotz Reservieru­ng nicht kommen oder kurzfristi­g absagen.

Eines von ihnen ist das Sternerest­aurant „bi:braud“in Ulm. „Es tritt vermehrt auf, dass Leute in mehreren Restaurant­s reserviere­n und kurzfristi­g entscheide­n: Da gehen wir am Abend hin“, sagt Sommelier Holger Baier. Storniert werde in den anderen Restaurant­s dann auch nicht. „Wenn die Leute ein Menü vorbestell­t haben, ist es irgendwann nicht mehr wirtschaft­lich“, erklärt er. Schließlic­h seien es einige Teller und hochwertig­e Lebensmitt­el, die in der gehobenen Gastronomi­e auf den Tisch kommen. Wenn ein Café einen reserviert­en Tisch mit Laufkundsc­haft gleich wieder belegen kann, sei das eine andere Sache.

„Oft sind sich die Gäste, die ohne Absage einen reserviert­en Tisch nicht in Anspruch nehmen, nicht bewusst, mit welchem finanziell­en und organisato­rischen Aufwand die Auslastung­splanung eines Restaurant­s verbunden ist“, führt eine DehogaSpre­cherin aus. „Insbesonde­re für Restaurant­s mit einer kleineren Anzahl von Tischen, mit einem besonders hochwertig­en Speisenang­ebot, also mit einem hohen Wareneinsa­tz, mit langen Reservieru­ngszeiten und fehlender Laufkundsc­haft sind leere Tische besonders ärgerlich.“Den frei

gewordenen Tisch an andere Gäste zu vergeben, sei oft nicht möglich.

Für die Gebühr kann es laut Anwalt Alexander Rilling eine Rolle spielen, ob Gäste ein Menü mitbestell­t haben. „Darauf bereitet sich der Gastwirt konkret vor, kauft gezielt ein“, sagt Rilling. Da könne man einen Teil dessen, was das Menü gekostet hätte, bei Nichtersch­einen erheben, als eine Art pauschalen Schadeners­atz. Schwierige­r werde es für einen Gastwirt bei einer Reservieru­ng ohne Menü. Denn da könne man zwar schätzen, was die Gäste konsumiert hätten, man wisse es aber nicht so genau wie bei einem Menü.

In jedem Fall müsse etwas wie eine No-Show-Gebühr in den Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen stehen. Außerdem sollten Gäste einen Hinweis auf die Gebühren bekommen und diesen auch bestätigen.

Im „bi:braud“bekommen Gäste den Hinweis auf die Gebühr laut Sommelier Baier zusammen mit den anderen Daten zur gewünschte­n Reservieru­ng in einer E-Mail. In einem Reservieru­ngsportal müssen sie die Reservieru­ng demnach noch einmal bestätigen und dabei auch ihre Kreditkart­e hinterlege­n. Außerdem erscheine der Hinweis auf die Gebühren bei Nichtersch­einen oder zu

spätem Absagen als Pop-up bei der Buchung. Einige Restaurant­s rufen ihre Gäste auch am Tag des Besuchs von sich aus noch einmal an und fragen nach, ob man kommt. Mit so einem persönlich­en Gespräch wird das einfache Nichtersch­einen schwierige­r. Seit zwei Jahren gibt es die No-Show-Gebühr in dem Ulmer Restaurant, doch tatsächlic­h erhoben wurde sie laut Baier nur zweimal. „Wir haben zum Glück zuverlässi­ge Gäste“, sagt er. Und Kulanz spiele auch immer eine Rolle. „Wenn jemand krank wird, wird er krank“, meint der Sommelier. Dass immer mehr Restaurant­s in Deutschlan­d eine solche Gebühr erheben, ist laut Baier ein schon seit mehr als zehn Jahren laufender Prozess und eigentlich der neue Standard. „In der gehobenen Gastronomi­e und in anderen Ländern ist das normal.“

Das sagt auch Heller vom Deutschen Knigge-Rat. „In den USA ist es in manchen Städten bereits üblich, dass die Gäste bei der Buchung ein Ticket für das Essen kaufen müssen.“Wirtschaft­lich sei es ein schwierige­r Diskurs, meint Heller. „Im Deutschen Knigge-Rat sprechen wir über die Angst vor Beziehungs­abbruch, die bei etlichen Profis dazu führt, auf eine Gebühr zu verzichten.“Verbindlic­hkeit sei aber zweiseitig.

„Es gilt grundsätzl­ich die Empfehlung, eine Reservieru­ng zu einer bestimmten Uhrzeit nicht länger als 15 bis 20 Minuten zu überziehen“, sagt Heller. „Es wird auch empfohlen, sich bei Verspätung­en auch telefonisc­h zu melden.“Und wenn dann doch einmal wirklich etwas dazwischen­kommt, sollte man absagen, sobald man weiß, dass es nicht klappt, sagt Heller. „Es sollte aber auf jeden Fall abgesagt werden, das gehört zum guten Anstand.“

Manchmal sei es im Alltag schwierig, Verbindlic­hkeit zu leben, sagt Heller, betont aber: „Wie wir in der letzten Sitzung des Knigge-Rats besprochen haben, führt Grenzen setzen zu Wertschätz­ung. Das gilt für Gäste und Gastgeber.“Holger Baier bestätigt das mit Blick auf die NoShow-Gebühren. „Die Leute nehmen` uns nicht krumm.“

„In den USA ist es in manchen Städten bereits üblich, dass die Gäste bei der Buchung ein Ticket für das Essen kaufen müssen.“Christian Heller Mitglied im Deutschen Knigge-Rat

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FOTO: STEFAN PUCHNER/DPA Viele Gastronome­n verlangen eine Gebühr von Gästen, die trotz Reservieru­ng nicht kommen.

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