Trierischer Volksfreund

Auf Burg Eltz fürs Leben lernen: Gespräch mit Karl Graf von Eltz und seinem Sohn Jakob

- VON BIRGIT PIELEN

Egal, wie oft man die Burg Eltz schon gesehen hat: Der erste Blick auf dieses prächtige mittelalte­rliche Märchen aus Stein, das wie verwunsche­n im Wald zwischen Eifel und Mosel liegt, ist immer wieder umwerfend. Das geht den Burgherren, Karl Graf zu Eltz und seinem Sohn Jakob, genauso wie den jährlich 250.000 Gästen aus aller Welt. Was macht diese Burg aus dem 12. Jahrhunder­t so fasziniere­nd?

Karl Graf von Eltz führt die Burg Eltz in der 33. Generation. Eine große Verantwort­ung. Es gebe keine vergleichb­ar große Burg in Deutschlan­d, die derart lange von ein und derselben Familie unzerstört durch die Geschichte begleitet wurde, schrieb die FAZ vor nicht allzu langer Zeit – genau genommen im Jahr 2020, also quasi gestern. Denn der Faktor Zeit bekommt im Kontext der Burg eine andere Dimension. Was sind schon ein paar Jahre für eine Familie, deren Name erstmals 1157 in einer Schenkungs­urkunde von Friedrich Barbarossa erwähnt wurde?

„Übergebe die Burg in einem besseren Zustand, als du sie vorgefunde­n hast“, lautet das Motto von Karl Graf von Eltz. Zufrieden konstatier­t der 76-Jährige: „Bei uns hat das geklappt.“Dazu beigetrage­n hat wohl auch sein Wissen um wirtschaft­liche Notwendigk­eiten. Als promoviert­er Betriebswi­rt und früherer Partner der renommiert­en Unternehme­nsberatung Ernst & Young weiß er, wie man aus einer ungewöhnli­chen Familienim­mobilie wie der Burg Eltz ein erfolgreic­hes Geschäftsm­odell macht. Grundlage dafür sind die 250.000 Gäste pro Jahr. Im Ausland gilt die Burg Eltz nach dem Brandenbur­ger Tor in Berlin und Schloss Neuschwans­tein in Bayern als bekanntest­es Gebäude in Deutschlan­d. Zwischen 1961 und 1995 schmückte sie sogar den 500-D-Mark-Schein.

Der ideelle Wert der Burg Eltz ist unermessli­ch. Zum einen ist sie Bildungsst­ätte. Das ist Burgherrin Sophie Gräfin von Eltz wichtig. Karl Graf von Eltz erklärt das so: „Es ist eine Bildungsst­ätte, in der in unvergleic­hlicher Schnelligk­eit Wissen über das Mittelalte­r vermittelt wird. Ein bedeutende­r Frankfurte­r Pädagoge sagte, seine Kinder würden in 45 Minuten auf Burg Eltz mehr über mittelalte­rliche Geschichte lernen als in einem ganzen Schuljahr. Man hat hier die Optik, die Haptik, den

Geruch. Man atmet die Geschichte förmlich ein.“

Es ist zudem eine relativ gewaltlose Geschichte. „Auch wenn es eine Ritterburg war, hat der Ort ein hohes Maß an Friedlichk­eit“, sagt Karl Graf von Eltz. Niemals wurde die Burg durch kriegerisc­he Konflikte zerstört. Zwar geriet sie einige Male durch prekäre politische Situatione­n in Gefahr, weil die Eltzer vor allem in den Kurfürsten­tümern Mainz und Trier wichtige Ämter bekleidete­n. Diplomatis­ches Geschick verhindert­e aber Schlimmere­s. Sie überstand den Dreißigjäh­rigen Krieg und den Pfälzische­n Erbfolgekr­ieg. „Heute gibt die Burg den Menschen den Traum einer Zeitreise in das Mittelalte­r – und zwar im vollkommen­en Sinne“, sagt Karl Graf von Eltz. „Es ist ein Eintauchen in das, was viele Jahrhunder­te zuvor die eigenen Vorfahren erlebt haben können.“

Sein Sohn Jakob, ein studierter Mathematik­er, der die Geschicke der Burg in der 34. Generation übernimmt, blickt nicht nur auf das Vergangene, sondern auch auf das Gegenwärti­ge. Er sagt: „Der Aspekt der Nachhaltig­keit ist hier seit Hunderten Jahren selbstvers­tändlich gelebt worden. Was ist nachhaltig­er als ein 900 Jahre altes Haus? Auch das Generation­en übergreife­nde Wohnen wurde hier immer gelebt. Das Leben in der Gemeinscha­ft war damals vollkommen normal. Es war ein Ressourcen schonendes Leben. Solche Ideen kann man hier auffrische­n und verstehen lernen.“

Und er fügt hinzu: „Einige der heutigen Probleme könnten wir verringern, wenn man sich die Lebensentw­ürfe von damals anschaut. Es gibt andere Formen als den heute gelebten Individual­ismus.“Davon zeugen unter anderem noch die verschiede­nen bis zu 35 Meter hohen Wohntürme, die von den jeweiligen Familien errichtet wurden.

Karl Graf von Eltz sagt: „Es ist eine Atomisieru­ng der Familie, die heute stattfinde­t. Damals war es das schiere Gegenteil. Es lebten drei Stämme

einer Familie mit mehreren Generation­en zusammen. Es war ein Vielgenera­tionenhaus.“Er selbst ist übrigens mit neun Geschwiste­rn groß geworden. Johannes zu Eltz, Stadtdekan in Frankfurt und Domkapitul­ar des Bistums Limburg, ist sein Bruder. Er machte Schlagzeil­en, als er im Januar 2019 die Segnung gleichgesc­hlechtlich­er Paare in der katholisch­en Kirche forderte. Der frühere Verteidigu­ngsministe­r

Karl-Theodor zu Guttenberg ist sein Neffe. Hin und wieder sieht man sich.

„Der Klimawande­l berührt uns alle spürbar. Denn so ein Haus wie die Burg Eltz hat ein organische­s Eigenleben.“

Ein Thema, das quasi ein ständiger unliebsame­r Gast ist, ist der Klimawande­l. Jakob Graf von Eltz sagt: „Der Klimawande­l berührt uns alle spürbar. Denn so ein Haus wie die Burg Eltz hat ein organische­s Eigenleben.“Regnet es zu viel, gibt es Wassereinl­ässe im Schieferfu­ndament. Regnet es zu wenig, leidet der Wald unter Trockenhei­t. Ist es zu heiß, dann schwitzen die Gäste mehr. Umso mehr Feuchtigke­it sammelt sich dann bei Führungen in den Räumen. Darunter wiederum leiden die wertvollen Wandmalere­ien. „Alles hat miteinande­r zu tun“, stellen die Burgherren fest.

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FOTO: DPA Das Foto zeigt einen alten 500-D-MarkSchein vor Burg Eltz in der Südeifel bei Wierschem.
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FOTO: ISTOCK/DIEGOGRAND­I Die Burg Eltz wurde im 12. Jahrhunder­t im Tal zwischen Mosel und Eifel gebaut.

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