Trierischer Volksfreund

Uns’re Heimat, uns’re Liebe

- Produktion dieser Seite: Anna Hartnack „Uns're Heimat, uns're Liebe...“Christian Thome

Stellen Sie sich vor: ein Sportplatz, irgendwo im Hochwald. Etwa 15 bis 20 Jahre her. Ein klassische­r Kreisligas­onntag. Nur, dass hier rund 30 Jugendlich­e stehen und der Heimmannsc­haft zujubeln. Trommeln, Fanartikel, laute Stimmen – alles dabei. Sogar selbst gebastelte Rauchbombe­n aus Tischtenni­sbällen, Alufolie und manchmal Weihrauch.

Und mittendrin: ich. Heranwachs­end, Goalgetter in der EJugend. Ich singe mit: „Uns're Heimat, uns're Liebe. In den Farben rot, weiß, rot. 1928, wir bleiben treu bis in den Tod – Schillinge­n!“

Ich hatte damals keine Ahnung, woher die Melodie dieses Liedes kommt. Für mich war es nur ein Weg, die Liebe zu meinem Heimatvere­in auszudrück­en. Dass ich viele Jahre später eine Kolumne über Ronny schreibe, in der jenes Lied noch mal zum Thema wird, hätte ich nicht gedacht.

Doch Ronny hat mit diesem Lied mehr erreicht, als nur eine Liebesbots­chaft gen Fußballklu­b zu senden. Er schaffte es vor 60 Jahren auf Platz eins der deutschen Charts. Dabei musste er das Rad kein bisschen neu erfinden. Denn die Melodie an sich ist alt. Älter als der Fußballver­ein über den ich sang. Wie alt genau, das lässt sich nur schwer herausfind­en. Aber probieren wir es.

Fest steht, dass die Melodie vor 1941 entstanden sein muss. Denn damals schaffte sie es zum ersten Mal in die US-Charts – in einer

Version von Bing Crosby. Aber wir müssen noch weiter zurück schauen: 1883 erschien ein Werbeplaka­t, das einen Barker Bradford als Komponiste­n eines Songs namens Clementine auswies, der der Ursprung sein dürfte.

Seitdem ist viel passiert. Etliche Musiker haben die Melodie, deren Urhebersch­aft nicht gesichert ist, verwendet. Eines blieb in den meisten Fällen gleich: Der Text – wenn auch meist etwas abgewandel­t – handelt von einem Mann und seiner Liebe zu einer Frau namens Clementine. Als diese jedoch in rauschende­s Wasser fiel, konnte der Mann sie nicht retten, da er nicht schwimmen konnte.

Der US-amerikanis­che Entertaine­r Bobby Darin machte daraus eine etwas andere Version: Er stellte Clementine als stark übergewich­tige Frau dar, die sich nach dem Sturz ins Wasser in einen Wal verwandelt habe.

Und dann war da Ronny. Der Norddeutsc­he schnappte sich die Melodie ebenfalls und änderte den Text ab. Bei ihm blieb nicht einmal der Titel gleich: Aus Clementine wurde Caroline. Was blieb: eine traurige Liebesgesc­hichte, wie im Original.

Statt in einen Fluss zu fallen, verliebte sich Caroline in der Ronny-Version jedoch in einen fremden Reiter. Der verhöhnte den Protagonis­ten, der anschließe­nd nach einem Schuss mit dem Sheriff gehen musste und festgenomm­en wurde. So trennten sich die Wege von ihm und Caroline für immer.

Ronny machte die Melodie zum ersten Mal zu einem Hit in Deutschlan­d. Und das war in jenem Jahr nicht einfach. Denn blickt man heute auf die damaligen Charts, dann muss man sagen: Wow, da waren einige Kracher dabei. Von Rote Lippen soll man küssen, über die Beatles bis zu Liebeskumm­er lohnt sich nicht.

Doch keine dieser Melodien hält sich so hartnäckig wie die von Clementine. Zumindest in meinem fußballzen­trierten Kopf. In vielen Stadien werden Sie sie hören. Noch vor dem Erlebnis auf dem Schillinge­r Sportplatz hörte ich sie als Version des VfL Bochum in einem Playstatio­n-Spiel. Auch der singt sie bei jedem Spiel.

Und der TuS Schillinge­n, zumindest ab und an. Zwar sind die Sänger von damals heute Spieler oder Trainer – aber nach besonderen Erfolgen heißt es immer wieder (wenn auch eher im Vereinslok­al):

1. FC Kaiserslau­tern

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