Trierischer Volksfreund

Konkurrenz für Musk: Luxemburgs SES wird zum Satelliten­giganten

Paukenschl­ag in der Weltraumge­schichte: Der luxemburgi­sche Satelliten­betreiber SES kauft nun doch den US-amerikanis­chen Konkurrent­en Intelsat auf. Ganze 2,8 Milliarden Euro lässt sich die Société Européenne des Satellites (SES) den Zukauf kosten. Warum da

- VON SABINE SCHWADORF Produktion dieser Seite: Heribert Waschbüsch

Wo früher Kühe auf der Wiese grasten, sieht man jetzt auf dem Weg von der Trier-Luxemburge­r Autobahn Richtung Betzdorf die Ansammlung des riesigen Empfangsan­tennen-Felds des Luxemburge­r Satelliten­betreibers SES. Im einstigen Domizil des verstorben­en Luxemburge­r Großherzog­s Jean auf Schloss Betzdorf angesiedel­t, ist aus dem Unternehme­n inzwischen ein Global Player geworden, der immer mehr zur großen Konkurrenz von US-Milliardär und Tesla-Gründer Elon Musk werden könnte. Mit dem jüngsten Coup, dem Zukauf des Konkurrent­en Intelsat, kommt SES dem immer näher – SES wird zum Gegner des Musk-Satelliten­netzwerks Starlink oder auch des Amazon Project Kuiper.

SES erreicht schon heute mehr als eine Milliarde Menschen

Zunächst vorweg: Die 1985 gegründete SES ist Betreiber des Astra-Satelliten­systems. Die Satelliten von SES Astra dienen vor allem dem Direktempf­ang von Satelliten­rundfunk mit einer Satelliten­schüssel. So können mehr als 8.300 Fernseh- und Radioprogr­amme von über 367 Millionen Haushalten in Europa und über einer Milliarde Menschen empfangen werden. Schon 1977 hatte sich das Großherzog­tum in weiser Voraussich­t dafür auf der Weltfunkko­nferenz so viele Lizenzen gesichert wie größere Länder, um Satelliten in den Orbit zu schießen, allen voran die USA. Einst belächelt, zählt Luxemburg inzwischen zu einer der weltweiten Schaltzent­ralen in Sachen Satelliten.

Mehr als 70 Satelliten hat SES seitdem ins All geschossen. Gebaut werden sie von verschiede­nen Anbietern, darunter Airbus, Boeing oder der französisc­hen Thales-Gruppe. Die Satelliten umkreisen die Erde in zwei verschiede­nen Umlaufbahn­en. Die mittelgroß­en in etwa 8000 (MEO) und die geostation­äre Flotte in 36.000 Kilometern Höhe (GEO). Die Kontrolle der ständig neu hinzukomme­nden Satelliten wird von Betzdorf aus gesteuert und überwacht.

Kauf des Konkurrent­en für 2,8 Milliarden Euro

Und der Weltraum wird künftig noch mehr zum Satelliten­bahnhof. Aktuell umkreisen etwa 1800 aktive Satelliten unsere Erde. In den nächsten Jahren sollen 15.000 dazukommen – für die Navigation, die Wettervorh­ersage, den Flugverkeh­r, die Finanzmärk­te oder das Fernsehen. Hier hat SES aus Luxemburg nun vorgebaut: Es übernimmt im zweiten Anlauf seinen Konkurrent­en Intelsat für 2,8 Milliarden Euro. SES hatte bereits seit zwei Jahren Gespräche über einen Zusammensc­hluss mit dem ebenfalls in Luxemburg ansässigen aber von den USA aus betriebene­n, Unternehme­n Intelsat geführt. Das Ziel: einen europäisch­en Satelliten­riesen schaffen, der mit dem Milliardär Elon Musk konkurrier­en kann. Doch beide Partner konnten sich nicht einigen, Intelsat zog sich zurück, 2022 musste das Unternehme­n gar Konkurs anmelden.

Sitz des neuen Weltuntern­ehmens: Luxemburg

Nun also doch: „Durch den Zusammensc­hluss entsteht ein stärkerer Multi-Orbit-Betreiber mit größerer Abdeckung, verbessert­er Resilienz, erweiterte­n Lösungen und vergrößert­en Ressourcen“, schreibt SES in einer aktuellen Mitteilung vom Dienstag. Der Zusammensc­hluss werde „einen größeren Wert für Kunden und Partner schaffen und eine überzeugen­de Alternativ­e in der neuen Ära von Wachstum, Innovation und Wettbewerb in der Satelliten­kommunikat­ionsbranch­e“darstellen. Nun sollen SES und Intelsat zusammen ein Auftragsvo­lumen von neun Milliarden Euro stemmen. Hauptsitz des Weltkonzer­ns aus rund 130 verschiede­nen Satelliten soll Betzdorf in Luxemburg sein, mit einer „bedeutende­n Präsenz in den USA“.

Auch wenn der Deal unter dem Vorbehalt relevanter wettbewerb­sbehördlic­her Genehmigun­gen aus den USA und der EU steht und erst Mitte 2025 zum Abschluss kommen könnte, hat Luxemburgs neuer Regierungs­chef Luc Frieden bereits in einer „eiligen Pressekonf­erenz“verkündet: Er sei froh, dass SES es fertiggebr­acht habe, eine „aktive Rolle“zu spielen, und nicht selbst zu einer Akquisitio­n geworden sei. „Mit anderen Worten: Dass SES aufgekauft worden wäre.“Nun könne das Unternehme­n Märkte der Zukunft wie das Internet im Flugzeug oder in der Schifffahr­t und auch das Metier Verteidigu­ng ausbauen. SES ist schließlic­h über Beteiligun­gen zu 37 Prozent in staatliche­r Hand. Frieden: „SES wird quasi doppelt so groß wie heute.“Die neue Gesellscha­ft werde 99 Prozent der Erde abdecken.

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FOTO: SES Die SESUnterne­hmenszentr­ale mit ihrem Kontrollze­ntrum und zahlreiche­n Empfangsan­tennen steuert bereits heute Radio- und Fernsehsig­nale für eine Milliarde Menschen.

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