Trierischer Volksfreund

Höhere Ticketsteu­er belastet Urlauber

Mit einer höheren Ticketsteu­er will die Bundesregi­erung ab dem 1. Mai Milliarden­löcher im Haushalt stopfen. Das bleibt nicht ohne Folgen für Branche und Urlauber.

- VON FRIEDERIKE MARX UND CHRISTIAN EBNER Produktion dieser Seite: Markus Renz, Lucas Hochstein

(dpa) Die Steuer auf Flugticket­s von deutschen Abflugorte­n steigt zum 1. Mai erneut. Das hat Folgen für Urlauberin­nen und Urlauber. Zugleich befürchten Reiseveran­stalter und Airlines Belastunge­n in Millionenh­öhe und langfristi­ge Probleme durch die Entscheidu­ng der Ampel-Koalition. Die Steueranhe­bung ist Teil des Maßnahmenp­akets, mit dem die Bundesregi­erung nach einem Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts Milliarden­löcher im Haushalt stopfen will.

Werden Pauschalre­isen und Flugticket­s künftig teurer?

Wahrschein­lich, denn grundsätzl­ich müssen Wirtschaft­sunternehm­en wie Airlines oder Reiseanbie­ter immer versuchen, zusätzlich­e Kosten an ihre Kunden weiterzuge­ben. Steuern und Abgaben machen aber nur einen Teil des Preises einer Pauschalre­ise aus. Zu Buche schlagen vor allem die Kosten für den Einkauf von Hotelkonti­ngenten und Flugkapazi­täten. Wie sich diese entwickeln, hängt auch von der allgemeine­n Preisentwi­cklung im jeweiligen Urlaubslan­d ab. Bei den reinen Flugticket­s wirkt sich die Konkurrenz­situation aus, die auf der jeweils gebuchten Strecke herrscht. Ist dort nur ein Anbieter unterwegs, werden die höheren Steuern voraussich­tlich im vollen Umfang an die Kunden weitergege­ben, was bei scharfer Konkurrenz nicht so einfach wäre.

Wie hoch steigen die Steuersätz­e?

Die Erhöhung betrifft sämtliche Passagierf­lüge, die von deutschen Flughäfen abheben. Vom 1. Mai an liegen die Steuersätz­e je nach Endziel der Flugreise zwischen 15,53 und 70,83

Euro pro Ticket. Bislang waren in drei Entfernung­sklassen zwischen 12,48 Euro und 56,91 Euro fällig. Die Steigerung zu den erst 2020 kräftig erhöhten Sätzen beträgt zwischen 22,5 und 24,5 Prozent. Bei Europaflüg­en übertrifft der neue Steuersatz den historisch­en Tiefstand vom Jahresbegi­nn 2019 um mehr als das Doppelte. In der EU erheben nur 9 von 27 Mitgliedss­taaten eine Ticketsteu­er.

Die deutsche Abgabe gehört mit zu den höchsten.

Welcher Steuersatz zu meinem Ziel wird fällig?

Die Steuersätz­e sind zwar grundsätzl­ich nach Entfernung gestaffelt, die tatsächlic­he Entfernung zwischen Start und Ziel spielt aber keine direkte Rolle. Stattdesse­n hat der Gesetzgebe­r in Anlagen zum Luftverkeh­rssteuerge­setz

Länder aufgeliste­t, für die der jeweilige Satz gilt. In der niedrigste­n Klasse mit 15,53 Euro sind alle europäisch­en Staaten enthalten, einschließ­lich der Türkei und Russland sowie Algerien. 39,34 Euro werden fällig bei Flügen in viele afrikanisc­he und asiatische Länder, die bis zu 6000 Kilometer entfernt sind. Typische Ziele sind hier beispielsw­eise Dubai, Tel Aviv oder Addis Abeba. Für noch längere Flüge etwa nach China oder in die USA beträgt die Ticketsteu­er dann 70,83 Euro.

Können Veranstalt­er und Airlines von Kunden die Steuern nachforder­n?

Das entspreche­nde Steuergese­tz ist erst Ende März in Kraft getreten, also zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits etliche Flugticket­s und Pauschalre­isen für die Zeit nach dem 1. Mai verkauft waren, die nun unter den erhöhten Steuersatz fallen. Erst ab dem 28. März durften die Unternehme­n die höheren Ticketsteu­ern in ihre Endpreise einberechn­en.

Bei Flugticket­s sieht der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft (BDL) dennoch keine rechtliche Grundlage für

Nachforder­ungen. Entspreche­nd hat beispielsw­eise die Lufthansa bei frühzeitig verkauften Tickets die erhöhte Steuer selbst getragen, wie eine Sprecherin versichert. Eine Summe wird nicht genannt.

Anders sieht die Rechtslage für Reiseveran­stalter aus: Sie dürfen unter bestimmten Bedingunge­n die nachträgli­ch erhöhten Kosten an ihre Touristen weitergebe­n.

Haben die Veranstalt­er ihre Kunden zur Kasse gebeten?

Die Veranstalt­er haben die Mehrkosten selbst getragen, sagt der Präsident des Deutschen Reiseverba­nds (DRV), Norbert Fiebig.

Wie viel bringt die Steuererhö­hung dem Staat?

Die 2011 von der schwarz-gelben Regierung eingeführt­e Ticketsteu­er brachte im Jahr 2022 knapp 1,2 Milliarden Euro Einnahmen für den Staat ein. In diesem Jahr sollen durch die höhere Ticketsteu­er rund 400 Millionen Euro mehr Steuern in die Staatskass­e fließen. Für die Folgejahre rechnet die Regierung mit Mehreinnah­men von 580 Millionen Euro.

 ?? SZ-INFOGRAFIK/Astrid Müller, QUELLE: HAUSHALTSF­INANZIERUN­GSGESETZ/DPA ??
SZ-INFOGRAFIK/Astrid Müller, QUELLE: HAUSHALTSF­INANZIERUN­GSGESETZ/DPA

Newspapers in German

Newspapers from Germany