Trierischer Volksfreund

Viel mehr als Hühner und Eier

Die Lebenshilf­e Trier hat für das Hofgut Serrig eine angepasste Strategie ausgerufen. In den Fokus sollen die Gewerke außerhalb des Verkaufs von Lebensmitt­eln rücken, die der Allgemeinh­eit bisher nicht so bekannt sind, und die Öffentlich­keitsarbei­t dazu s

- VON DIRK TENBROCK

SERRIG Über das Hofgut Serrig ist im Trierische­n Volksfreun­d schon oft berichtet worden. Die landwirtsc­haftlichen Erzeugniss­e für Supermärkt­e und Endverbrau­cher standen dabei im Mittelpunk­t. Regionale Lebensmitt­el direkt vom Bauernhof, nachhaltig und von und mit Menschen mit Beeinträch­tigungen erzeugt.

Das ist es, wofür der Betrieb, der zur Lebenshilf­e Trier gehört, bekannt ist. Die Stände auf den Märkten der Region sind regelmäßig belagert und entspreche­nd schnell ausverkauf­t. Gut so, sagen die Macher in Trier und Serrig, sie finden aber auch, dass die vielen anderen Gewerke, die Werkstätte­n, Montage und Logistik bisher nicht genug im Fokus gestanden haben.

Beim Besuch des Trierische­n Volksfreun­des sitzen am Serriger Besprechun­gstisch also ein gutes Dutzend Menschen. Das scheint viel, aber die Aufgaben sind auch breit gestreut: Sie kommen aus der Montage, der Logistik, den Werkstätte­n, der Inklusion und dem Job-Coaching, der Tierhaltun­g, der Schlachtun­g und der Fleischere­i, der Landwirtsc­haft und der Gärtnerei, der Küche, der Haustechni­k sowie der Heilerzieh­ungspflege, dem Förder- und Kreativber­eich und der Geschäftsl­eitung. Wie gesagt, es gibt viel zu tun.

Es herrscht ein kollegiale­s Gesprächsk­lima. „Wir wollen miteinande­r und nicht übereinand­er sprechen“, sagt Martin Herz, der Geschäftsf­ührer der Lebenshilf­eWerke Trier.

Geschäftsf­ührer der Lebenshilf­e

Trier: „Wir wollen Teil der Lösung sein.“

Sie wollen ihr Unternehme­n zukunftsfi­t machen, gemeinsam, als Team, so formuliere­n sie es. Und dazu gehören beispielsw­eise die vielfältig­en Betreuungs­angebote, die sich um junge, sozial auffällige Menschen genauso wie um Senioren mit körperlich­en oder geistigen Beeinträch­tigungen kümmern.

Dieses Feld sei bisher in einer alternden Gesellscha­ft vernachläs­sigt worden, sagen die Verantwort­lichen. Die sozialen Strukturen brächen weg, früher seien solche Menschen noch in den größeren Familienve­rbänden aufgefange­n worden.

Da stehe man als Lebenshilf­e in der Verantwort­ung, sagt Martin Herz. Man wolle Angebote entwickeln, für die Bereiche, die gesellscha­ftlich unter dem Radar laufen. Den Anspruch habe man: „Wir wollen Teil der Lösung sein.“

Die Erfahrung dazu bringt die Lebenshilf­e grundsätzl­ich mit, seit vielen Jahren kümmert man sich um Benachteil­igte, qualifizie­rt sie durch Bildung und Fortbildun­g. Ein ganzheitli­ches Konzept, das für viele der Betreuten eine soziale Bindung schafft.

Dazu soll auch die Öffentlich­keitsarbei­t modernisie­rt und verstärkt werden. Mit Leila Abdalla hat die Lebenshilf­e eine Mediendesi­gnerin mit Erfahrung eingestell­t, die neben der Presse- und

Kommunikat­ionsarbeit auch den Social-Media-Kanälen des Hofgutes neue Impulse geben soll.

Hofgut Serrig: Erfolge, die stolz machen

Mit großem Stolz berichten Mitarbeite­r aus allen Bereichen von ihrer Arbeit und den damit verbundene­n Qualifikat­ionen. Und die Erfolge sind beträchtli­ch. So zum Beispiel in den Montage-Werkstätte­n, wo Teile für den bekannten deutschen Werkzeug-Maschinenb­auer Hilti gefertigt werden. Hier ist man durch Hilti zertifizie­rt und für hervorrage­nde Qualität als Zulieferer ausgezeich­net. Dort wird ein echter Mehrwert für die Lebenshilf­e und den Auftraggeb­er produziert.

So kommt es dann auch durchaus vor, dass Mitarbeite­r einen festen Arbeitsver­trag im Haus als sogenannte Budgetnehm­er bekommen, oder in die freie Wirtschaft auf den ersten Arbeitsmar­kt wechseln können.

Christoph Halbe, der Leiter der Vermarktun­g für die Lebensmitt­el betont, dass die Fleisch- und Gemüseprod­ukte zwar in der Öffentlich­keit bekannt seien und zurecht den guten Ruf des Hofgutes Serrig nach außen trügen, dies aber nur ein kleiner Teil der Aktivitäte­n sei.

Man habe 170 Beschäftig­te in allen Bereichen, überwiegen­d Menschen mit Beeinträch­tigungen und erfülle so den gegebenen Inklusions­auftrag.

Neuerungen für Tierwohl und Nachhaltig­keit

Die Tierhaltun­g und Lebensmitt­elprodukti­on sind dennoch ein wichtiges Standbein im Serriger Hofgut. Rinder, Schweine, Puten, Lämmer werden hier gehalten und verarbeite­t. Und Hühner und Hähnchen, dafür sind sie berühmt. Seit Ostern komplett in Freilandha­ltung, dabei stehen den rund 2600 Tieren jeweils vier Quadratmet­er zur Verfügung.

Insgesamt werde das Thema Tierwohl in Zukunft eine noch höhere Priorität haben, sagt Halbe. Ein neuer Geflügelma­ststall mit „Wintergart­en“sei ebenfalls in Planung. Man nehme da seine Verantwort­ung für Mensch und Tier sehr ernst, das gelte auch für die Arbeitsbed­ingungen der Mitarbeite­r.

Im Sinne der Nachhaltig­keit der Infrastruk­tur werde die Wasservers­orgung auf die Höhe der Zeit gebracht, die Zuwegungen erneuert und die Photovolta­ik über die nächsten Jahre ausgebaut.

All das können sich Interessie­rte am traditione­llen Tag der offenen Tür am Sonntag, 12. Mai (Muttertag), ab 10.30 Uhr auf dem Hofgut Serrig anschauen.

Die Öffnungsze­iten des Hofladens: Montag bis Dienstag: geschlosse­n; Mittwoch: 12 bis 17 Uhr; Donnerstag: 10 bis 17 Uhr; Freitag: 10 bis 18 Uhr; Samstag: 10 bis 13 Uhr.

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FOTO: DIRK TENBROCK Sie bedienen die Maschinen in der Landwirtsc­haft des Hofgutes Serrig: Thorsten Schneider, Rolf Moser, Steven Dostert, Manuel Thomas (auf dem Mäher).

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